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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Silurus; Silva

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Silurus - Silva.

schwinden, andernteils in einigen Etagen der Silurformation, namentlich in gewissen Thonschiefer (Graptolithenschiefern) und Kalken, in größter Menge gefunden werden (Graptolithus und Retiolites, s. Tafel "Silurische Formation"). Die Korallenabteilungen der Tabulata und Rugosa sind ebenfalls durch zahlreiche Gattungen und Arten vertreten; den letztern gehört die ausschließlich auf die Silurformation beschränkte Catenipora escharoides Goldf. = Halysites catenularia L. (s. Tafel) an. Mehrere silurische Schichten Norwegens, Schwedens und Rußlands sind fast nur aus Korallenresten zusammengesetzte Kalksteine. Von Stachelhäutern (Echinodermata) findet man Seesterne und Seeigel nur in einigen wenigen Formen; dagegen liefern unter den drei Ordnungen der Liliensterne die der Cystideen und die echten Krinoideen zahlreiche Arten, während die Hauptentwickelung der Blastoideen erst in jüngere Perioden der paläozoischen Formationsgruppe fällt. Unter den Cystideen nennen wir Echinosphaerites aurantium, von den echten Krinoideen (Unterabteilung der Tafellilien, Tessalata) den Hypanthocrinus decorus (s. Tafel). Bei den Weichtieren liegt der Schwerpunkt der Entwickelung während der Silurperiode im schroffen Gegensatz zur Jetztwelt in den Cephalopoden und den Brachiopoden, während unsre Meere fast nur von Muscheltieren und Schnecken bevölkert sind. Von Kopffüßern ist im Silur zwar nur die Familie der Nautileen vertreten, diese aber in sehr zahlreichen Spezies und Individuen. Barrande beschreibt über 1600 Arten, welche alle denkbaren Aufwickelungsformen darstellen (s. den ganz gestreckten Orthoceras und den widderhornartig gebogenen Lituites der Tafel). Zwei Arten der bis zur Periode der Jetztzeit erhaltenen Gattung Lingula und eine Art des auf paläozoische Gesteine beschränkten Geschlechts Pentamerus repräsentieren auf der Tafel die Brachiopoden, Cardiola die Muscheltiere, Bellerophon die Schnecken. Eine Gattung der Flossenfüßer, Tentaculites (s. Tafel), erfüllt gewisse Thonschiefer in ebensolcher Häufigkeit wie die Graptolithen (Tentakulitenschiefer). Die eigentümlichen, oft meterlangen Gebilde der Nereiten (s. Tafel) werden als Gangspuren von Ringelwürmern gedeutet. Die Krebstiere liefern in der Abteilung der Trilobiten für die ältern Formationen äußerst charakteristische Formen, welche von der Dyasformation ab für immer verschwinden. Calymene, Trinucleus, Paradoxides und Ellipsocephalus (s. Tafel) gehören ausschließlich der silurischen Formation an, in welcher der Formenreichtum der Trilobiten kulminiert, um während der Devonperiode schon entschieden abzunehmen, bis die Steinkohlenformation nur noch wenige unansehnliche Arten aufzuweisen hat. Wirbeltierreste kommen nur in der obern Abteilung der Silurformation vor und gehören Knorpelfischen an, deren Flossenstacheln und Schuppen mitunter zu einer förmlichen Knochenlage (Bonebed) aufgehäuft sind.

Eruptives Material ist an vielen Stellen eng mit silurischen Gesteinen verknüpft. Weite, mit der Schichtung vollkommen konkordante Einlagerungen namentlich von Diabasen beweisen die Gleichalterigkeit dieser Gesteine mit den silurischen Bildungen im Harz, in Böhmen, England, Norwegen und Schweden. In gleicher Weise treten anderwärts Diorite und Melaphyre (am Obern See in Amerika), Felsitporphyre und Syenitporphyre (Böhmen, Norwegen) auf, während in Gangform, also von jüngerm Alter als das durchsetzte Silurgestein, Granit, Syenit und Porphyr bekannt sind.

