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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Sele; Selekta; Selektion; Selektionstheorie; Selen; Selenblei; Selene; Selenga; Selenit; Seleniten

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Sele - Seleniten.

des Westens und Ostens erhoben, schlug seine Residenz in Ispahan auf und starb 1063. Ihm folgte sein Neffe Alp Arslan 1063-1072, der Syrien und Kleinasien eroberte, diesem sein Sohn Melikschah (1072-1092), der, verdient um Beförderung wissenschaftlicher Studien, die Einheit des Seldschukkenreichs behauptete und als Großsultan vom Ägeischen Meer bis zum Indus, vom Persischen Golf bis zum Jaxartes herrschte. Nach seinem Tod zerfiel das Reich während der Kämpfe zwischen seinen Brüdern und Söhnen um den Thron und wurde in eine Menge kleinerer und größerer Herrschaften geteilt, welche sich durch gegenseitige Fehden schwächten und endlich die Beute Stärkerer wurden. Die Nachkommen Melikschahs, Barkijarok (gest. 1104), Mohammed (gest. 1119) und Sandschar (gest. 1158), behaupteten sich im Sultanat über die östlichen Provinzen, das Hochland von Iran; der letzte, Togrulschah, erlag 1194 dem Schwerte der Chowaresmier. Jüngere Zweige des Hauses oder abgefallene Emire gründeten Herrschaften in Syrien, Mesopotamien und Kleinasien, so das Seldschukkenreich von Ikonion in Kleinasien, das 1073 Suleiman, der Sohn Kultusmischs, gründete, das von Antiochia, Damaskus und Aleppo in Syrien, von Edessa und Mosul in Mesopotamien u. a., welche teils im 12. Jahrh. von Saladin, teils im 13. Jahrh. von den osmanischen Türken vernichtet wurden. Vgl. Mirchond, Geschichte der S. (a. d. Pers. von Vullers, Gießen 1838).

Sele (im Altertum Silarus), Fluß in Unteritalien, entspringt in den Apenninen, fließt zuerst südlich, wendet sich dann nach W., nimmt den Tanagro und Calore auf und mündet nach 70 km langem Lauf, ein Delta bildend und Malaria erzeugend, in der Ebene von Pästum in den Golf von Salerno.

Selekta (sc. classis, lat., "auserlesene Klasse"), an Gelehrtenschulen eine Klasse, in welcher die ausgezeichnetsten Schüler der obersten Stufe sitzen und zur Universität vorbereitet werden; die Schüler einer solchen Klasse heißen Selektaner. Während die S. an den deutschen Gymnasien etc. nicht mehr üblich, besteht für die Kadettenanstalten eine solche Klasse, deren Zöglinge den Vorteil genießen, nicht als Fähnriche, sondern sofort als Offiziere ins Heer einzutreten.

Selektion (lat.), Auswahl.

Selektionstheorie, s. Darwinismus, S. 566, und Evolutionstheorie.

