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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schumacher; Schumann

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Schumacher - Schumann.

Schumacher, Heinrich Christian, Astronom, geb. 3. Sept. 1780 zu Bramstedt in Holstein, studierte zuerst Rechtswissenschaft zu Kiel, dann Mathematik und Astronomie in Kopenhagen und in Göttingen unter Gauß, wurde 1810 außerordentlicher Professor der Astronomie in Kopenhagen, 1813 Direktor der Sternwarte in Mannheim, 1815 ordentlicher Professor der Astronomie in Kopenhagen, lebte aber, seiner Obliegenheiten bei der Universität entbunden, meist neben der ihm vom König erbauten Sternwarte in Altona, wo er 28. Dez. 1850 starb. 1817 wurde ihm die dänische Gradmessung übertragen, welche von Gauß durch Hannover fortgesetzt wurde, und 1820 erhielt er von der Gesellschaft der Wissenschaften in Kopenhagen den Auftrag, Holstein zu vermessen und eine Karte anzufertigen; 1824 bestimmte er in Verbindung mit dem englischen Längenbüreau den Längenunterschied zwischen Altona und Greenwich durch eine Chronometerexpedition und beobachtete 1830 behufs Bestimmung einer Längeneinheit auf dem Schloß Gyldensteen auf Fünen die Pendelschwingungen. Er gab heraus: "Astronomische Abhandlungen" (Altona 1823-25, 3 Bde.); "Astronomische Nachrichten" (das. 1822-50; nach seinem Tod fortgesetzt von A. C. Petersen, dann von C. A. F. Peters, jetzt von Krüger); "Astronomische Jahrbücher" (Tübingen 1836-44); auch berechnete er 1817-22 den Kopenhagener Kalender. Seine "Astronomischen Hilfstafeln" (Kopenh. 1820-29, 10 Bde.) sind von großem Nutzen.

