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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Thee, mongolischer - Thefillin.

Der T. unterliegt manchen Verfälschungen, besonders in Kanton (daher die Handelsbezeichnung Canton made im Gegensatz zu Country), aber auch in Europa. Sehr gebräuchlich ist die Färbung des grünen Thees mit Berliner Blau, Indigo, Kurkuma und das Bestäuben (Glasieren) mit Gips; in England verfälscht man den T. mit Blättern von Schlehdorn, Ulme, Esche, Weidenröschen etc.; auch wird sehr häufig schon einmal benutzter T. mit Katechu etc. wieder aufgefrischt. Bis zu Beginn der 70er Jahre lieferte China fast ausschließlich T. für den Weltmarkt, dann begann Japan sich zu beteiligen, und bald nachher trat Ostindien mit so bedeutenden Quantitäten auf, daß die monopolistische Stellung Chinas wesentlich geschwächt ist. China exportierte 1885: 1,618,404 Pikuls schwarzen, 214,693 grünen T., 280,112 Ziegelthee und 15,505 Staubthee, im ganzen 2,128,714 Pikuls = 128,7 Mill. kg im Wert von 173 Mill. Mk. Dazu kommt die chinesische Theeausfuhr nach Sibirien und nach der Mongolei, so daß sich die Gesamtausfuhr für 1885 auf 138,7 Mill. kg berechnet. Man nimmt an, daß die Ausfuhr etwa ein Drittel der Produktion beträgt. Außerdem lieferten für den Weltmarkt: Britisch-Ostindien 31,2, Japan 16 (?), Java und Madura 2,4 (?), Ceylon und andre Gebiete 1,8 Mill. kg. Der Gesamtexport beträgt 190,1 Mill. kg gegen 120 im J. 1872. Der Theeverbrauch beträgt in einem Jahr pro Kopf der Bevölkerung in:

^[Liste]

