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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tissot; Tissotgummi; Tisza; Tisza-Eszlár; Tisza-Füred; Titan; Titān

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Tissot - Titan.

richtet, der Überdruck in gewöhnlicher Weise (s. Typolithographie) gemacht und dieser mit einer Mischung von rektifiziertem Holzessig, Salzsäure und Alkohol so lange geätzt, bis die erforderliche Tiefe erlangt ist, wobei die Zeichnung während des Tieferätzens an den Seiten durch Firnislagen vor dem Unterfressen durch das Ätzwasser geschützt werden muß.

Tissot (spr. -sso), 1) Simon (Samuel) André, Arzt, geb. 20. März 1728 zu Grancy bei Lausanne, studierte in Genf und Montpellier, ließ sich als Arzt in Lausanne nieder, leitete 1780-83 die Klinik in Pavia und starb 15. Juni 1797 in Lausanne. Von seinen Schriften (Laus. 1783-95, 15 Bde.; Par. 1809, 8 Bde.; deutsch, Leipz. 1784, 7 Bde.) sind besonders die populären hervorzuheben: "L'onanisme" (Laus. 1760, fast in alle europäischen Sprachen übersetzt) und "Avis au peuple sur sa santé" (das. 1761). Vgl. Eynard, La vie de S. A. T. (Par. 1839).

2) Pierre François, franz. Schriftsteller, geb. 10. März 1768 zu Versailles, ein eifriger Revolutionär und später ein Parteigänger Napoleons, widmete sich seit 1799 ganz der Litteratur, hielt seit 1810 am Collège de France vielbesuchte Vorlesungen über lateinische Poesie, welche 1821 verboten wurden, schrieb unter der Restauration für die Tagesblätter: "Constitutionnel", "Minerve", "Pilote", "Gazette de France", von denen er letzteres auch dirigierte, nahm 1830 seine Vorlesungen wieder auf, erhielt 1833 einen Sitz in der Akademie und starb 7. April 1854. Seinen zahlreichen Schriften fehlte es weder an der eleganten Form noch an bedeutendem Inhalt; nur leiden sie öfters an Oberflächlichkeit. Am meisten gerühmt werden seine "Études sur Virgile, comparé avec tous les poètes épiques et dramatiques des anciens et des modernes" (Par. 1825-30, 4 Bde.; 2. Aufl. 1841, 2 Bde.). Außerdem schrieb er: "Bucoliques de Virgile, traduites en vers" (1800); "Trophées des armées françaises depuis 1792 jusqu'en 1815" (1819, 6 Bde.); "De la poésie latine" (1821); "Poésies érotiques" (1826, 2 Bde.); "Souvenirs historiques sur Talma" (1826); "Histoire complète de la Révolution française" (1833-36, 6 Bde.); "Histoire de Napoléon" (1833, 2 Bde.) u. a. Die "Mémoires de Carnot" gab er nach dessen Manuskripten heraus (1824).

3) Victor, franz. Schriftsteller, geb. 1845 zu Freiburg in der Schweiz, war längere Zeit Hauptredakteur der "Gazette de Lausanne" und ließ sich 1874 in Paris nieder. Von hier aus bereiste er Deutschland und Österreich und veröffentlichte über diese Länder seine in Frankreich von der Lesewelt verschlungenen Schmähschriften: "Voyage au pays des milliards" (1875), "Les Prussiens en Allemagne" (1876) und "Voyage aux pays annexées" (1876) sowie "Vienne et la vie viennoise" (1878), denen sich später anschlossen: "Les mystères de Berlin" (1879), "Voyage au pays des Tziganes" (1880), "La Russie rouge" (Roman, 1880), "L'Allemagne amoureuse" (1884), "La police secrète prussienne" (1884), "De Paris à Berlin" (1886) u. a.

Tissotgummi (Dextringummi), s. Dextrin.

