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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sankt Bernhardin; Sankt Blasien; Sankt Eustatius; Sankt Florian; Sankt Gallen

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Sankt Bernhardin - Sankt Gallen.

in Trümmer sank. Seinen jetzigen Namen hat der Berg von dem heil. Bernhard von Menthon, einem savoyischen Edlen, der um 962 auf den Trümmern der ehemaligen Kapelle ein Kloster errichtet haben soll. Dasselbe erlangte bald bedeutende Güter in verschiedenen Ländern, in deren ruhigem Besitz es bis 1587 blieb, wo Karl Emanuel I. von Savoyen die Besitzungen des Klosters in seinen Staaten einzog, so daß demselben nur die in Wallis und Bern gelegenen verblieben. Die jetzigen Klostergebäude stammen aus der Mitte des 16. Jahrh., sind massiv, dreistöckig und so geräumig, daß 80 Reisenden ein bequemes, der vierfachen Anzahl aber ein notdürftiges Unterkommen gewährt werden kann. Die Anzahl der Mönche, welche zu den Chorherren der regulierten Augustiner gehören, wechselt zwischen 20 und 30, von denen aber nur 10-12 mit 7 dienenden Brüdern (Marronniers) im Kloster wohnen. Zum Behuf des Aufsuchens und Rettens der Notleidenden halten sie Hunde, welche die jüngern Mönche und die dienenden Brüder auf ihren menschenfreundlichen Gängen begleiten. Die Rasse der Bernhardiner Hunde, deren berühmtester (Barry) über 70 Menschenleben gerettet hat, ist ausgestorben und durch Neufundländer ersetzt. Jeder Reisende findet im Kloster freundliche Aufnahme; der Berg wird jährlich von ca. 20,000 Menschen passiert. Bezahlung wird nicht verlangt, ein großer Teil der Ausgaben wird aus dem Stiftsvermögen bestritten. Die Mönche sind Deutsche, Italiener und Franzosen, meist wissenschaftlich gebildete Geistliche, welche eine Bibliothek sowie naturhistorische und antiquarische Sammlungen unterhalten. Einzig in seiner Art ist das Totenhaus, eine abgesondert gelegene Halle, worin die Leichname der in den Schneestürmen und Lawinen Umgekommenen und Aufgefundenen aufbewahrt werden, die in der reinen, kalten Luft zu einer Art von Mumien zusammentrocknen. In der neuern Kriegsgeschichte gehört Napoleons Übergang über den S. (15.-20. Mai 1800) zu den kühnsten Unternehmungen. Auf dem bisher nur von Saumrossen betretenen Weg wurden 150 Geschütze und aller zu einer schlagfertigen Armee von 30,000 Mann gehörige Train fortgeschafft. In der Kapelle des Klosters wurde der General Desaix, der bei Marengo fiel, beigesetzt und ihm von Bonaparte daselbst ein Denkmal errichtet, das, sowie eine schwarze Marmortafel zum Andenken an den Übergang, noch jetzt gezeigt wird.

Der Kleine S. (2206 m) liegt im Piemontesischen zwischen dem Aosta- und Tarantaisethal und gehört zu den Grajischen Alpen. Über ihn führt ein sehr bequemer Alpenpaß, wahrscheinlich die Straße, welche Hannibal nach Italien einschlug; auch befindet sich auf der Höhe, 2177 m ü. M., ein Hospiz, worin zwei Geistliche aus Tarantaise Gastfreundschaft üben.

Sankt Bernhardin, s. Bernardino.

