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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Siguenza; Sigurd

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Siguenza - Sigurd.

Einw.; eine der ältesten Städte Schwedens, ward von den Esthen 1187 zerstört und geriet seit dem Emporkommen Stockholms in Verfall.

Siguenza, Bezirksstadt in der span. Provinz Guadalajara, links am Henares und an der Bahnlinie Madrid-Saragossa, hat eine schöne gotische Kathedrale, welche den Leichnam der heil. Librada birgt, mit vorzüglichen Holzschnitzarbeiten und feinem maurischen Getäfel, ein bischöfliches Seminar, ein Kollegium (1470-1809 Universität), Fabriken für Woll- und Baumwollzeuge, Hüte etc., Salzquellen in der Umgegend und (1878) 4567 Einw. S. ist Bischofsitz.

Sigurd (Sigurdhr), der Hauptheld der nord. Sage, Sohn Sigmunds mit Hjordis aus dem Stamm der Wölsungen, dem deutschen Siegfried (s. d.) entsprechend. Sein Charakter: gewaltig und in voller Jugendschöne strahlend, mit Augen, die so scharf sind, daß niemand hineinsehen kann, ist er voraussichtig, redegewandt und auf das Wohl seiner Freunde bedacht, hat niemals Furcht gekannt. Früher Tod, aber der höchste Ruhm sind ihm vom Schicksal beschieden. Sein Leben: Er wird an König Hjalpreks, seines Stiefvaters, Hofe von dem kunstfertigen Zwerg Regin in allerhand Künsten unterrichtet. Derselbe erzählt ihm von dem verhängnisvollen Goldhort aus Otrs (s. d.) Buße, dessen sich sein Bruder Fafnir allein bemächtigt habe und ihm seinen Anteil vorenthalte, und reizt ihn, Fafnir, der auf der Gnitaheida den Schatz in Wurmgestalt (als Drache) hütete, zu töten. S. will erst seinen Vater an den Söhnen Hundings, der ihn getötet, rächen. Er wählt sich aus Hjalpreks Gestüt den Hengst Grane, läßt sich von Regin aus den Stücken des Schwerts, welche ihm sein sterbender Vater dazu hinterlassen, das Schwert Gram schmieden und vollzieht nun die Vaterrache; darauf tötet er Fafnir, der ihm sterbend Unheil von Regin prophezeit. Als S. Fafnirs Herz brät, verbrennt er sich bei Berührung desselben den Finger, und als er diesen in den Mund steckt und so Fafnirs Blut ihm auf die Zunge kommt, versteht er die Sprache der Vögel, die Fafnirs Verkündigung von Regins Tücke bestätigen. Da erschlägt S. auch diesen und kommt so in den Besitz des Goldhorts sowie des schrecklichen Ögishelms (der Tarnkappe der deutschen Sage entsprechend) und des verhängnisvollen Ringes Andwaranaut (s. d.). Weiter ziehend, sieht er ein großes Feuer und gelangt, dasselbe durchreitend, zu einer Schildburg, in welcher, von dem Flammenwall umgeben, Brunhilde, Budlis Tochter, König Atlis Schwester, im Zauberschlaf in voller Rüstung schläft. Sie war früher eine Walküre, Sigurdrifa mit Namen, gewesen, hatte aber gegen Odins Willen einem Helden Sieg verliehen, so daß Odin sie deshalb mit einem Schlafdorn verzaubert und über sie den Spruch gethan hatte, sie solle nie wieder Sieg erfechten im Kampf, sondern sich vermählen. S. ritzt der Brunhilde die Brünne mit dem Schwert; sie erwacht, u. beide verloben sich mit heiligen Eiden; S. gibt ihr den Andwaranaut. Weiter reitend, gelangt S. an König Giukis Hof, wo er mit den Königssöhnen Gunnar u. Högni sich durch Eide verbündet und ihre Mutter Kriemhild dann S. durch einen Zaubertrank bethört, daß er Brunhilde vergißt und ihre Tochter Gudrun heiratet. Als nun Gunnar um Brunhilde freien will, unterstützt S. ihn dabei. Da Gunnar nicht durch die Waberlohe reiten kann, wechselt S. mit ihm die Gestalt, vollbringt es und gewinnt die Brunhilde, bei der er drei Tage weilt, aber des Nachts sein blankes Schwert zwischen sich und die Jungfrau legt, angeblich weil ihm so beschieden sei, die Verlobung zu feiern, sonst ereile ihn der Tod. Er nimmt ihr den Ring Andwaranaut dabei wieder ab, kehrt dann zu seinen Gesellen zurück, wechselt wieder die Gestalt, und Gunnar führt Brunhilde heim. Als eines Tages Brunhilde und Gudrun baden, entsteht ein Wettstreit zwischen den Frauen, bei dem Gudrun die Brunhilde damit höhnt, daß S. sie überwunden und ihr zum Zeugnis den Andwaranaut zeigt. Als Brunhilde erfährt, daß sie getäuscht, kennt sie nur das Gefühl, Rache an S. zu nehmen, obgleich sie ihn stets geliebt hat und noch immer liebt. Sie gewinnt Gunnar und Högni, die aber selbst der geschwornen Eide wegen den Mord nicht vollführen wollen, sondern den jüngsten Bruder, der nicht mit geschworen, Guthorm, dazu aufstacheln. Dieser ersticht S. an Gudruns Seite. Da nun ihre Rache gestillt ist, ersticht sich Brunhilde, nachdem sie von Gunnar und den übrigen Abschied genommen, auch noch einmal Zeugnis für Sigurds Treue abgelegt und schließlich verlangt hat, daß ihr neben S. der Scheiterhaufen errichtet werde, "sie will mit S. zusammenbleiben". Weiter erzählt dann die Edda, wie Gudrun von ihren Brüdern Buße nimmt und sich noch mit Atli vermählt, der dann schließlich an ihren Brüdern, den Giukunge, für Brunhildes Unglück Rache nimmt, indem er sie treulos einladet und tötet (Gunnar stirbt im Schlangenturm). Die Völsunga- sowie die Ragnarlodbroksage und die Wilkinasage führen Einzelheiten noch mehr aus, weichen aber auch in manchem ab. So läßt unter Aufgabe des so bedeutsam ethisch in der Edda entwickelten Verhältnisses Sigurds zur Brunhilde die Ragnarlodbroksage sie eine Tochter Aslaug (s. d.) gehabt haben von ihrem ersten Zusammenkommen, welche dann für die Ahnmutter der norwegischen Könige galt (vgl. Swanhilde).