Austral. Kolonien 3,47 kg Portugal 0,05 kg

Großbritannien 2,16 - Schweiz 0,05 -

Kanada 1,67 - Norwegen 0,04 -

Vereinigte Staate. 0,59 - Deutschland 0,03 -

Niederlande 0,48 - Schweden 0,01 -

Dänemark 0,17 - Österreich 0,01 -

Europ. Rußland 0,17 - Belgien 0,01 -

[Kulturgeschichtliches.] Der Gebrauch des Thees ist in China sehr alt. Ein buddhistischer Heiliger soll im frommen Eifer das Gelübde gethan haben, sich des Schlafs zu enthalten. Da ihn derselbe endlich doch überwältigte, so schnitt er zur Sühne seine Augenlider ab und warf sie auf die Erde; aus ihnen erwuchs die schlafverscheuchende Theestaude. Dieser Heilige lebte angeblich im 6. Jahrh. Doch ist bekannt, daß der T. schon früher medizinisch benutzt wurde. Am Ende des 8. Jahrh. war derselbe in China schon besteuert, und um diese Zeit haben chinesische Bonzen den Strauch nach Japan verpflanzt, wo er bald ebenso wie in China verbreitet wurde. Hier trinkt man ihn allgemein, wenn auch der Ärmere sich mit Surrogaten behilft, die auf dem Feld wild wachsen. Wie es scheint, hat der Mangel an gutem Trinkwasser die Sitte des Theetrinkens sehr befördert; doch hat der T. jedenfalls auch in seiner Eigenschaft als narkotisches Genußmittel sich zahlreiche Freunde erworben. In Asien verbreitete sich die Sitte des Theetrinkens im 15. Jahrh.; die Araber, welche seit dem 9. Jahrh. mit China Handel trieben, beschrieben den T. unter dem Namen Scha, entsprechend dem chinesischen Namen Tscha, welcher in Fukian Tiä (daher T.) lautet. Europa erhielt die erste Nachricht vom T. 1559 durch die Portugiesen und Holländer, Maffei erwähnt ihn 1588 in seiner "Historia indica", und 1610 brachten die Holländer in Bantam von chinesischen Kaufleuten erstandenen T. auf den Markt. 1635 soll T. zuerst nach Paris gekommen sein; drei Jahre später erhielt ihn Rußland auf dem Landweg, indem russische Gesandte ihn als Geschenk für den Zaren mitbrachten. 1650 wurde der T. in England bekannt, und zehn Jahre später trank man ihn als kostbares Getränk in Londoner Kaffeehäusern. 1665 brachte Lord Arlington den ersten T. direkt aus Ostindien, während die frühern Sendungen durch Holländer und andre Vermittler geschehen waren. Die Sitte des Theetrinkens machte indes zunächst langsame Fortschritte, zumal bald viele Feinde derselben auftraten, welche den Genuß des Thees wie den des Kaffee bekämpften. Dagegen rühmten wieder andre (Molinari 1672, Albinus 1684, Pechlin 1684, Blankaart 1686, Blegna 1697) den T. auf das lebhafteste, und besonders Bontekoe, welcher Leibarzt des Kurfürsten von Brandenburg war, veröffentlichte 1667 eine Lobrede auf den T. voll arger Übertreibungen. Er machte den T. zuerst in Deutschland bekannt. Solange der T. Monopol einzelner Kompanien war und hoch besteuert wurde, blieb der Verbrauch beschränkt. Noch 1820 erhielten Europa und Nordamerika nur 32 Mill. Pfd., wovon drei Viertel auf England entfielen. Seitdem hat sich durch Verminderung der Zölle und Aufhebung des Monopols der Ostindischen Kompanie der Verbrauch ungemein vergrößert. Wirklich zur Volkssitte ist das Theetrinken aber nur bei Holländern und Engländern geworden, durch welche es auch nach den Kolonien verpflanzt wurde. Sonst ist der Theekonsum nur noch in Rußland, Skandinavien und den Küstengegenden des mittlern Europa von Bedeutung, in den übrigen Ländern hat die Sitte nur in den Städten und den höhern Schichten der Bevölkerung Eingang gefunden. 1825 entdeckte Bruce die Theepflanze in Assam, und zehn Jahre später wurden die ersten Regierungspflanzungen gegründet und diese 1839 an die Assam Tea Company abgetreten. 1851 betrug der indische Export nur 262,839 Pfd., seit 1861 aber nahm derselbe einen rapiden Aufschwung. Auf Java datiert die Theekultur seit 1825, und elf Jahre später kam der erste Javathee nach Amsterdam. In Brasilien begann man 1812 mit dem Theebau, ohne indes besonders gute Resultate zu erzielen; die Versuche in Nordamerika begannen etwa 1848 in Südcarolina und Tennessee. In Europa wurde die erste Theestaude 1658 von Jonquet in Paris gepflanzt, in Südeuropa hält sie im Freien aus, und in Hohenheim bei Stuttgart überstand sie sogar den harten Winter von 1784. In Frankreich, Portugal, Kleinasien, auf St. Helena, Bourton und am Kap ist der Theebau ohne wesentlichen Erfolg versucht worden. Vgl. Jacobson, Handbuch der Theekultur (in holländ. Sprache, Batav. 1844); Bruce, Report on the manufacture of teas (Lond. 1849); Ball, Cultivation and manufacture of tea in China (das. 1848); Fries, Darstellung der Theekultur und des Theehandels in China (Wien 1878); Money, Cultivation and manufacture of tea (4. Aufl., Lond. 1888); Schwarzkopf, Der T., Bestandteile etc. (Halle 1881); Feistmantel, Die Theekultur in Britisch-Ostindien (Prag 1888).

Thee, mongolischer, s. Saxifraga.

Thee von New Jersey, Ceanothus.

Theebaum, weißer, s. Melaleuca.

Theeheide, s. Gaultheria.

Theekraut, mexikanisches, s. Chenopodium.

Theemaschine, s. Samowar.

Theer, s. Teer.

Thefillin (hebr., Gebetriemen, griech. Phylakterien, nach Luthers Übersetzung, Matth. 23,5, "Denkzettel"), bei den Juden Pergamentstreifen, mit Bibelsprüchen (5. Mos. 6,4-9; 11,13-21; 2. Mos. 13,1-16) beschrieben, die, in zwei würfelförmige Kapseln gelegt, beim werktägigen Morgengebet an die Stirn und an den linken Arm dem Herzen gegenüber mit ledernen Riemen gebunden werden, um anzudeuten, daß man Gedanken und Herz auf Gott