Selen Se, chemisch einfacher Körper, findet sich in der Natur weit verbreitet, aber immer nur in geringer Menge und niemals in freiem Zustand. Er begleitet sehr allgemein den Schwefel, mit welchem er in seinem chemischen Verhalten große Ähnlichkeit besitzt, und bildet, mit Blei, Kupfer, Quecksilber, Silber verbunden, mehrere seltene Mineralien, mit Kupfer, Silber und Thallium den Crookesit. In sehr geringer Menge findet sich S. auch im Schwefelkies, Kupferkies, in der Zinkblende und in dem Flugstaub, der sich beim Rösten derselben bildet; bei der Verarbeitung der Kiese auf Schwefelsäure sammelt sich S. in dem Schlamm der Bleikammern in größerer Menge, und aus diesem wird es dargestellt. Man behandelt den Schlamm mit Salpetersäure und verdampft die Lösung der gebildeten Selensäure mit Salzsäure. Dieselbe geht dabei in selenige Säure über, und aus dieser wird durch schweflige Säure rotes, amorphes S. gefällt, welches sich in Schwefelkohlenstoff löst und daraus in dunkelroten Kristallen erhalten wird. Dies S. hat das spez. Gew. 4,5 und erweicht allmählich beim Erhitzen; wird es geschmolzen, rasch auf 210° abgekühlt und auf dieser Temperatur erhalten, so steigt die Temperatur plötzlich auf 217°, und das S. erstarrt dann zu grobkörnig kristallinischem, bleigrauem metallischen S. Dies ist unlöslich in Schwefelkohlenstoff, schmilzt bei 217° und wird durch schnelles Erkalten wieder amorph. S. siedet bei ca. 700° und ist sublimierbar. Das metallische leitet die Elektrizität, und dies Leitungsvermögen wächst mit der Intensität des Lichts, welchem das S. ausgesetzt wird. Das Atomgewicht des Selens ist 78,87. Es ist zweiwertig und bildet mit Sauerstoff Selendioxyd SeO2 ^[SeO_{2}] und Selentrioxyd SeO3 ^[SeO_{3}]. Beim Erhitzen an der Luft verbrennt es mit hellblauer Flamme und unter Verbreitung von Rettichgeruch zu Selendioxyd SeO2 ^[SeO_{2}], welches farblose Kristalle bildet, flüchtig ist und sich in Wasser löst. Aus dieser Lösung kann selenige Säure H2SeO3 ^[H_{2}SeO_{3}] in farblosen Kristallen erhalten werden. Diese nimmt an der Luft keinen Sauerstoff auf, wird vielmehr sehr leicht, z. B. durch hineinfallenden Staub und durch schweflige Säure, vollständig reduziert. Chlor oxydiert sie zu Selensäure H2SO4 ^[richtig: H2SeO4] ^[H_{2}SeO_{4}]. Diese bildet eine farblose, der Schwefelsäure ähnliche Flüssigkeit, löst Gold und Kupfer unter Bildung von seleniger Säure, Eisen, Zink etc. unter Entwickelung von Wasserstoff; sie wird nicht von schwefliger Säure zersetzt, gibt aber mit Salzsäure selenige Säure und Chlor; ihre Salze gleichen den Schwefelsäuresalzen. Mit Wasserstoff bildet S. sehr giftiges Selenwasserstoffgas H2Se ^[H_{2}Se], welches wie Schwefelwasserstoff riecht, aber sehr heftig auf Augen und Respirationsorgane wirkt und den Geruchsinn auf längere Zeit zerstört. Man benutzt das S. in der Photometrie. Es wurde 1817 von Berzelius entdeckt.

Selenblei (Klausthalit), Mineral aus der Ordnung der einfachen Sulfuride, kristallisiert tesseral, findet sich derb und eingesprengt, ist bleigrau, besteht aus Selen und Blei PbSe mit 27,62 Selen, findet sich bei Tilkerode, Klausthal und Zorge, Reinsberg bei Freiberg, Mendoza in Südamerika.

Selene (griech., bei den Römern Luna), die Göttin des Mondes, Tochter des Hyperion und der Theia, Schwester des Helios und der Eos, auch Phöbe genannt, später mit der alten Mondgöttin Artemis (Diana) oder auch mit Persephone identifiziert. S. gebar von Endymion (s. d.) 50 Töchter, von Zeus die Pandia und Herse ("Tau"). In Rom hatte Luna alte Heiligtümer auf dem Palatin und Aventin und war, wie Sol, auch Schutzgottheit des Zirkus. Dargestellt wird S. mit verschleiertem Hinterhaupt, den Halbmond über der Stirn und eine Fackel in der Hand, auf Rossen oder Kühen reitend, auch vom Zweigespann gefahren, in Endymionreliefs zu ihrem Liebling herabschwebend, so auch in statuarischen Einzelwerken (Vatikan). Umgeben von andern Gottheiten, sieht man sie auf einem schönen Altar des Louvre, wo sie vor sich den untergehenden Hesperos (Abendstern), hinter sich den Phosphoros (Morgenstern), unter sich die Maske des Okeanos hat, des Weltenstroms, aus dem sie hervortaucht (s. Abbildung). Vgl. K. O. Müller, Handbuch der Archäologie (3. Aufl., S. 647 ff.).

^[Abb. auf S. 847: Selene mit Hesperos und Phosphoros. (Altar im Louvre zu Paris.)]

Selenga, Fluß im nördlichen Asien, entspringt in der Mongolei, tritt, bereits schiffbar, nach Sibirien über, fließt unweit Kiachta an Selenginsk (mit 1019 Einw.) vorüber und fällt in drei Armen in den Baikalsee. Sie ist von der chinesischen Grenze ab auf 336 km schiffbar.

Selenit, blätteriger Gips oder Gipsspat, s. Gips.

Seleniten (griech.), die hypothetischen Mondbewohner.