Sankt Blasien, Flecken, Bezirkshaupt- und besuchter Luftkurort im bad. Kreis Waldshut, in einem engen Schwarzwaldthal an der Alp, 772 m ü. M., hat ein Amtsgericht, eine Bezirksforstei, Baumwollspinnerei und -Weberei und (1885) 1218 meist kath. Einwohner. In der Nähe der 1041 m hohe Lehkopf mit Aussichtsturm und herrlichem Panorama. - S. war ehedem eine gefürstete Benediktinerabtei, die zum österreichischen Breisgau gehörte und die Herrschaften Bonndorf, Stauffen, Kirchhofen, Gurtweil und Oberried umfaßte. Sie ward im 8. Jahrh. nach der Regel des heil. Benedikt eingerichtet und nannte sich dann nach dem heil. Blasius, dessen Reliquien sie um 860 erwarb. In dem Streit zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. nahmen die Mönche für den Papst lebhaft Partei, wie die Chronik Bernolds beweist, der eine Zeitlang dem Kloster angehörte. 1125 wurde die Schirmvogtei des Klosters, welche bisher die Herren von Werra für das Hochstift Basel ausgeübt, den Herzögen von Zähringen übertragen, nach deren Aussterben (1218) sie als Erbe an Österreich kam. Unter dem Abt Johann Spielmann wurde das Kloster 1525 von den aufrührerischen Bauern teilweise zerstört. 1613 erhielt der Abt durch Kauf der Grafschaft Bonndorf Reichsunmittelbarkeit u. Sitz im schwäbischen Grafenkollegium, und 1747 wurde er zum Reichsfürsten und kaiserlichen Erberzkaplan erhoben. Die höchste Stufe seiner Blüte erreichte das Kloster unter Martin Gerbert von Hornau (1764-1793), dem gelehrten Förderer historischer Wissenschaft. Als 1768 die Abtei abbrannte, wobei die kostbare Bibliothek zu Grunde ging, wurde sie schöner wieder aufgebaut, namentlich nach dem Muster des Panthéons 1773-83 eine prachtvolle Kirche erbaut, die 7. Febr. 1874 abbrannte, aber mit eisernem Dachstuhl wiederhergestellt wurde. Schon 1802 wurde der Grundbesitz der Abtei zur Entschädigung des Malteserordens bestimmt, im Preßburger Frieden aber, mit Ausnahme der Grafschaft Bonndorf, welche Württemberg erhielt, Baden übergeben und darauf 25. Juni 1807 das Kloster aufgehoben. Die Mönche wanderten erst nach der Abtei von Pyrrhn ob der Enns und von da 1808 nach St. Paul in Kärnten aus. Das Vermögen des Stifts wurde bei seiner Aufhebung, ohne die Besitzungen in der Schweiz, auf 5,200,000 Guld. geschätzt und der Ertrag mit 254,600 Guld. jährlich verwertet. In den Gebäuden ist jetzt eine Baumwollspinnerei; die Kirche dient als Ortskirche. Vgl. Bader, Das ehemalige Kloster S. und seine Gelehrtenakademie (Freib. 1874); Buisson, S. in seiner Vergangenheit und Gegenwart (das. 1888).

Sankt Eustatius (St.-Eustache), eine den Niederländern gehörige Insel der Kleinen Antillen, nordwestlich von St. Christopher, 21 qkm groß, besteht aus zwei vulkanischen Kegelbergen und einer dazwischenliegenden Senke und ist gut bewaldet. Die Küste ist nur auf der Südwestseite zugänglich, wo das Städtchen Oranje (Orangetown) mit zwei Forts und einer Reede steht. Die Insel hatte 1886: 2312 Einw. (1786 noch 7600). Erzeugnisse sind: Baumwolle, Zucker, Tabak, Mais etc. Die Holländer besetzten die Insel 1635, wurden aber in der Folge wiederholt durch die Engländer und die Franzosen vertrieben, bis sie ihnen 1814 endgültig zugesprochen wurde.

Sankt Florian, Marktflecken in der oberösterreich. Bezirkshauptmannschaft Linz, mit (1880) 1293 Einw., hat ein Bezirksgericht und ein berühmtes Stift der Augustiner-Chorherren mit schöner Kirche, Archiv, Bibliothek von 70,000 Bänden, theologischer Lehranstalt, Konventschule, Münzkabinett, Naturalienkabinett, Gemälde- und Kupferstichsammlung. Das schon im 6. Jahrh. über dem Grab des Märtyrers St. Florian errichtete Klostergebäude wurde später mehrmals zerstört und 1686-1751 neu erbaut. In der Nähe die Tillyburg. Vgl. Stülz, Geschichte des Stiftes S. (Linz 1835); Czerny, Kunst und Kunstgewerbe im Stift S. (das. 1886).

Sankt Gallen, einer der nordöstlichen Kantone der Schweiz, grenzt östlich an Österreich und Graubünden, südlich an Graubünden, Glarus und Schwyz, westlich an Zürich, nördlich an Thurgau und umschließt den Kanton Appenzell. Der Flächeninhalt beträgt 2019 qkm (36,7 QM.). Orographisch betrachtet, bietet das Land das Bild eines Ringes von Thä-^[folgende Seite]