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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schiff

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Schiff (Schiffbau).

dings eine verhältnismäßig kleine. Kriegsschiffe führen Geschütze, sind sehr stark gebaut und auf große Schnelligkeit und Manövrierfähigkeit oder beides zusammen berechnet. Indes tragen auch manche Handelsschiffe Geschütze, manche Kriegsschiffe aber, wie z. B. Avisos, nicht. Flußschiffe sind meistens mit ganz flachem Boden, also sehr einfach gebaut im Gegensatz zu den Seeschiffen, die mit einem Kiel (s. d.) versehen sind und dann die eigentümliche Form Textfig. 1 haben, während erstere im Querschnitt rechtwinkelig (Fig. 2) erscheinen (Kähne); sie erfordern, da weder an ihre Geschwindigkeit noch ihre Festigkeit besondere Anforderungen gestellt werden, auch keine schwierigen Konstruktionen ihrer unter Wasser gelegenen Teile. Flußschiffe, die nicht Dampfer sind, haben meistens nur den Zweck, große Lasten überhaupt ohne Rücksicht auf Geschwindigkeit zu transportieren; an ihrem Bau ist daher höchstens bemerkenswert, daß der Boden nach vorn und hinten leicht ansteigt, oder daß das S. nach beiden Enden spitz zuläuft, um der Vorwärtsbewegung einen geringern Widerstand entgegenzusetzen. Die Flußdampfer sind oft, wie z. B. die auf den Strömen Nordamerikas gebräuchlichen, von bedeutender Größe. Äußerlich riesigen Palästen von zwei und drei Etagen gleich, in einer Gesamthöhe von 10-15 m bei 100 m Länge und mit starken Maschinen, haben sie es bis zu einer Fahrt von 20 Knoten gebracht und tauchen dabei doch nicht tiefer als etwa 2 m, um über die zahlreichen Untiefen hinwegzukommen. Zu den Flußdampfern gehören auch die Kettenschleppschiffe (s. Tauerei). Küstenschiffe halten zwischen den vorigen und den Seeschiffen die Mitte; sie sind noch flach, resp. klein genug, um seichte Gewässer befahren zu können, aber doch von genügender Stabilität, um gegen das Kentern (s. d.) gesichert zu sein. Zu dieser Klasse gehören die norddeutschen Ewer, Galjoten, Galjassen und die holländischen Tjalken, Smacken und Kuffen, welch letztere sogar bis zu den afrikanischen Kolonien fahren. Unsre Küstenschiffe haben, um besser kreuzen (s. Lavieren) zu können, ein sogen. Schwert an jeder Seite. Dieses, ein Brettgefüge in Form eines Flügels, wird parallel dem Kiel ins Wasser gelassen und verhindert dann das Seitwärtstreiben des Fahrzeugs. Das Schwert vertritt somit den bei den Seeschiffen tief hinabreichenden Kiel. An die Seeschiffe werden bei weitem die höchsten Anforderungen gestellt. Speziell wieder sind große Kriegsschiffe, welche den Dienst in fernen Meeren versehen, sogen. Kreuzer (Panzerschiffe sind oft abnorm), mit allen den Seedienst betreffenden Einrichtungen auf das sorgfältigste ausgerüstet.

Der Schiffbau.

(Hierzu die Tafeln "Schiff I und II", mit Erklärungsblatt.)

