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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schiff

454a ^[Seitenzahl nicht im Original]

Schiff (Erklärung der Tafeln "Schiff I und II").

Tafel I: Dampfer Frisia.

Die Tafel stellt eins der größern Schraubenschiffe der Handelsmarine, den transatlantischen Dampfer Frisia, in äußerer Ansicht, im Längsschnitt durch die Symmetrieebene und einem Horizontalschnitt dar. Aus dem Längsschnitt ist zunächst ersichtlich, daß sich die zehn Kessel zu zwei Feuerungen, von denen fünf in der dargestellten Backbordhälfte des Schiffs sichtbar sind, ungefähr in der Mitte der Länge des Schiffs befinden. Vor und hinter dem Kesselraum sowie seitlich neben demselben sind mittels eiserner, wasserdicht gearbeiteter Wände die Vorratsräume für die Kohlen abgeteilt, welche Kohlenbunker genannt werden und den Kesselraum vollständig umschließen. Die Lage der Kessel und Kohlenräume in der Mitte der Länge wird deswegen getroffen, damit das Schiff nach Beendigung seiner Reise, nachdem es um das Gewicht der verbrannten Kohlen erleichtert ist, um gleichviel an den Enden aus dem Wasser auftaucht. - Hinter dem hintern Querkohlenbunker ist im Längsschnitt der Maschinenraum erkennbar, in welchem die Hauptteile der 3200 Pferdekräfte entwickelnden Maschine mit dargestellt sind. Letztere ist eine zweicylindrige Expansionsmaschine mit Kondensation und vertikaler Anordnung der Cylinder. An die im untern Teil des Maschinenraums gelagerte Kurbelwelle schließt sich die im Wellentunnel liegende Schraubenwelle an, deren hinteres Ende aus dem Schiff hervorragt und unmittelbar vor dem Ruder die Schiffsschraube trägt. Im Längsschnitt ist ferner zu ersehen der Schornstein und die mit drehbaren, stets dem Wind entgegen gerichteten Köpfen versehenen Ventilatoren, welche den Kesselfeuern das benötigte Quantum Luft zuführen. Die äußere Ansicht zeigt die vom Schiff mitgeführten Rettungsboote, die so konstruiert sind, daß sie nicht sinken können; ferner die Takelage. Letztere erscheint im Verhältnis zur Größe des Schiffs nur klein, und die Segel sind relativ weit nach vorn und hinten angeordnet. Daraus ergibt sich, daß man von dem Druck des Windes auf die Segel nur einen geringen Beitrag zur Vergrößerung der Geschwindigkeit des Schiffs erwartet, die Segel vielmehr dazu benutzt, um dem Schiff eine stetige Lage mit Bezug auf die Richtung des Seegangs zu geben und seine schaukelnden Bewegungen um die Längsachse zu mäßigen. In der äußern Ansicht sind ferner die runden, kleinen Seitenfenster für die Erleuchtung und Lüftung der Kabinen dargestellt; dieselben sind selbstverständlich wasserdicht verschließbar und werden Ochsenaugen genannt. Die hellere Schraffur des untern Teils der Figur deutet an, daß dieser Teil der permanent unter Wasser befindliche ist; er wird mit roter Ölfarbe, deren Hauptbestandteil Bleimennige ist, gestrichen, um den Schiffsboden vor dem Verrosten zu schützen. Der obere Teil des Schiffs erhält einen schwarzen Ölfarbenanstrich.

