Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schulenburg

647

Schulenburg.

So spricht man namentlich von Philosophenschulen, wie der akademischen des Platon, der peripatetischen des Aristoteles, der stoischen des Zenon, der Cartesianischen, Wolfschen, Kantschen u. a., und von Malerschulen, die man wegen ihrer natürlichen Gebundenheit an die örtliche Anschauung der maßgebenden Meisterwerke gern nach dem Ort ihrer Thätigkeit benennt, wie die niederländische, florentinische, venezianische etc. Endlich faßt man auch den Inbegriff derjenigen Thätigkeiten, die zur regelrechten Erlernung einer Kunst geübt sein wollen, im Unterschied von der praktischen Anwendung dieser Kunst unter der Bezeichnung S. zusammen; demgemäß nennt man beispielsweise S. (hohe S.) in der Reitkunst diejenigen Übungen, welche die kunstmäßige Anlernung und Abrichtung des Pferdes selbst vorführen, ohne sie in den Dienst besonderer Proben für Geschicklichkeit und Geschwindigkeit zu stellen.

Schulenburg, von der, altes, besonders in der preuß. Provinz Sachsen, in Brandenburg, Hannover und Braunschweig begütertes Adelsgeschlecht, dessen Stammvater Werner v. d. S. 1119 bei der Eroberung von Akka in Syrien fiel. 1563 wurde das ganze Haus in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Es blüht in einer weißen Linie, welche 1728, und einer schwarzen Linie, welche 1790 die Reichsgrafenwürde erhielt; die erstere ist wieder geteilt in die ältere weiße Linie, bestehend aus den Häusern Hehlen und Betzendorf mit den Speziallinien Wolfsburg (mit noch zwei Nebenlinien), Betzendorf und Detzel, und die jüngere weiße Linie, aus den Häusern Trampe, Altendorf (freiherrlich), Emden, Altenhausen, Bodendorf, Burgscheidungen, Vitzenburg und Angern bestehend; die Linie Kehnert erlosch 1815 im Mannesstamm. Die schwarze Linie besteht nur noch aus dem gräflichen Haus Lieberose. Es gingen aus dem Geschlecht 4 Feldmarschälle, 25 Generale, 3 Heermeister des Johanniterordens, 6 Staatsminister und 4 Bischöfe hervor. Sein Wappen besteht aus drei roten Greifenklauen in Silber. Die namhaftesten Sprößlinge sind: Johann Matthias, Reichsgraf, Erbherr auf Emden, Feldmarschall im Dienste der Republik Venedig, geb. 8. Aug. 1661 zu Emden bei Magdeburg, trat 1685 in den Dienst des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel, machte seit 1687 sieben Feldzüge gegen die Türken mit, trat 1698 als Generalmajor und Chef eines deutschen Regiments in die Dienste des Herzogs Viktor Amadeus von Savoyen, ward 1699 bei Unterdrückung des Aufruhrs der Waldenser verwendet und führte 1701 eine Brigade bei der Armee des Marschalls Catinat. 1702 trat er als Generalleutnant in die Armee Augusts II. von Polen und befehligte in der für die Sachsen unglücklichen Schlacht bei Klissow (19. Juli 1702) die sächsische Infanterie. Im Winter 1704 erhielt er in Polen das Kommando über die ganze Feldarmee und bewerkstelligte, der schwedischen Übermacht weichend, einen meisterhaften Rückzug nach Schlesien. An der Spitze eines aus Sachsen und Russen gebildeten Korps rückte er im Januar 1706 abermals in Polen ein, ward jedoch von dem schwedischen Feldmarschall Renschild bei Fraustadt 13. Febr. geschlagen. 