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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Theomantie; Theon; Theophanes; Theophanie; Theophano

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Theomantie - Theophano.

lichen Kunst und Sitte in den ersten Jahrhunderten, die Darstellung des christlichen Lebens in den verschiedenen Zeitaltern, die Missionsgeschichte und die Ketzergeschichte. Die kirchliche Statistik endlich ist die Darstellung des gegenwärtigen Zustandes der äußern und innern Lage der Kirche in den verschiedenen christlichen Ländern. Unter der systematischen T. begreift man die wissenschaftliche Darstellung der christlichen Lehre, sowohl nach dem Glauben als nach dem ihm entsprechenden sittlichen Leben. Die Dogmatik (s. d.) oder Glaubenslehre bildet eigentlich den Mittelpunkt der T., indem in ihr die Resultate der exegetischen und historischen T. zu einem geordneten Ganzen verbunden werden. Als besondere Bestandteile gehören ihr an: die Apologetik, die Polemik und deren Gegensatz, die Irenik. Die christliche Moral oder Sittenlehre hatte früher als besondere Disziplinen neben sich die Kasuistik und die Asketik. Die praktische T. würde, falls sich die oben angeregte Auseinandersetzung der theologischen mit der philosophischen Fakultät vollziehen ließe, ganz außerhalb der Universitätsstudien fallen und Sache kirchlicher Seminare werden, sofern sie die Theorie von Kirchenleitung und Kirchendienst darstellt. Auch sie umfaßt mehrere besondere Disziplinen, namentlich die Katechetik, Liturgik, Homiletik, Pastoraltheorie und unter Umständen das Kirchenrecht; wir verweisen auf die betreffenden Artikel.

Theologische Encyklopädie heißt diejenige Disziplin, welche den gesamten Organismus der theologischen Wissenschaften darzustellen und in denselben einzuführen hat. Die neuesten Werke sind: Hofmann, Encyklopädie der T. (hrsg. von Bestmann, Nördling. 1879; Hagenbach, Encyklopädie und Methodologie der theologischen Wissenschaften (11. Aufl., hrsg. von Kautzsch, Leipz. 1884); Rothe, Theologische Encyklopädie (hrsg. von Ruppelius, Wittenb. 1880); Räbiger, Theologik oder Encyklopädie der T. (Leipz. 1880); Zöckler u. a., Handbuch der theologischen Wissenschaften (3. Aufl., Nördling. 1889 ff., 4 Bde.). Lexikalische Hilfsmittel: Herzogs "Realencyklopädie für protestantische T. und Kirche" (2. Aufl., Leipz. 1876-88, 18 Bde.); Holtzmann und Zöpffel, Lexikon für T. und Kirchenwesen (2. Aufl., Braunschw. 1888); Meusels "Kirchliches Handlexikon" (Lpz. 1885 ff.); Zellers "Theologisches Handwörterbuch" (Kalw 1889 ff.); katholischerseits: Wetzer und Weltes umfangreiches "Kirchenlexikon" (2. Aufl. von Hergenröther und Kaulen, Freiburg 1880 ff.) und Schäflers "Handlexikon der katholischen T." (Regensb. 1880-88, 3 Bde.).

