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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Taberistan - Täbris.

mäßig viel Kraft verzehren, und daß sie, um mit Sicherheit praktisch verwertet zu werden, ebenso sorgfältig aufgestellt wie vorsichtig benutzt sein wollen.

Taberistan (Tabaristan), Landschaft im nördlichen Persien, den gebirgigen Südosten der Provinz Masenderan umfassend, das Land der Tapuri im alten Hyrkanien, hat schönes, die Viehzucht begünstigendes Weideland, viel dichten Wald und Wild, zahlreiche kleine Flüsse und ein angenehmes Klima. Das Mineralreich liefert besonders Schwefel. Die teils ansässigen, teils nomadisierenden Einwohner bekennen sich zum Islam.

Tabernacŭlum (lat., Tabernakel), s. v. w. Sakramentshäuschen. In der lateinischen Bibelübersetzung heißt T. die Stiftshütte der Israeliten, daher bei Methodisten s. v. w. Bethaus.

Tabernaemontāna Arn., Gattung aus der Familie der Apocynaceen, Sträucher oder Bäume mit gegenständigen, ganzen Blättern, zu zweien endständigen, weißen oder gelben, wohlriechenden Blüten und fleischigen, wenigsamigen Früchten. Viele in den Tropen weitverbreitete Arten. T. utilis Arn. (Milchbaum von Demerara, Hya-Hya), ein Baum Guayanas von 9-12 m Höhe, mit grauer, etwas rauher Rinde, aus welcher bei Verletzungen eine weiße Milch fließt, die von der des Kuhbaums (s. Galactodendron) wesentlich verschieden ist, aber, wie diese, als nahrhaftes, wohlschmeckendes Getränk benutzt werden kann und frei von aller Schärfe ist. T. dichotoma Roxb. (Evaapfelbaum), ein immergrüner Baum Ceylons mit wohlriechenden Blüten und an fadenförmigen Zweigen hängenden, sehr giftigen Früchten, welche Äpfeln ähneln, aus denen ein Stück herausgebissen ist. T. coronaria W., mit großen, weißen, sehr wohlriechenden Blüten, aus Ostindien stammend, wird als Zierpflanze kultiviert.

Tabérne (lat., auch Taferne), Wirtshaus, namentlich Weinschenke; seltener Herberge.

Tābes (lat.), Auszehrung, Schwindsucht, besonders Rückenmarksschwindsucht (s. d.); T. meseraica, tuberkulöse und käsige Zerstörung des Darms und der Gekrösdrüsen.

Tableau (franz., spr. tabloh), Gemälde; wirkungsvoll gruppiertes Bild (namentlich im Schauspiel); auch s. v. w. übersichtlich angeordnete Darstellung. Tableaux vivants, lebende Bilder (s. d.).

Table de marbre (franz., "Marmortafel"), in Frankreich ehemals Name des Marschalls-, Admiralitäts- und besonders des Oberforstgerichts; früher auch Name der Bühne, auf welcher die Clercs der Bazoche (s. d.) ihre Theatervorstellungen gaben.

Table d'hôte (franz., spr. tabl doht), "Wirtstafel" in einem Gasthaus (Hotel) mit festem Preis für das Gedeck, an welcher die Gäste gemeinschaftlich teilnehmen, ohne sich die Speisen auswählen zu können.

Tablette (franz.), Täfelchen; Schreibtafel; Büchergestellchen; Präsentierteller. Tabletterie, kleine Artikel der Kunsttischlerei, wie Kästchen, kleine Schränke, Kartenpressen, Damenbretter u. dgl., Gegenstand einer namentlich in Wien, Nürnberg, Fürth, Berlin, Dresden, Prag etc. vertretenen Industrie.

Tablīnum (lat.), der Teil des altrömischen Hauses, welcher sich zwischen dem Atrium und dem hintern Raum (Peristylium) befand und meistens dem Herrn zum Geschäftszimmer diente. S. Tafel "Baukunst VI", Fig. 4.

Tabōga, Insel im Golf von Panama (Zentralamerika), 30 km südlich von der Stadt Panama, ist etwa 6 km lang, dicht bewaldet und hat 1568 Einw., die Perlenfischerei treiben.