Die Frage über das Verhältnis der nordischen Sigurdsage zur deutschen Siegfriedsage ist noch nicht vollständig gelöst. Man ist gegenwärtig vielfach geneigt, die Übertragung der Sage selbst von Deutschland nach dem Norden anzunehmen. Allerdings treten in den betreffenden nordischen Bearbeitungen derselben (den Edden, der Völsungasage etc.) einzelne bestimmte äußerliche Beziehungen zu der Form der Siegfriedsage, wie sie sich am Rhein lokalisiert hat, auf, welche eine mit der Zeit sich mehrende Kenntnis derselben voraussetzen. Aber abgesehen von dem ganzen eigenartigen Kolorit jener (unter anderm schon in betreff des sich darin entfaltenden geographischen Horizonts, der, entsprechend den sich immer weiter ausdehnenden Wikingerzügen des Nordens, fortschreitend den Charakter selbständiger Entwickelung für sich in Anspruch nimmt), legt der besondere mythische Hintergrund der nordischen Sage im einzelnen, zumal in einer eigentümlichen Verbindung mit der nordischen Mythologie, für die Ursprünglichkeit der Sage an sich auch bei den Nordgermanen ein beachtenswertes Zeugnis ab. Erwägt man ferner, daß auch die rheinische Version der Sage nur eine Form derselben in Deutschland ist, welche nur das Nibelungenlied (s. d.) in einen gewissen Vordergrund gestellt hat, und daß daneben noch andre bestanden und auch in der Litteratur gelegentlich hervortreten, wie auch dänische, ja färörische Lieder und Sagen denselben Stoff in variierender Weise behandeln, so dürfte alles dahin führen anzunehmen, daß der mythische Urkern der Sage ursprünglich gemeinsamer Besitz der Nord- wie Südgermanen gewesen, zumal Analogien auch bei andern arischen Völkern sich finden, wie z. B. der nordische S. in seiner Ausstattung sich ganz zu der entsprechen-^[folgende Seite]