Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Schwerin

768

Schwerin (Geschlecht).

fahrt etc. An Bildungs- und andern öffentlichen Anstalten befinden sich dort: ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein neues Museum mit Gemäldegalerie, eine Bibliothek, ein Verein für mecklenburgische Geschichte und Altertümer, eine Geigenmacherschule, viele milde Stiftungen u. dgl. m. S. ist Residenz des Großherzogs (seit 1837), Sitz der Landesbehörden, eines Landgerichts, einer Oberpostdirektion, der Direktion der Mecklenburgischen Friedrich Franz-Eisenbahn, eines Forstkollegiums, einer Forstinspektion, eines Hauptsteueramts, der Mecklenburgischen Lebensversicherungs- und Sparbank, der Mecklenburgischen Hypotheken- und Wechselbank, des Ritterschaftlichen Kreditvereins für beide Mecklenburg etc., ferner: des Kommandos der 17. Division, der 34. Infanterie- und 17. Kavalleriebrigade. Die städtische Verwaltung setzt sich zusammen aus 7 Magistratsmitgliedern und 45 Stadtverordneten. In der Nähe, mit S. durch Dampfschiffahrt verbunden, der Vergnügungsort Zippendorf mit 135 Einw. und auf einer Anhöhe in lieblicher Lage am Ziegelsee das Dorf Sachsenberg mit einer großen Irrenanstalt und (1885) 633 Einw. - Zum Landgerichtsbezirk S. gehören die 15 Amtsgerichte zu: Boizenburg, Dömitz, Gadebusch, Grabow, Grevesmühlen, Hagenow, Krivitz, Lübtheen, Ludwigslust, Neustadt, Parchim, Rehne, S., Wismar und Wittenburg. - S. (Zwarin oder Swerin) ist slawischen Ursprungs und kommt schon 1018 vor, erhielt 1161 von Heinrich dem Löwen Stadtrechte und wurde Hauptstadt einer Grafschaft sowie 1167 des Bistums Mecklenburg. Nach der Säkularisation des Bistums 1648 kam es für das abgetretene Wismar an Mecklenburg. Vgl. Fromm, Chronik der Haupt- und Residenzstadt S. (Schwer. 1863). - 2) Kreisstadt im preußischen Regierungsbezirk Posen, am Einfluß der Obra in die Warthe, hat eine evangelische und eine große kath. Kirche, eine Synagoge, eine höhere Knabenschule, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, eine Dampfsägemühle, Stärkefabrikation, Ziegelbrennerei, Pferdehandel, Schiffahrt und (1885) 6814 meist evang. Einwohner.

Schwerin, eins der ältesten Geschlechter Pommerns, welches, auch nach Mecklenburg, der Mark, Polen, Schweden und Kurland verbreitet, im 17. Jahrh. an 24 Linien zählte. Der noch gegenwärtig blühende gräfliche Zweig zerfällt in die Äste Walsleben und Wildenhoff, vertreten durch Otto, Graf von S., geb. 19. Febr. 1855, Wolfshagen, vertreten durch Otto Wilhelm Ludwig, Graf von S., geb. 26. Aug. 1822, Schwerinsburg, vertreten durch Christof, Graf von S., geb. 18. März 1868, und Wendisch-Willmersdorf, vertreten durch Friedrich, Graf von S., geb. 16. Mai 1856. Vgl. Gollmert und Grafen W. und L. Schwerin, Geschichte des Geschlechts von S. (Berl. 1878, 3 Bde.); Schwebel, Die Herren und Grafen von S. (Berl. 1884). Bemerkenswert sind:

1) Otto von, geb. 8. März 1616 in Pommern, trat 1638 als Kammerjunker in die Dienste des Kurfürsten Georg Wilhelm von Brandenburg und wurde 1640 Hofkammergerichts- und Lehnsrat, 1645 Wirklicher Geheimer Rat. Als der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm sich 1646 mit der Prinzessin Luise Henriette von Oranien vermählte, wurde S. deren Oberhofmeister und später Erzieher ihrer Kinder Karl Emil, Friedrich und Ludwig sowie ein treuer, einsichtiger Berater des kurfürstlichen Ehepaars, das ihm großen Einfluß gewährte und seine Dienste in den wichtigsten Sachen gebrauchte. 1648 in den Reichsfreiherrenstand, 1654 zum Erbkämmerer der Kurmark Brandenburg erhoben, ward er 1658 zum ersten Minister und Oberpräsidenten des Geheimen Rats ernannt und mit vielen Gütern, unter andern der Herrschaft Altlandsberg, beschenkt. Er starb 14. Nov. 1679. - Sein Sohn Otto, geb. 11. April 1645, lange Zeit brandenburgischer Gesandter in London (vgl. seine "Briefe aus England", hrsg. von v. Orlich, Berl. 1837) und Wien, ward 1700 in den Reichsgrafenstand erhoben und starb 1705. Er ist der Stammvater der Linien Walsleben und Wolfshagen (s. oben).