Tisza (spr. tissa), 1) Koloman T. von Borosjenö, ungar. Staatsmann, geb. 16. Dez. 1830 zu Geszt im Biharer Komitat aus einer reichbegüterten adligen calvinistischen Familie, studierte die Rechte und ward 1855 zum Hilfskurator des Szalontaer helvetischen Kirchendistrikts gewählt. Er trat bei der durch das Protestantenpatent vom 1. Sept. 1859 hervorgerufenen Bewegung zuerst als öffentlicher Redner auf, ward 1861 für Debreczin Mitglied des Reichstags, schloß sich hier der Beschlußpartei an und übernahm 1865 mit Ghyczy die Führung des linken Zentrums, bildete jedoch 1875, als die Deákpartei infolge persönlicher Zerwürfnisse und der finanziellen Verwirrung zerfiel, eine neue "liberale Partei" aus dem größten Teil der Deákpartei und dem linken Zentrum, welche, da sie die Majorität besaß, die Regierung übernahm. T. trat in das neue Ministerium Wenkheim ^[richtig: Wenckheim (= Béla Wenckheim, 1811-1879)] als Minister des Innern ein, übernahm aber 21. Okt. 1875 nach dem glänzenden Sieg der neuen Partei bei den Reichstagswahlen den Vorsitz im Kabinett, welches er mit staatsmännischem Geschick leitete. Er verstand es mit großer Geschicklichkeit, die Ungarn für den neuen Ausgleich mit Österreich günstig zu stimmen, die Besorgnisse und Klagen über die Orientpolitik Andrássys zu beschwichtigen, die Abneigung gegen die Okkupation Bosniens zu vermindern und die Mehrheit des Reichstags immer wieder um sich zu scharen. Hierdurch erlangte er auf die Politik der Gesamtmonarchie großen Einfluß und freie Hand für die rücksichtslosen Maßregeln zur Magyarisierung Ungarns, welche zu den schreiendsten Ungerechtigkeiten, so gegen die siebenbürgischen Sachsen, führten. Bei allen Neuwahlen behauptete er die Mehrheit, und selbst die Finanzschwierigkeiten erschütterten seine Stellung nicht. Im Februar 1887 vertauschte er selbst das Innere mit dem Finanzportefeuille. Vgl. Visi, Koloman T. (Budapest 1886).

2) Ludwig, Graf T. de Szeged, Bruder des vorigen, geb. 12. Sept. 1832 zu Geszt, ward 1861 Mitglied des Reichstags, 1867 Obergespan des Biharer Komitats, 1871-73 Kommunikationsminister, nach der Katastrophe von Szegedin (1879) zum königlichen Kommissar für dessen Wiederaufbau ernannt und nach der Vollendung desselben 1883 in den Grafenstand erhoben.

Tisza-Eszlár (spr. tíssa-éßlar), Großgemeinde im ungar. Komitat Szábolcs, an der Theiß, mit (1881) 2175 meist ungar. Einwohnern, bekannt durch den im Sommer 1883 geführten Prozeß gegen mehrere jüdische Einwohner, die beschuldigt wurden, ein Christenmädchen, Esther Solymossy, 1. April 1882 rituell geschlachtet zu haben; die Angeklagten wurden 3. Aug. 1883 vom Gericht in Nyiregyháza freigesprochen.

Tisza-Füred (spr. tissa-), Markt im ungar. Komitat Heves, unweit der Theiß, mit reform. Pfarrei, (1881) 6846 ungar. Einwohnern und regem Gewerbfleiß, erlangte als einziger Übergangspunkt an der obern Theiß im J. 1849 strategische Wichtigkeit.

Titan, Beiname des Helios (s. Titanen).

Titān Ti, Metall, findet sich mit Sauerstoff verbunden (Titansäureanhydrid) als Rutil, Anatas und Brookit, welche drei Mineralien aus Titansäureanhydrid bestehen, aber ungleiche Kristallgestalt besitzen, ferner als titansaures Eisenoxydul mit Eisenoxyd im Titaneisenerz, als titansaurer Kalk im Perowskit, als titansaurer Kalk mit kieselsaurem Kalk im Titanit, in geringer Menge in vielen Silikaten, in den meisten Eisenerzen, im Basalt und andern Felsarten, in der Ackererde und in den Meteorsteinen. Aus Fluortitankalium durch Kalium abgeschieden, bildet T. ein dunkelgraues, schwer schmelzbares Pulver, welches beim Erhitzen an der Luft mit großem Glanz verbrennt und sich leicht in erwärmter Salzsäure löst; das Atomgewicht ist 50,25. Von seinen Oxyden ist Titansäureanhydrid TiO2 ^[TiO_{2}], welches auch künstlich in den drei Formen, in denen es in der Natur vorkommt, dargestellt werden kann, am wichtigsten. T. wurde 1789 von Gregor im Titaneisenerz entdeckt.