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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Stuttgart

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Stuttgart (Beschreibung der Stadt).

sind hervorzuheben: die Stiftskirche (1436-1531 erbaut), mit zwei Türmen; die Leonhardskirche (1470 bis 1491 im gotischen Stil erbaut), mit einem steinernen Kalvarienberg von großem Kunstwert; die Hospitalkirche (1471-93 erbaut), mit vielen Grabmälern (darunter das Reuchlins) und dem Modell der Christusstatue von Dannecker; die prachtvolle, 1865-76 im gotischen Stil von Leins aufgeführte Johanniskirche; die englische Kirche; die neue Garnisonkirche von Dollinger (1879) im romanischen Stil; die alte und die von Egle 1873-79 erbaute neue katholische Kirche und die 1860 im maurischen Stil aufgeführte Synagoge. Von weltlichen Gebäuden sind zu nennen: das Neue Residenzschloß im französischen Renaissancestil (1746-1807 erbaut); das Alte Schloß, in dessen Hof sich das bronzene Reiterstandbild des Grafen Eberhard im Bart (von Hofer) befindet; das 1845-46 umgebaute Hoftheater mit vier ehernen Statuen von Braun; die sogen. Akademie, ein Nebenbau des Schlosses (früher Sitz der Karlsschule, jetzt die königliche Handbibliothek, den königlichen Leibstall, die Schloßwache etc. enthaltend); der im italienischen Stil erbaute Wilhelmspalast; das Kronprinzenpalais, im römischen Palaststil aufgeführt (gegenüber das Denkmal Danneckers); das Palais des Prinzen Hermann von Sachsen-Weimar; das Ständehaus; das Museum der bildenden Künste (1838 bis 1843 im italienischen Palaststil erbaut), mit der Reiterstatue des Königs Wilhelm, von Hofer; der Königsbau (1856 bis 1860 von Leins aufgeführt), mit Läden und der Börse in den untern und mehreren großen Sälen in den obern Räumen; das Rathaus (1456 erbaut); die Gebäude des Staatsarchivs und der Naturaliensammlungen; das Kanzleigebäude; das neue Justizgebäude; der Hauptbahnhof; das neue Postgebäude; das Museum; das 1860-65 von Egle erbaute Polytechnikum; die Blumen- und Gemüsehalle; das Schlachthaus etc.

Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (ein Regiment und 2 Bataillone Infanterie Nr. 119 und 125 und ein Ulanenregiment Nr. 19) auf 125,901 Seelen (gegen 107,289 im J. 1875), darunter 106,282 Evangelische, 16,067 Katholiken und 2568 Juden. Die industrielle Thätigkeit ist nicht unbedeutend. Ganz besonders treten hervor die Bierbrauereien, die Farben-, Pianoforte-, Harmonium-, Kassen-, Möbel-, Parkettboden-, Zigarren-, Chemikalien- und Wagenfabrikation, die Eisen- und Glockengießerei und die Fabrikation von Reiseartikeln. Außerdem gibt es Fabriken für Trikot- und Wollwaren, Baumwollen- u. Wollenzeuge, Teppiche, Leder, Papier, Posamentier- und Kautschukwaren, Parfümerien, Bijouterie-, Glas-, Porzellan-, Gold- und Silberwaren, mechanische und optische Instrumente, Maschinen, Schokolade etc. Der Handelsverkehr, unterstützt durch eine Handels- und Gewerbekammer, eine Börse, durch zahlreiche Banken (darunter eine Reichsbankhauptstelle), viele Wechsel und Geldgeschäfte etc., ist recht bedeutend; im Buchhandel ist S. nach Leipzig sogar der wichtigste Platz in Deutschland. Die Stadt zählt über 100 Buch- und Kunsthandlungen, zahlreiche Buchdruckereien, Schrift- und Stereotypengießereien, litho-, xylo- und photographische Anstalten etc. Alljährlich findet hier eine Buchhändlermesse für Süddeutschland statt. Bekannt sind auch die Tuchmesse sowie die dortigen Hopfen- und Pferdemärkte. Den Verkehr nach außen hin fördern die Linien Bretten-Friedrichshafen und S.-Freudenstadt der Württembergischen Staatsbahn, für welche S. den Knotenpunkt bildet; eine Zahnradbahn führt nach dem auf der Filderebene liegenden, durch seinen guten Rotwein und seinen Obstbau bekannten Dorf Degerloch und weiter nach Hohenheim; den Verkehr in der Stadt und mit der nächsten Umgebung vermitteln zwei Pferdebahnlinien. An Wohlthätigkeitsanstalten besitzt S. das Bürgerhospital, das Armenhaus, die Olgaheilanstalt, die Paulinenhilfe (orthopädische Heilanstalt), die Nikolauspflege für blinde Kinder, die Paulinenpflege etc. sowie mehrere Wohlthätigkeits- und zahlreiche andre gemeinnützige Vereine. Unter den Bildungsanstalten steht das Polytechnikum (Wintersemester 1888-89: 248 Studierende) obenan. Außerdem befinden sich in S. eine Baugewerk-, eine Kunst- und eine Kunstgewerbeschule, ein Konservatorium, eine höhere Handels-, eine Tierarznei- und eine Landes-^[folgende Seite]

^[Abb.: Karte der Umgebung von Stuttgart]