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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Silber

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Silber (Gewinnung auf nassem Weg).

in einem eisernen Kessel a (s. Tafel, Fig. 8: c Züge um den Kessel herum, durch eine Scheidewand d gebildet; e Tragsteine, f Rost, g Aschenfall, h Fuchs) eingeschmolzen, dann einer gleichmäßigen Abkühlung durch Schließen der Schüröffnungen, Aufspritzen von Wasser, Abstoßen der Randkrusten etc. ausgesetzt. Es zeigen sich bei einem gewissen Abkühlungsgrad auf der Oberfläche des Bleies Erhöhungen, hervorgebracht durch Bleikristalle, welche mit einer durchlöcherten Kelle bis zu zwei Drittel oder sieben Achtel ausgeschöpft und in einen Nachbarkessel geschafft werden. Das im Werkblei enthaltene S. sammelt sich dann Größtenteils in der zurückgebliebenen geringen Menge flüssigen Bleies an, während die Kristalle ärmer an S. sind. Dieselben werden deshalb unter Zusatz von Blei mit gleichem Silbergehalt nochmals und so oft umkristallisiert, bis schließlich Armblei (Handelsblei) mit 0,001 Proz. S. erfolgt. Auch das anfangs angereicherte Blei wird durch wiederholte Kristallisation in einer Reihe (Batterie) von Kesseln auf Blei mit etwa 2 Proz. S. (Reichblei) gebracht und dieses dann zum Abtreiben gegeben. Man hat dieses Verfahren durch einen mechanischen Pattinson-Apparat (Pattinsonieren mittels Wasserdampfes; sogen. Rozanprozeß), wirksamer durch den Karsten-Parkesschen Zinkprozeß (1842 von Karsten aufgefunden, 1850 von Parkes ausgeführt) verbessert. Man rührt das Werkblei mit 1-2 Proz. Zink, je nach dem Silbergehalt, gewöhnlich zu drei Malen in einem Pattinsonschen Schmelzkessel zusammen, läßt die Masse einige Zeit in Ruhe, nimmt die an der Oberfläche des Bleies sich sammelnde Zinkkruste (Zinkschaum), welche alles S. enthält, von dem Blei mittels durchlöcherter Kellen hinweg und leitet nach dem Verfahren von Cordurié (1866) in das stets etwas zinkhaltige Blei überhitzten Wasserdampf, welcher das Zink oxydiert und als Krätze oberflächlich abscheidet, während ein sehr reines Arm- oder Handelsblei mit 0,0005 Proz. S. erfolgt, welches im Gegensatz zu dem Pattinsonschen völlig kupferfrei ist, indem das Zink alles Kupfer, auch Gold hinwegnimmt. Dadurch, daß man bei Luftzutritt das Blei durch eingeleiteten Wasserdampf in sprudelnde Bewegung versetzt, läßt sich auch der Antimongehalt des Bleies durch Oxydation abscheiden.

Der silberhaltige Zinkschaum wird zur Entfernung mechanisch beigemengten Bleies entweder in einem Kessel oder in einem Flammofen einer niedrigen Temperatur ausgesetzt, um das Blei auszuseigern, und der geseigerte, aber noch immer bleihaltige Zinkschaum zur Abscheidung des Silbers auf verschiedene Weise behandelt. Zu Lautenthal im Harz erhitzt man den Zinkschaum in gußeisernem Kessel mit Blechhaube zur Rotglut und leitet Dampf von 2 Atmosphären Spannung ein, wodurch Reichblei und ein Gemenge von Bleioxyd und Zinkoxyd mit Körnern von Blei entstehen. Aus dem Gemenge der Oxyde wird nach dem Schnabelschen Verfahren das Zinkoxyd durch Ammoniumcarbonatlösung extrahiert, und darauf werden in die vom ungelösten Bleioxyd getrennte Lösung überhitzte Wasserdämpfe eingeleitet; dadurch destilliert Ammoniumcarbonat ab, und es scheidet sich basisches Zinkcarbonat aus, welches durch Glühen in Zinkoxyd verwandelt wird. Mitunter verschmelzt man auch den Zinkschaum mit eisenreichen Schlacken im Schachtofen auf Reichblei, wobei sich Zink verschlackt oder verflüchtigt, oder man unterwirft den silberhaltigen Zinkschaum einer Destillation, wobei das Zink verdampft und aufgefangen wird, während silberhaltiges Blei zurückbleibt, welches man abtreibt. Die Destillation geschieht entweder (Tarnowitz) in mit einem Innenüberzug ausgekleideten Muffeln in Zinkdestillieröfen (s. Zink) oder nach Balbach in der Retorte eines Kippofens. Fig. 9 und 10: a mit Gewölbe überdeckter Ofen, an den Achsen c aufgehängt auf einem Gerüst; d Zahnrad auf der Achse, in welches eine mittels eines Kurbelrades zu drehende Schnecke b eingreift, so daß man den Ofen neigen kann; e Retorte, auf einem gemauerten Bogen f ruhend; g Öffnung im Gewölbe zum Einfüllen von Koks; h Abzug für die Verbrennungsprodukte; i Rost; k Öffnung für den Retortenhals. Der mit Kohle gemengte Zinkschaum entläßt beim Erhitzen in der Retorte Zinkdämpfe, welche sich in einer Vorlage zu flüssigem Zink kondensieren. Nach beendigter Destillation nimmt man die Vorlage weg, kippt den Ofen und läßt das in der Retorte zurückgebliebene silberreiche Blei ausfließen. Der Parkessche Zinkentsilberungsprozeß ist in neuerer Zeit fast ausschließlich an Stelle des Pattinsonierens getreten.