Taboleira (Platte, Tischplatte), in Brasilien Name der kaum merklich wellenförmigen, zugleich vorherrschend dürren Ebenen, welche den Mesas in den Llanos von Venezuela entsprechen.

Tabor, in der türk. Armee das Infanteriebataillon, im Kriegsetat etwa 830 Köpfe stark; 3 Tabors bilden 1 Regiment und 8 Kompanien (Bölük) 1 T.

Tabor (vom türk. thâbûr, "Lager"), bei den Tschechen übliche Bezeichnung für Volksversammlung.

Tabor (Atabyrius mons, arab. Dschebel Tûr), Berg in Palästina, 9 km südwestlich von Nazareth, ein 650 m hoher stumpfer Kegel, nach der (irrigen) Tradition der Berg der Verklärung Christi. Am T. schlug Barak den Kanaaniter Sissera (Richter 4, 6 ff.); Antiochos d. Gr. fand 218 v. Chr. eine Stadt T. auf dem Gipfel des Bergs; 53 n. Chr. wurde hier von den Römern unter Gabinius den Juden eine Schlacht geliefert. Später ließ Josephus den T. befestigen, ebenso 1212 Melek el Adil, der Bruder Saladins; im April 1799 siegte hier General Kléber über die englisch-türkische Armee. Heutzutage befinden sich auf dem Gipfel zwei (nicht alte) Klöster.

Tabor, Stadt im südöstlichen Böhmen, auf steiler, von der Luschnitz umflossener Anhöhe, 460 m ü. M., am Kreuzungspunkt der Staatsbahnlinien Wien-Prag und Iglau-Pisek, hat eine Bezirkshauptmannschaft, ein Kreisgericht, eine Finanzbezirksdirektion, ein Oberrealgymnasium, eine landwirtschaftliche Lehranstalt, eine Dechanteikirche und ein Rathaus (mit Museum), beide aus dem 16. Jahrh., mittelalterliche Stadtmauern mit Türmen, eine neue Synagoge, ein Theater, hübsche Anlagen, eine Badeanstalt, eine Sparkasse (2 Mill. Gulden Einlagen), eine ärarische Tabaksfabrik, Bierbrauerei, Malzfabrik, Gerberei, Kunstmühlen, starken Vieh- und Getreidehandel und (1880) 7413 Einw. Den Marktplatz schmückt seit 1877 ein Denkmal Ziskas. Die Stadt steht an der Stelle der uralten Festung Kotnow, deren malerische Trümmer noch vorhanden sind, und wurde 1420 von den Hussiten unter Ziska als verschanztes Lager (Tábor) erbaut.

Tabora, großer Markt der arabischen Sansibarhändler, südlich vom Ukerewesee, unter 5° südl. Br. und 33° östl. L. v. Gr., die vielbesuchte Zwischenstation aller Reisenden, welche von Sansibar westwärts nach Innerafrika gehen.

Taborīten, Partei der Hussiten (s. d.), welche sich nach der Hussitenfeste Tabor (Kotnow) benannte und in politischer wie religiöser Hinsicht radikale Tendenzen verfolgte, selbst aber wieder in zahlreiche Sekten zerfiel. Gemeinsame Forderungen derselben waren die Anerkennung der individuellen Überzeugung auf Grund der Heiligen Schrift und eine republikanische Verfassung ohne Unterschied der Stände u. des Eigentums. Ausartungen waren die Adamiten (s. d.) und Picarden (s. d.). Der niedere Adel, die Bürgerschaft der Städte und die Masse des Landvolkes schlossen sich meist den T. an. Ihre Führer waren Nikolaus von Pistna (Hus) und Ziska, dann die beiden Prokope. Im Kampf gegen die deutschen Kreuzheere zeigten sie sich tapfer und unüberwindlich; war die Gefahr vorbei, so wandte sich ihr Haß gegen die Gemäßigten (Kalixtiner), und sie verheerten Böhmen und die Nachbarländer durch Plünderungszüge, bis sie durch die gemäßigte Partei in der Schlacht bei Böhmisch-Brod 30. Mai 1434 vernichtet wurden. Vgl. Krummel, Utraquisten und T. (in der "Zeitschrift für historische Theologie" 1871); Preger, Über das Verhältnis der T. zu den Waldesiern (Münch. 1887).

Täbris, Stadt, s. Tebriz.