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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schleswig-Holstein

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Schleswig-Holstein (preußische Provinz: geographisch-statistisch).

auf einer guten Erdschicht liegen, aber von einer unfruchtbaren, weißen Sandschicht von 0,3-0,6 m Dicke bedeckt sind. Sand und Ahl tragen meist nur Heidekraut, während die tiefer liegenden Landstriche mit Mooren ausgefüllt sind, die besonders ausgedehnt längs der Marschen liegen. Diese, dem Alluvium angehörig, enthalten einen überaus fruchtbaren, aus dem Schlamm der Nordsee gebildeten Boden, erstrecken sich längs der Westseite von der schönen Hügelkette von Blankenese (Süllberg 91 m) bis Hoyer in Nordschleswig in einer Breite von 7-22 km, haben nirgends mehr als 5 m Meereshöhe, liegen zuweilen noch unter dem Meeresspiegel (Wilstermarsch) und werden gegen die Wasserfluten durch 8 m hohe Deiche geschützt, die oftmals auch landeinwärts Distrikte umschließen (Köge). Nur zweimal weichen die Deiche einem Steilufer: bei St. Peter auf Eiderstedt (Hitzbank) und bei Schobüll im N. von Husum. Die Marsch erweitert sich seewärts noch beständig durch Absetzung des fetten Schlammes, und neue Eindeichungen stehen bevor; die letzte größere Eindeichung fand 1857 statt (Friedrichskog). Der Flugsand, diese große Plage Jütlands, gehört ebenfalls dem Alluvium an und bildet Dünen auf den äußern Inseln der Nordsee, namentlich auf Sylt.

Die Ostsee bespült S. in einer Länge von 375 km. Die Küste an derselben ist vorzugsweise steil, Dünen fehlen fast gänzlich. Lange, schmale und in der Regel tiefe Busen (Föhrden) gehen weit in das Land hinein, von denen mehrere vortreffliche Häfen abgeben: die Neustädter Bucht, die Busen von Kiel (24 km lang, im Innern 2-3 km breit und 10 m tief) und Eckernförde, die flache Schlei, die Busen von Flensburg, Apenrade und Hadersleben. Zwischen diesen Busen liegen eine Reihe von Halbinseln: Wagrien zwischen der Neustädter Bucht und dem Kieler Busen, die Dänische Wohld zwischen dem Kieler und Eckernförder Busen, Schwansen zwischen dem letztern und der Schlei, Angeln zwischen der Schlei und dem Flensburger Busen, Sundewitt nördlich von letzterm u. a. Neben der Halbinsel Sundewitt liegt die Insel Alsen, vom Festland durch den im Süden nur 250 m, im N. 4 km breiten Alsensund getrennt, während von der Nordostseite von Holstein die Insel Fehmarn durch den 320 m breiten und 3 m tiefen Fehmarnsund geschieden ist. Die Nordsee bespült die Provinz von der Elbmündung bis zur jütischen Grenze. Am weitesten in dieselbe hinaus geht hier die Halbinsel Eiderstedt im südlichen Schleswig. Im Süden derselben befinden sich die busenartig erweiterte Mündung der Eider und die Bucht von Meldorf, von denen diese in das Land Dithmarschen einschneidet und durch den Friedrichskog von der Elbmündung geschieden ist. Nördlich von Eiderstedt breitet sich das Schleswigsche Wattenmeer mit seinen zahlreichen Inseln und Untiefen, die zur Ebbezeit wasserfrei sind, aus; da sind im Süden die eingedeichten Inseln Nordstrand und Pellworm vor Husum, dann folgen die kleinen, uneingedeichten Halligen, weiter die Insel Föhr, unter dem Schutz der dünenreichen Insel Amrum, endlich die Inseln Sylt und Röm, beide ebenfalls Dünen enthaltend. Innerhalb des Wattenmeers befinden sich zwischen den Inseln und Watten eine Anzahl von Tiefen, welche kleinern oder größern Schiffen die Einfahrt gestatten: Süder- und Norder-Piep, in der Richtung auf Meldorf, die Eider, nach dem Hafen von Tönning, der Heverstrom, nach Husum hinauf, die Süder- und Norderaue, zwischen den nördlichen Halligen und Föhr, das Fahrtrapptief, zwischen Föhr und Sylt, das Lister Tief, zwischen Sylt und Röm. Elbe und Eider sind die Hauptflüsse. Die Elbe begrenzt die Provinz gegen Hannover in einer Länge von 103 km und empfängt aus Süden die Delvenau (Stecknitzkanal), die Bille und Alster, beide im Hamburgischen mündend, die Pinnau, Krückau, den Rhin und die Stör mit der Brame. Die Eider durchfließt etwa die Mitte des Landes und empfängt rechts die Sorge und Treene, links die Jevenau, Helderau und Gieselau. Von den übrigen Flüssen münden die Husumer Au, die Scholmer Au, die Widau und Brede Au in das Schleswigsche Wattenmeer, die Schwentine in den Kieler Busen und die Trave außerhalb der Provinz in die Lübecker Bucht. Alle diese Flüsse sind auf kürzere oder längere Strecken schiffbar. Unter den Kanälen sind zu nennen: der 1888 im Bau begonnene Nord-Ostseekanal, 98 km lang; der 32 km lange Eiderkanal, zwischen der Eider und dem Kieler Busen; der Stecknitzkanal oder die kanalisierte Delvenau, 56 km lang, zwischen Elbe und Trave; der Kudenseer Kanal, 15 km lang, zwischen der Holstenau und Elbe bei St. Margarethen; die Süderbootfahrt, im Kreis Eiderstedt von Garding zur Eider (6 km), und der Tondernsche Kanal, von Tondern zur Widau. Zahlreiche Landseen finden sich in der fruchtbaren Hügellandschaft des nordöstlichen Holstein: der Plöner und der Selenter See die größten, der Weseker See unweit Oldenburg, der Warder See an der obern Trave, der Bothkamper, Westen- und Flemhuder See an der obern Eider. Im Lauenburgischen liegen der Ratzeburger und der Schallsee, im Schleswigschen der Wittensee, unweit der Eider, und der Bottschlotter und Gotteskogsee in den westlichen Marschen. Das Klima ist durch die Einwirkung der Meere gemäßigt; die jährliche Durchschnittswärme beträgt in Kiel 8,1, Altona 9,1, Husum 8,21° C., die jährliche Regenmenge 63-77 cm.

