Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schleswig-Holstein

523

Schleswig-Holstein (Verwaltung etc.; Geschichte).

reicher als in irgend einer andern preußischen Provinz; in großer Menge wird dasselbe von Tönning, Husum, Altona und über Hamburg nach England ausgeführt. Der Wildstand ist nicht bedeutend; Geflügel wird zahlreich gezogen, wilde Enten werden in großer Zahl auf Föhr und Sylt gefangen. Die Fischerei ist in der Ostsee (Kieler Sprotten) ergiebiger als in der Nordsee; im Schleswigschen Wattenmeer aber wird eine ansehnliche Austernzucht betrieben (etwa 50 Bänke). Das Mineralreich liefert keine große Ausbeute. Von Wichtigkeit allein sind die großen Torflager, das Gips- und Steinsalzlager bei Segeberg sowie das Vorkommen von gutem Thon; Spuren von Braunkohlen und Erdöl sind nachgewiesen. Größere Fabrikanstalten, wie Eisengießereien, Maschinen-, Tabaks-, Tuchfabriken etc., gibt es nur in den größern Städten (Tuchfabriken in Neumünster); der Schiffbau wird am Kieler Busen zu Gaarden und Ellerbeck, dann auch zu Altona und Flensburg betrieben. Der Hafenplätze an beiden Meeren und den zahlreichen schiffbaren Flüssen gibt es sehr viele; jedoch treten unter denselben nur Kiel, Flensburg, Altona, Tönning und Rendsburg besonders hervor. Die Anlage eines neuen, großen Hafens an der Westküste von S. bei Emerleff, in der Nähe von Hoyer, besonders zur Hebung der Nordseefischerei sowie des Handels mit England, steht in Aussicht. Ein großer Teil des Schiffahrtsverkehrs wird auch durch die im Bereich der Provinz liegenden Städte Hamburg und Lübeck besorgt. Die Reederei von S. ist bedeutend; zu ihr gehörten 1886: 712 Schiffe, darunter 556 Segelschiffe und 156 Dampfer, davon kamen auf das Ostseegebiet 316, auf das Nordseegebiet 396 Schiffe. Die größten Reedereiplätze sind: Altona, Apenrade, Blankenese, Elmshorn, Flensburg, Kiel und Rendsburg. Die Eisenbahnen der Provinz sind meist Staatsbahnen. Die wichtigsten Linien derselben sind: Altona-Kiel, Neumünster-Wamdrup, Neumünster-Oldesloe, Neumünster-Neustadt und Jübeck-Tönning ^[richtig: Jübek-Tönning]. Namhafte Privatbahnen sind die Holsteinische Marschbahn (Linie Elmshorn-Heide) und die Linien Heide-Ripen, Lübeck-Büchen und Kiel-Flensburg.

[Bildung, Verwaltung.] Für die geistige Bildung sorgen: eine Universität zu Kiel, 12 Gymnasien, 3 Realgymnasien, eine Oberrealschule, ein Progymnasium, 2 Realschulen, 11 Realprogymnasien, eine Landwirtschaftsschule, 6 Schullehrerseminare, eine Marineakademie zu Kiel, eine Kadettenanstalt zu Plön, 3 Navigationsschulen, 2 Taubstummeninstitute etc. In den deutschen Reichstag entsendet die Provinz 10, in das preußische Abgeordnetenhaus 19 Abgeordnete. Militärisch gehört sie zum Bezirk des 9. Armeekorps. Die Provinzialstände bestehen (ohne Lauenburg) aus 20 Vertretern des größern Grundbesitzes, 19 der Städte und 19 der Landgemeinden. Für die Justiz bestehen: ein Oberlandesgericht zu Kiel mit 3 Landgerichten. Der Oberpräsident hat seinen Sitz in Schleswig, wo sich auch das Provinzialschulkollegium befindet, das Generalkommando des 9. Armeekorps, die Provinzialsteuer- und die Eisenbahndirektion sind in Altona. In Kiel befinden sich die Marinestation der Ostsee und das evangelisch-lutherische Konsistorium. Der Bischof von Osnabrück verwaltet die apostolische Präfektur für S. Hinsichtlich des Bergbaues ressortiert die Provinz vom Oberbergamt Klausthal, in Auseinandersetzungssachen von der Generalkommission zu Hannover. Eine Oberpostdirektion ist in Kiel (ein Teil der Provinz untersteht der zu Hamburg). Ein gemeinsames Wappen für die ganze Provinz ist noch nicht vorhanden. Holstein hat dasselbe Wappen wie Schaumburg-Lippe: ein ausgebreitetes, in drei Teile zerschnittenes Nesselblatt mit einem von Silber und Rot quergeteilten Schildchen, gegen welches, zwischen den drei Teilen des Nesselblattes, drei silberne Nägel mit den Spitzen stehen. Die Landschaft Stormarn führt im roten Feld einen silbernen Schwan mit einer goldenen Kette um den Hals, Dithmarschen im roten Feld einen geharnischten Reiter mit entblößtem Schwert auf silbernem Pferd, Wagrien einen blauen Ochsenkopf in Gold. Das Wappen von Schleswig bilden zwei blaue goldgekrönte Löwen im goldenen Felde. Die Landesfarben (herkömmlich Blau, Rot, Weiß) sind amtlich noch nicht festgestellt. Eine Kreisordnung trat 1. April 1889 in Kraft. Die Provinz bildet nur einen Regierungsbezirk (Schleswig) und wird in 22 Kreise eingeteilt:

Kreise QKilometer QMeilen Einwohner Einw. auf 1 QKilom.

Altona (Stadtkreis) 12 0,22 123352 -

Apenrade 685 12,44 28347 41

Eckernförde 788 14,31 38212 48

Eiderstedt 331 5,99 16780 51

Flensburg 1047 19,03 73789 70

Hadersleben 1694 30,77 57211 34

Husum 850 15,44 36489 43

Kiel (Stadtkreis) 15 0,27 51706 -

Kiel (Landkreis) 704 12,79 44043 62

Lauenburg (Herzogtum) 1183 21,49 49861 42

Norderdithmarschen 601 10,92 36627 61

Oldenburg 837 15,60 44402 53

Pinneberg 805 14,62 71433 89

Plön 955 17,34 58126 61

Rendsburg 1257 22,83 53955 43

Schleswig 1056 19,18 62404 59

Segeberg 1158 21,03 39956 35

Sonderburg 442 8,03 32457 73

Steinburg 936 17,00 62032 66

Stormarn 927 16,84 73031 79

Süderdithmarschen 746 13,55 40720 55

Tondern 1812 32,73 55373 31

Vgl. Greve, Geographie und Geschichte der Herzogtümer Schleswig und Holstein (Kiel 1844); v. Schröder, Topographie des Herzogtums Schleswig (2. Aufl., Oldenb. i. H. 1854) und der Herzogtümer Holstein und Lauenburg (mit Biernatzki, 2. Aufl., das. 1855); v. Osten, S. in geographischen und geschichtlichen Bildern (2. Aufl., Flensb. 1877); Böger, Topographisches Handbuch für die Provinz S. (Kiel 1881); Haas, Geologische Bodenbeschaffenheit Schleswig-Holsteins (das. 1889); P. Chr. Hansen, S., seine Wohlfahrtsbestrebungen etc. (das. 1882); "Gemeindelexikon für die Provinz S." (hrsg. vom Statistischen Büreau, Berl. 1888); v. Wobeser, Statistik der Provinz S. (Altona 1887); Michler, Kirchliche Statistik der Provinz S. (Kiel 1887, 2 Bde.); Krüger, Organisation der Staats- und Selbstverwaltung in der Provinz S. (das. 1888); Köppen, Kreis- und Provinzialordnung für S. (Schlesw. 1888); Haupt, Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz S. (Kiel 1886 ff.); Reisehandbücher von Heinrich (das. 1885-88, 3 Tle.), Schmarje (Hamb. 1886) u. a.

Geschichte.

[Die schleswig-holsteinischen Linien.] Die Geschichte des vereinigten S. beginnt mit dem Jahr 1386, in welchem Gerhard VI. die Grafschaft Holstein (s. d.) mit dem Herzogtum Schleswig (s. d.) unter seiner Herrschaft dauernd vereinigte. Nach dem Aussterben der Kieler Linie (1390) erwarb Gerhard 1403 ganz Holstein (mit Ausnahme des geringfügigen schauenburgischen Anteils), fiel aber 1404 im Kampf gegen die Dithmarschen. Sein Sohn Adolf VIII. erhielt die