2) Kurt Christoph, Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, geb. 26. Okt. 1684 auf Wuseken in Schwedisch-Pommern, besuchte die Universitäten zu Leiden, Greifswald und Rostock, trat 1700 als Fähnrich in die Dienste der Generalstaaten und 1706 als Oberstleutnant in die des Herzogs von Mecklenburg-Schwerin, in dessen Auftrag er sich 1711-12 bei Karl XII. in Bender aufhielt. Als Vorpommern, worin die Stammgüter Schwerins lagen, an Preußen fiel, trat er 1720 in die Dienste des Königs Friedrich Wilhelm I. Dieser verwendete ihn zu mehreren diplomatischen Sendungen, gab ihm 1722 zu Frankfurt a. O. ein Regiment, ernannte ihn 1730 zum Gouverneur der Festung Peitz und 1734 zum Generalleutnant. Friedrich II. erhob ihn kurz nach seinem Regierungsantritt in den Grafenstand und ernannte ihn zum Generalfeldmarschall. Er befehligte im ersten Schlesischen Krieg eine Abteilung des preußischen Heers, übernahm bei Mollwitz (10. April 1741) den Oberbefehl und entschied den Sieg und damit das Schicksal Schlesiens. Obwohl verwundet, verfolgte er den Feind, nahm 4. Mai Brieg und bewog am 10. die Stadt Breslau, dem König von Preußen zu huldigen, worauf ihn dieser zum Gouverneur der Festungen Brieg und Neiße ernannte. Beim Ausbruch des zweiten Schlesischen Kriegs führte er im August 1744 einen Teil der preußischen Armee aus Schlesien nach Böhmen und nahm an der Eroberung Prags bedeutenden Anteil. 1756 erhielt er das Kommando des 3. Armeekorps, mit dem er 1757 in Böhmen einfiel, die Österreicher allenthalben zurückdrängte und sich darauf bei Prag mit dem König vereinigte. Als in der Schlacht bei Prag 6. Mai die Infanterie des linken Flügels vor dem Kartätschenfeuer der Österreicher zurückwich, ergriff S., der hier kommandierte, eine Fahne seines Regiments, um dasselbe wieder gegen den Feind zu führen, sank aber nach wenig Schritten, von fünf Kartätschenkugeln getroffen, tot nieder. Ein schönes Denkmal an der Kaurimer Straße bei Stierlohol bezeichnet den Platz, wo der Held gefallen. Friedrich II. ließ ihm eine Statue auf dem Wilhelmsplatz in Berlin errichten. S. ist einer der populärsten Helden der Schlesischen Kriege, der mit Heldenmut und Feldherrntalent Menschlichkeit und Milde gegen Untergebene und echt religiösen Sinn verband. Auch besaß er wissenschaftliche Bildung, schrieb ein Werk über Kriegskunst und verfaßte mehrere religiöse Lieder. Vgl. Varnhagen v. Ense, Biographische Denkmale, Bd. 6 (3. Aufl., Leipz. 1873).

3) Maximilian, Graf von S.-Putzar (von der Linie Schwerinsburg), preuß. Staatsmann, geb. 30. Dez. 1804 zu Boldekow bei Anklam, studierte in Heidelberg und Berlin die Rechte, trat darauf in den Staatsdienst und ward 1833 zum Landrat des Anklamer Kreises und 1842 zum Direktor des vorpommerschen Departements des landschaftlichen Kreditsystems ernannt. Infolge seiner eifrigen Teilnahme am Gustav-Adolf-Verein berief ihn der König 1846 in die Generalsynode, auf welcher S. mit Auerswald die starre Orthodoxie bekämpfte. An dem Vereinigten Landtag nahm er als Vertreter der Ritterschaft des