An technisch wichtigen Substanzen ist das Silur reich. In Lager- und Stockform kommen Eisenerze (Roteisenstein in Böhmen und New York, Magneteisen in Thüringen, Spateisenstein in den Alpen, Brauneisen in Nordamerika), Zinkerz (Nordamerika) und Bleiglanz (Nordamerika) vor. Häufig sind Alaunschieferschichten, und die oben erwähnten Anthracitflöze werden in Portugal, Schottland und Irland abgebaut. Steinsalzlager sind in Kanada bekannt, und im Staat New York sowie in Indien entspringen stark gesalzene Solen silurischen Schichten. Von Gängen im Silur seien die Harzer, im Hercyn aufsetzenden Eisen-, Kupfer- u. Silbererzgänge (St. Andreasberg), die Bleiglanzgänge am obern Mississippi und die mit Eruptivgesteinen eng verknüpften Kupfervorkommnisse am Obern See in Nordamerika erwähnt (näheres bei Geologische Formation).

Vgl. Murchison, Silurian system (Lond., 2 Bde.) und die populäre Bearbeitung dieses Werkes unter dem Titel: "Siluria" (5. Aufl., das. 1872); Sedgwick, Synopsis of the classification of the British palaeozoic rocks (mit McCoy, das. 1855); Angelin, Palaeontologia suecica (Lund 1851-54); Kjerulf, Die Geologie des südlichen und mittlern Norwegen (deutsch von Gurlt, Bonn 1880); Murchison, Verneuil und Keyserling, Geology of Russia (Lond. 1845, 2 Bde.); Barrande, Système silurien du centre de la Bohême (Prag 1852-81); Derselbe, Défense des Colonies (das. u. Par. 1861-70); Lipold, Über Barrandes Kolonien (Wien 1863); Kayser, Fauna der ältesten Devonablagerungen des Harzes (Berl. 1879); Reusch, Die Fossilien führenden Schiefer von Bergen in Norwegen (deutsch von Baldauf, Leipz. 1883).

Silurus, Wels.

Silva (sylva, lat.), Wald; Waldgebirge.

Silva, 1) Antonio José de, genannt O Judeu ("der Jude"), portugies. Bühnendichter, geb. 8. Mai 1705 zu Rio de Janeiro als Sohn eines getauften Juden, studierte in Coimbra Rechtswissenschaft, widmete sich dann der Advokatenlaufbahn in Lissabon, wurde 1726 als des Judaismus verdächtig vor das Inquisitionstribunal gefordert und diesmal zwar freigesprochen, aber 1737 von neuem vorgeladen und nach zweijähriger Gefangenschaft zum Tod verurteilt, welcher Spruch 19. Okt. 1739 in feierlichem Autodafee vollstreckt wurde. S. ist der Verfasser einer Anzahl burlesk-komischer Dramen oder Singspiele (vom Volk die "Opern des Juden" genannt), worin er in kerniger, volkstümlicher Sprache und mit genialem Humor mythologische Stoffe und altklassische Fabeln parodiert, aber auch echte altportugiesische Sitten- und Zeitbilder entwirft. Als die bedeutendsten der Stücke sind zu nennen: "Amphytrião", "Don Quixote", "Esopaida", "Guerras de Alecrim e Mangerona". Eine Sammlung derselben enthält das "Theatro comico portuguez" (zuletzt Lissab. 1787-92, 4 Bde.). Vgl. Wolf, Dom A. J. de S., der Verfasser der sogen. Opern des Juden (Wien 1860); David, Les opéras du Juif (Par. 1880).

2) José da, portug. Schriftsteller, geb. 18. Okt. 1820 zu Lissabon, anfangs Journalist, später Oberbibliothekar der Nationalbibliothek, machte sich zuerst durch sein Drama "Os dous renegados" (Lissab. 1839) einen Namen und zeichnete sich später in den verschiedensten Gattungen der Dichtkunst aus. Die Portugiesen betrachten ihn als ihren größten neuern Dramatiker. Für sein bestes Stück gilt "Os homens de marmore" (Lissab. 1854), welches ihm die Mitgliedschaft der Akademie der Wissenschaften eintrug.