Schumann, 1) Robert, Komponist, geb. 8. Juni 1810 zu Zwickau, erhielt seinen ersten nachhaltigen musikalischen Eindruck durch das Klavierspiel Moscheles', den er 1819 in Karlsbad hörte, und wandte sich seitdem der Tonkunst mit größtem Eifer und mit solchem Erfolg zu, daß er nach seiner eignen Mitteilung schon in seinem 11. Jahr Chor- und Orchesterwerke komponierte. Im Begriff, sich ganz der Musik zu widmen, gab er nach dem 1826 erfolgten Tod seines Vaters diesen Plan seiner Mutter zuliebe auf und bezog nach absolviertem Gymnasialkursus Ostern 1828 die Universität Leipzig, um Rechtswissenschaft zu studieren. Allein in Leipzig sowohl als in Heidelberg, wohin er sich, von Thibauts Ruf angezogen, 1829 begab, beschäftigte er sich vorwiegend mit der Musik, die er nach erlangter Zustimmung seiner Mutter von 1830 an auch berufsmäßig auszuüben begann. Nach Leipzig zurückgekehrt, bildete er sich zunächst unter Fr. Wiecks Leitung zum Klavierspieler aus, da er sich jedoch schon nach kurzer Zeit durch irrationelles technisches Studium eine Lähmung des dritten Fingers der rechten Hand zuzog und damit der Virtuosenlaufbahn entsagen mußte, wandte er sich um so eifriger der Komposition zu und machte zu diesem Behuf gründliche Studien unter Leitung H. Dorns, der damals die Leipziger Oper dirigierte. Schon in den nächstfolgenden Jahren gab er mehrere seiner größern Klavierkompositionen heraus und trat gleichzeitig als musikalischer Schriftsteller auf. 1834 gründete er die "Neue Zeitschrift für Musik", deren Redaktion er bis 1844 führte, um einesteils gegen den in der Musik sich damals breit machenden leeren Formalismus und das schale Virtuosentum anzukämpfen, andernteils die jüngern, vom rechten Geiste der Kunst erfüllten Musiker zu ermutigen und in ihren Interessen zu fördern. Um sich ergiebigere Erwerbsquellen zu eröffnen, siedelte er Anfang 1839 nach Wien über, kehrte aber schon im April d. J. nach Leipzig zurück. Die Frucht seines Wiener Aufenthalts bestand außer mehreren Klavierkompositionen hauptsächlich darin, daß er zahlreiche nachgelassene Arbeiten Franz Schuberts der Vergessenheit entzog, darunter auch die große C dur-Symphonie. 1840 vermählte er sich mit Klara Wieck (s. unten), obwohl deren Vater seine Zustimmung hartnäckig verweigerte, und um dieselbe Zeit trat in seiner Thätigkeit insofern ein Wendepunkt ein, als er, der bisher nur für das Klavier geschrieben, sich nun auch dem Lied und größern Instrumentalkompositionen zuwandte. Bei Errichtung des Leipziger Konservatoriums (1843) übernahm er den Unterricht in der Komposition in genannter Anstalt. In demselben Jahr fand auch die erste Aufführung seines Chorwerkes "Paradies und Peri" statt, welches seinen Namen in weitern Kreisen bekannt machte. Im folgenden Jahr unternahm er mit seiner Frau eine Kunstreise nach Rußland, welche beiden die größten Huldigungen einbrachte. Nach seiner Rückkehr legte er die Redaktion der "Neuen Zeitschrift für Musik" in die Hand Franz Brendels (s. d.) nieder und zog mit seiner Gattin nach Dresden, wo er 1847 die Direktion der Liedertafel und 1848 die des neubegründeten Chorgesangvereins übernahm. Im Herbst 1850, nachdem im Frühjahr d. J. seine Oper "Genoveva" in Leipzig zur Aufführung gelangt war, siedelte er mit seiner Familie nach Düsseldorf über, um die bisher von Hiller bekleidete städtische Musikdirektorstelle zu übernehmen. Allein ein chronisches Gehirnleiden, dessen erste Spuren sich schon 1833 gezeigt hatten, entwickelte sich jetzt in so intensiver Weise, daß er im Herbst 1853 von seiner Stellung zurücktreten mußte. Eine vom glänzendsten Erfolg gekrönte Kunstreise mit seiner Frau durch Holland war das letzte freudige Ereignis seines Lebens. Die Symptome seines Leidens steigerten sich infolge fortgesetzter anstrengender Arbeit immer mehr, und 7. Febr. 1854 stürzte er sich in den Rhein. Zwar wurde er noch lebend ans Land gebracht, allein die geistige Leuchte war für immer erloschen. In diesem Zustand verbrachte der Unglückliche noch zwei Jahre in der Heilanstalt zu Endenich bei Bonn und starb hier 29. Juli 1856.

S. darf neben Mendelssohn mit Recht als der vornehmste Repräsentant der in den 30er Jahren von der deutschen Musik eingeschlagenen romantischen Richtung gelten. An formaler Gewandtheit und Leichtigkeit der Tongestaltung hinter jenem zurückstehend, überragt er ihn dafür an Großartigkeit und Tiefe der Gedanken sowie an Innigkeit der Empfindung. Wie Mendelssohn durchaus subjektiv geartet, sollte auch S. es nicht zu einem wirklichen Bühnenerfolg bringen, wenn auch seine "Genoveva" noch 20 Jahre nach seinem Tod bei einem gewählten Publikum Beifall erringen konnte. Selbst seine für den Konzertsaal bestimmten größern Chorwerke: "Das Paradies und die Peri", "Der Rose Pilgerfahrt", "Szenen aus Goethes Faust", erreichen an dramatischer Wirksamkeit nicht die Mendelssohnschen Oratorien. Mit völliger Freiheit bewegt er sich nur auf dem Boden der Instrumentalmusik und des Liedes. Die Litteratur der erstern hat er durch eine Anzahl von Meisterwerken bereichert, welche den Beethovenschen an Gedankenreichtum und zwingender Gewalt des Ausdrucks nahestehen. Darunter 4 Symphonien (B dur, Op. 38; C dur, Op. 61; Es dur, Op. 97; D moll, Op. 120), ebenso viele Ouvertüren ("Braut von Messina", "Festouvertüre", "Julius Cäsar", "Hermann und Dorothea"), 3 Streichquartette (Op. 41, A moll, F dur, A dur), ein Klavierquintett (Es dur, Op. 44) und ein Klavierquartett (Es dur, Op. 47), 2 Violinsonaten (A moll, Op. 105; D moll, Op. 121); ferner Kompo-^[folgende Seite]