1708 ging er an der Spitze eines sächsischen Hilfskorps nach Flandern zu der Armee des Herzogs von Marlborough, wohnte der Schlacht von Oudenaarde und der Belagerung von Lille und Tournai bei, befehligte bei Malplaquet (11. Sept.) 40 Bataillone Sachsen und Reichstruppen, nahm dann an der Belagerung von Mons sowie 1710 unter Eugen an der von Douai Anteil und zwang Béthune (28. Aug.) zur Übergabe. Im April 1711 verließ er den sächsischen Dienst und trat 15. Okt. 1715 in die Dienste der Republik Venedig. Gleichzeitig erhob ihn der Kaiser in den Grafenstand. Die von ihm geleitete Verteidigung Korfus vom 25. Juli bis 20. Aug. 1716 ist eine der berühmtesten Leistungen der neuern Kriegsgeschichte. Ihr folgten die Einnahme der Festung Butrinto und die Besetzung von Santa Maura. 1718 unternahm S. einen Einfall in Albanien, mußte sich aber infolge des zu Passarowitz geschlossenen Friedens wieder zurückziehen. In den folgenden 29 Jahren richtete er sein Hauptbestreben auf die Entwickelung der innern Streitkräfte Venedigs. Er starb 14. März 1747 in Verona. Die Republik ließ ihm zu Korfu 1717 ein Denkmal errichten. Vgl. Fr. Albr. v. d. Schulenburg (s. unten), Leben und Denkwürdigkeiten des Joh. Matth. v. d. S. (Leipz. 1834, 2 Bde.). - Achaz v. d. S., geb. 1669 zu Apenburg in der Altmark, trat 1690 in preußische Kriegsdienste, that sich als Generalleutnant in dem spanischen Erbfolgekrieg hervor und starb 1731. - Adolf Friedrich, Graf v. d. S., geb. 1685 zu Wolfenbüttel, stand von 1705 bis 1713 in hannöverschen Diensten, machte als Major die Schlachten bei Oudenaarde und Malplaquet mit, trat hierauf in die preußische Armee und nahm an den Feldzügen in Pommern und am Rhein (1734) teil. Unter Friedrich d. Gr. focht er als Generalleutnant der Kavallerie 1741 bei Mollwitz und starb infolge einer daselbst erhaltenen Wunde. - Levin Rudolf v. d. S., geb. 1727, war während des Siebenjährigen Kriegs beständiger Begleiter Friedrichs d. Gr. und starb 1788 als preußischer Generalleutnant und Wirklicher Staats- und Kriegsminister. - Friedrich Wilhelm, Graf v. d. S., aus dem mit ihm erloschenen Haus Kehnert, geb. 22. Nov. 1742, trat 1757 in ein Kürassierregiment, machte den Siebenjährigen Krieg mit, ward 1767 Landrat in Salzwedel, 1771 Vizepräsident des Generaldirektoriums, 1782 Chef der Seehandlung, 1786 Graf, 1790 Präsident des Oberkriegskollegiums, 1791 Kabinettsminister, 1798 Generalkontrolleur der Finanzen und 1800 Generalpostmeister. Als Gouverneur von Berlin verkündete er 18. Okt. 1806 den Berlinern die Niederlagen von Jena und Auerstädt mit den bekannten Worten: "Die erste Bürgerpflicht ist Ruhe". Er starb 1815.- Karl Friedrich Gebhardt, Graf v. d. S., aus dem Haus Wolfsburg, verließ den preußischen Staatsdienst, um in westfälischen zu treten, und wurde von dem Prinz-Regenten von England, nachdem der Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig 1815 bei Quatrebras gefallen war, als Vormund seines Nachfolgers an die Spitze der Landesverwaltung von Braunschweig gestellt. Er starb 25. Dez. 1818.- Friedrich Albrecht, Graf v. d. S., aus dem mit ihm ausgestorbenen Haus Kloster-Roda, geb. 18. Juni 1772 zu Dresden, studierte in Leipzig und Wittenberg, wurde 1794 Attaché der kursächsischen Gesandtschaft in Wien, 1799 außerordentlicher Gesandter am dänischen und 1800 am russischen Hof, hielt sich 1804-10 in Frankreich auf, vertrat 1814 den König von Sachsen beim Wiener Kongreß und unterzeichnete 15. Mai 1815 den Traktat mit Preußen, Österreich und Rußland. Sodann ward er Gesandter in Wien, 1828 zum Konferenzminister ernannt, 1830 aber von Wien abberufen und in den Ruhestand versetzt. Er starb 12. Sept. 1853 auf seinem Gut Kloster-Roda. Das Haupt des Hauses Lieberose der schwarzen Linie, Dietrich, Graf v. d. S., geb. 15. Aug. 1849, ist erbliches Mitglied des preußischen Herrenhauses. Vgl. Danneil, Das Geschlecht der v. d. S. (Salzw. 1847, 2 Bde.).