Die im Längsschnitt ersichtlichen Decks teilen den innern Schiffsraum in vier sich längsschiffs erstreckende Räume, die in der Mitte allerdings durch die Maschinen und Kesselräume zum Teil unterbrochen werden. Alle vier Längsräume werden durch eine Anzahl wasserdichter eiserner Querwände in Unterabteilungen zerlegt, die in den untern Räumen des Schiffs und nach den Enden hin zahlreicher und daher kleiner sind als in der Mitte des Schiffs und weiter oben. Soweit sie übereinander liegen, stehen die auf diese Weise gebildeten Räume durch wasserdicht verschließbare Luken miteinander und dem Oberdeck in Verbindung; soweit sie nebeneinander liegen, wenn erforderlich, durch eiserne, wasserdichte Thüren. Der Zweck dieser Anordnung besteht darin, daß beim Leckwerden des Schiffs immer nur diejenige Abteilung desselben voll Wasser laufen kann, in deren äußerer Begrenzung die Leckstelle liegt.

Was die Benutzung der einzelnen Räume des Schiffs betrifft, so zeigt der Horizontalschnitt, in welcher Weise die Kabinen für die Passagiere und die Offiziere des Schiffs an den Bordwänden entlang verlaufend angeordnet sind, während sich in der Mitte der Breite des Schiffs Gesellschaftsräume, Speisesäle etc. befinden; in der Umgebung des Schornsteins ist die Küche angedeutet; ganz vorn sind die Wohnräume der Mannschaft. In dem zweiten Raum von oben im Vorschiff befinden sich die Schlafstellen der Zwischendeckspassagiere. Der dritte Raum von oben und der unterste Raum dienen zur Unterbringung von Waren.

Tafel II: Chinesisches Panzerschiff Ting-Yuen.

Das auf der Tafel dargestellte Panzerschiff Ting-Yuen (»Ewiger Friede«) ist eins der Panzerschiffe, welche auf der Werfte der Maschinenbau-Aktiengesellschaft »Vulkan« zu Bredow bei Stettin für die chinesische Regierung gebaut worden sind; es lief am 28. Dez. 1881, das Schwesterschiff Chen-Yuen (»Wacht in der Ferne«) ein Jahr später vom Stapel, hat eine Länge von 91, eine Breite von 18,3 und einen Tiefgang bei voller Ausrüstung von 6,1 m; sein Deplacement beträgt 7430 Ton., die Maschinen, welche 6000 Pferdekräfte indizieren, geben dem Schiff eine Fahrgeschwindigkeit von 15 Knoten. Der Schiffskörper ist aus Stahl nach dem Zellensystem gebaut. Ein vom Kiel bis zum Zwischendeck reichendes Längsschott, welches vom Vordersteven bis zum Heck durch das ganze Schiff geht, sowie eine große Anzahl Querschotten (Querwände) teilen den Raum unter dem Zwischendeck in etwa 200 wasserdichte Abteilungen, von denen eine Anzahl vor und hinter der Panzercitadelle in Höhe der Wasserlinie mit Kork gefüllt sind. Da die Seitenwände des Schiffs hier nicht gepanzert sind, so soll, wenn ein Geschoß durch eine der Korkzellen hindurchgegangen, der Kork von dem einströmenden Wasser aufquellen und so das Leck schließen. Die innerhalb des doppelten Schiffsbodens liegenden Zellen haben eine sorgfältige Drainage, um das hier eingedrungene Wasser mittels der Dampfpumpen wieder über Bord schaffen zu können. Mittschiffs ist eine gepanzerte Citadelle (Kasematte) von 42 m Länge, welche bis 1,5 m in unter Wasser reicht, und deren Oberkante 2,336 m über Wasser liegt, aufgebaut. Die in der Dillinger Hütte gefertigten Stahleisen- (Compound-) Panzerplatten haben bis 0,6 m unter der Wasserlinie eine Dicke von 355 mm, von da ab nach unten im Durchschnitt 250 mm Stärke; sie liegen auf einer Teakholzhinterlage von gleicher Dicke. Von der Kasematte geht nach vorn und achter ein 75 mm dicker gewölbter Deckpanzer, der mittschiffs 0,6, an der Schiffswand 1,5 m unter Wasser liegt und bis zur Unterkante des Kasemattpanzers reicht. Nach