[Bevölkerung, Erwerbszweige.] Die Bevölkerung belief sich 1885 auf 1,150,306 (61 auf 1 qkm), worunter 1,131,899 Evangelische, 12,217 Katholiken, 2215 sonstige Christen, 3544 Juden etc. Die Einwohner sind größtenteils Deutsche, die sich meist der plattdeutschen Mundart bedienen, und zu denen auch die Friesen an der westlichen Küste und auf den Inseln des Wattenmeers zu rechnen sind. Im N. von Flensburg und Tondern sind die Dänen, etwa 140,000 in der ganzen Provinz, vorherrschend. Es gibt 54 Städte, 1804 Landgemeinden und 358 Gutsbezirke. Die Haupterwerbszweige der Bewohner sind: Landwirtschaft, Viehzucht, Schiffbau und Schiffahrt. Von der Gesamtfläche kommen 58,3 Proz. auf Ackerland und Gärten, 10,8 auf Wiesen, 17,7 auf Weiden, 6,4 Proz. auf Waldungen. Die fruchtbarsten Äcker sind in der Marsch des Kreises Steinburg (Wilster), in den Kreisen Eiderstedt, Norderdithmarschen, Oldenburg, Süderdithmarschen und Sonderburg. Getreide, besonders Weizen, wird zur Ausfuhr gewonnen; Garten und Obstbau blühen in der Umgegend von Altona und Hamburg, unterstützt durch die große Baumschule zu Klein-Flottbeck; einen Ruf haben die Gravensteiner Äpfel. Vortreffliche Fettweiden in den westlichen Marschländern sind die Grundlage für eine bedeutende Rindviehzucht. Die Holzungen haben einen geringen Umfang und bestehen vorwiegend aus Laubhölzern; an ihre Stelle treten in dem östlichen Teil der Provinz die Hecken, welche die Koppeln einschließen. Nach der Viehzählung von 1883 hatte S. 156,534 Pferde, 727,505 Stück Rindvieh, 320,768 Schafe, 268,061 Schweine und 42,580 Ziegen. Für die Hebung der Pferdezucht besteht ein Landgestüt zu Traventhal. Das Rindvieh ist von vorzüglicher Rasse und verhältnismäßig zahl-^[folgende Seite]