Soll ein hölzernes S. erbaut werden, so wird zunächst (Fig. 4-6, S. 456) der "Kiel gestreckt", welcher das Rückgrat des Schiffsgerippes bildet und aus längsschiffs zusammengefügten Balken von rechteckigem Querschnitt besteht. An denselben schließt sich nach vorn der Vorsteven an, erst wenig, dann steiler ansteigend, also nach vorn konvex. Am Hinterende des Kiels steht senkrecht zu ihm der gerade Hintersteven. Schraubendampfer haben noch einen Rudersteven, der, ersterm ähnlich, in einem Abstand, welcher zur Anbringung der Schraube genügt, hinter demselben ebenfalls senkrecht von einer Verlängerung des Kiels aufsteigt. Die Spanten, gewissermaßen die Rippen des Schiffs, sind rechtwinkelig auf den Kiel aufgebolzt und bestehen jedes aus zwei Lagen gekrümmter Hölzer, jede Lage wieder aus mehreren Stücken, von denen das unterste, quer über den Kiel gelegte und mit ihm verbolzte Bodenwrange heißt; darauf folgen nach oben die Kimmstücke, zu oberst die Auflanger, sämtliche Teile untereinander durch eiserne Bolzen verbunden. Den vordern und hintern Teil des Schiffsgerippes bilden die Kantspanten, halbe Spanten, die je nach der Form des Schiffs einen mehr oder minder spitzen Winkel mit dem Kiel bilden. Das Heck (s. d.) des Schiffs wird durch die Heckstützen hergestellt, Krummhölzer, deren untere Enden mit dem Hintersteven verbunden sind. Zur Befestigung der Schiffsplanken oberhalb des Oberdecks dienen die Regelingstützen, welche meist als Fortsetzung des obersten Auflangers der Spanten anzusehen sind. Zur Verstärkung des Schiffs in der Längsrichtung liegt über dem Kiel auf den Bodenwrangen ein dem Kiel ganz ähnlicher Balken, das sogen. Kielschwein. Durch letzteres, die Spanten und den Kiel gehen Bolzen, so daß das Ganze ein festes Gefüge erhält. Die Verstrebung der Seitenwände und den hauptsächlichsten Querverband bilden die Deckbalken, welche durch hölzerne oder eiserne Kniee mit den Spanten verbunden werden. Sie gehen von Spant zu Spant quer über das S. und ruhen mit ihren Enden auf den Balkwegern, starken Balken, die von vorn bis hinten reichen, und von denen mehrere übereinander (Fig. 5 k) an der Innenseite der Spanten befestigt sind. Ganz ähnliche Hölzer sind die Wassergänge, nur liegen diese auf den Deckbalken und gegen die Spanthölzer gebolzt. Sind die bisher erwähnten Teile angebracht, so ist das Gerippe des Schiffs fertig und damit seine Form gegeben. Auf der Außen- und Innenseite der Spanten wird jetzt eine Haut von Bohlen, sogen. Planken, angebracht, die, von oben anfangend, außen die Namen: Farbegangs-, Bergholz-, Kimmungs-, Boden- und Kielplanken, innen die Namen: Setzbord-, Wegerungs-, Kimmwegerungs- und Sandstaakplanken führen. Dieselben stehen stumpf auf- und nebeneinander, werden durch Bolzen an den Spanten etc. befestigt und enden im Kiel, Vor- und Hintersteven, welche für die feste Lagerung derselben mit einer Rinne (Sponung) versehen sind. Den Abschluß des innern Schiffsraums nach oben bildet das Deck, welches aus den horizontalen Deckplanken besteht, die auf den Deckbalken, wie die Planken an den Spanten, angebracht sind. Große Schiffe, namentlich Kriegsschiffe, haben mehrere Decks übereinander, die das S. in mehrere Etagen einteilen. Man erbaut hölzerne Schiffe zuweilen nach einer andern Methode, indem man schwächere Spanten nicht so hoch wie nach der erstbeschriebenen Methode reichen, sondern nur aus Bodenwrange und einem Auflanger bestehen läßt. Die Außenhaut besteht dann aus 2-3 übereinander liegenden Plankenlagen, von denen die eine, bez. die beiden innern (im letztern Fall sich kreuzend) in einem Winkel von 45° gegen den Horizont geneigt sind. Die äußere Plankenlage ist horizontal. Schiffe dieser Art nennt man diagonal gebaut. Sie haben vor Schiffen der gewöhnlichen Bauart den Vorteil größerer Leichtigkeit und Festigkeit, aber auch einige Nachteile. Um den Schiffskörper wasserdicht zu machen, werden sämtliche Nähte, d. h. die Fugen zwischen zwei Planken, abgedichtet,

^[Abb.: Fig. 1 u. 2. Schiffsbodenformen.]