In den ersten Jahrhunderten war die T. wesentlich Exegese, zuerst des Alten, dann auch des Neuen Testaments; in dieser Beziehung unterschieden sich namentlich die Alexandrinische (s. d.) und die Antiochenische Schule (s. d.). Seit dem 3. und noch mehr seit dem 4. Jahrh. trat die Dogmatik in den Mittelpunkt der T., während zugleich durch den herrschenden Gebrauch, auf Konzilen Glaubensgesetze aufzustellen, die Freiheit der theologischen Forschung gehemmt wurde. Später trat die Macht der Päpste an die Stelle der Konzile. Nachdem so das Dogma durch die Hierarchie festgestellt war, fand die scholastische T. (s. Scholastiker) ihre Aufgabe in der Durchbildung des Lehrbegriffs im einzelnen, namentlich aber in dem Nachweis seines innern Zusammenhanges und in der philosophischen Begründung der Kirchenlehre. Erst gegen Ende des 14. Jahrh. beginnt eine durchgreifende, auf das Wesen des Christentums zurückgehende Reformation der T. mit Wiclef, die durch Huß, aber auch durch seine Gegner, die nominalistischen Theologen Frankreichs, fortgesetzt, durch die Reformatoren vollendet und praktisch ins Werk gesetzt wurde. Von diesem Zeitpunkt an durchläuft die theologische Wissenschaft, als die Schöpferin einer neuen Kirche, neue Phasen. Die Reformation brachte der evangelischen T. zunächst Freiheit der Forschung dadurch, daß sie die Herrschaft und die Macht der bloßen Autorität über die Geister brach und die Heilige Schrift als alleinige Erkenntnisquelle hinstellte. Im Gegensatz gegen die neue Fessel, als welche nun der Schriftbuchstabe in der zu einer zweiten Scholastik erstarrten protestantischen T. des 17. Jahrh. auftrat, regte sich mit Erfolg das teils philosophisch fortgeschrittenere, teils historisch geschultere Bewußtsein des 18. Jahrh., während das 19., besonders in Schleiermacher, mit der philosophischen und historischen Unbefangenheit auch wieder eine tiefere Würdigung des Wesens der Religion und der Interessen der Kirche zu verbinden wußte. Gleichwohl ließen die restaurativen Tendenzen, welche zeitweilig im Staate, dauernd in der Kirche die Herrschaft gewannen, es kaum zur Bildung einer eigentlich freien, die Grundlage und Methode der übrigen Wissenschaften teilenden T. kommen. Vgl. Holtzmann, Über Fortschritte und Rückschritte der T. unsers Jahrhunderts (Straßb. 1878); Dorner, Geschichte der protestantischen T. (Münch. 1867); Werner, Geschichte der katholischen T. (2. Aufl., das. 1889).

Theomantie (griech.), im Altertum die Wahrsagung zukünftiger Dinge durch göttliche Eingebung, die weder an einen bestimmten Ort noch an eine bestimmte Zeit geknüpft war, meist bei Privatangelegenheiten stattfand und sich vom Orakel (s. d.) ebenso wie von der Weissagung aus Opfern unterschied.

Theon, 1) T. von Smyrna, griech. Philosoph um die Mitte des 2. Jahrh. n. Chr., verfaßte ein für die Kenntnis der altgriechischen Arithmetik wichtiges Werk über die zum Verständnis des Platon nötigen mathematischen, musikalischen und astronomischen Sätze (hrsg. von Hiller, Leipz. 1878).

2) T. von Alexandria, griech. Mathematiker und Astronom, gegen Ende des 4. Jahrh. n. Chr. in Alexandria lebend, Vater der Hypatia (s. d.), schrieb unter anderm Kommentare zu Eukleides und Ptolemäos. Seine Schriften gab Halma (Par. 1821-23, 2 Bde.) mit französischer Übersetzung heraus.

3) Älios, aus Alexandria, griech. Rhetor des 5. Jahrh. n. Chr., ist Verfasser einer trefflichen Anleitung, sogenannter "Progymnasmata" (hrsg. von Finckh, Stuttg. 1834, und in den "Rhetores graeci" von Walz und von Spengel).

Theophanes, mit dem Beinamen Isauricus oder Confessor, byzantin. Geschichtschreiber, geb. 758 zu Konstantinopel, bekleidete daselbst mehrere Hofämter, ward dann Vorsteher eines Klosters in Bithynien, aber als Bilderverehrer von Kaiser Leo III. verbannt und starb 817 in Samothrake. Er verfaßte eine "Chronographia" (hrsg. von Classen und Becker, Bonn 1839-41, 2 Bde.; von Boor, Leipz. 1883-85, 2 Bde.).

Theophanie (griech., "Gotteserscheinung"), in der christlichen Kirche s. v. w. Epiphania (s. d.).

Theophano (Theophania), Kaiserin, Tochter des oström. Kaisers Romanos II. und der berüchtigten Theophano, welche 963 Romanos und 969 ihren zweiten Gemahl, Nikephoros Phokas, ermorden ließ, geb. 960, ward 972 mit dem jungen Kaiser Otto II. in Rom vermählt. Sie war eine Frau von hoher Schönheit, starkem Geist und feiner Bildung, erlangte