Von den Silbergewinnungsprozessen auf nassem Weg ist die Amalgamation der älteste. Bei der amerikanischen Haufenamalgamation (Patioprozeß) wird das gepochte und mit Wasser auf Mahlvorrichtungen (arrastras) äußerst fein gemahlene Silbererz auf einem mit Steinplatten gepflasterten Hof (patio) mit Kochsalz (3-5 Proz.) gemischt, worauf man runde Haufen (tortas) bildet, dieselben durch Maultiere durchtreten läßt, dann nach einem Tag mit dem sogen. Magistral (d. h. geröstetem Kupferkies, Kupfersulfat als wesentlichen Bestandteil enthaltend) innig vermischt und zu wiederholten Malen Quecksilber in feinem Regen auf den Haufen fallen läßt, welches wiederum jedesmal von Maultieren durchtreten wird; auf 1 Teil auszubringendes S. sind 6-8 Teile Quecksilber erforderlich. Aus Kupfersulfat und Chlornatrium entsteht Kupferchlorid; dieses zersetzt die Silbererze unter Bildung von Chlorsilber, welches mit Quecksilber Silberamalgam und Quecksilberchlorür bildet, dessen Gehalt an Quecksilber bei dem Patioprozeß verloren geht (auf 1 Teil S. ungefähr 1,3 Teile Quecksilber). Nach 12 bis 45 und mehr Tagen wird der Inhalt des Haufens in Waschbottichen mit Rührwerk und Wasserzufluß verwaschen, das zu Boden gegangene Silberamalgam zur Entfernung des überschüssigen Quecksilbers in Lederbeuteln gepreßt, sodann das feste Amalgam unter einer eisernen, mit glühendem Brennmaterial umgebenen, über Wasser stehenden Glocke erhitzt, wobei S. zurückbleibt und das verflüchtigte Quecksilber sich in dem Wasser kondensiert. Dieses Verfahren erfordert längere Zeit bei großen Quecksilber- und Silberverlusten, ist aber da geboten, wo es an Brennmaterial und maschinellen Vorrichtungen fehlt (Mexiko, Chile, Peru, Bolivia etc.). Erst 1780 begann man in Schemnitz (Ungarn) mit der Gewinnung des Silbers durch Amalgamation, und 1790 kam das mustergültige Amalgamierwerk auf Halsbrücke bei Freiberg in Betrieb, welches bis 1857 bestand. Bei der europäischen oder Freiberger Fässeramalgamation röstete man die Silbererze mit Chlornatrium, um das Schwefelsilber in Chlorsilber überzuführen; die gemahlene und gesiebte Röstmasse wurde dann mit Eisenabfällen und Wasser in um ihre Achse rotierende Fässer gebracht; hierbei wurde das Chlorsilber zersetzt und das gebildete freie S. durch später zugesetztes Quecksilber ausgezogen. In dem silberreichen Distrikt Nordamerikas benutzt man ein Verfahren, welches im Zusammenreiben des Erzes in Mühlen mit eiserner Pfanne und Läufern un-^[folgende Seite]