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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Tongern; Tongeschlecht; Tongking

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Tongern - Tongking.

(3,2 QM.) große Eua und die bedeutendste aller Inseln, Tongatabu, 430 qkm (7,8 QM.) mit ca. 9000 Einw. Die Zahl der Einwohner betrug 1884: 22,937, darunter 350 Engländer, 63 Deutsche, 13 Amerikaner, 11 Franzosen. Die Tonganer (22,000) gehören zu den Polynesiern (s. Tafel "Ozeanische Völker", Fig. 22) und übertreffen an Bildungsfähigkeit die meisten Bewohner der benachbarten Inselgruppen. Sie treiben sorgfältigen Landbau, sind geschickte und unternehmende Seeleute und beweisen bei dem Bau ihrer Häuser und Boote wie bei der Verfertigung ihrer Gerätschaften, Waffen (Keulen, Bogen und Pfeile) und Kleider (Stoffe aus Papiermaulbeerbaum) ziemliche Kunstfertigkeit. Sie sind jetzt zum Christentum bekehrt. Schon 1797 kamen Missionäre aus London auf Tongatabu an, drei wurden ermordet, die andern kehrten zurück; seit 1822 siedelten sich Methodisten an. Auf den südlichen Inseln haben französische Missionäre dem Katholizismus Eingang verschafft. Etwa 5500 Kinder besuchen Schulen; von höhern Bildungsanstalten existieren eine Industrieschule und ein Gymnasium. Die ganze Gruppe bildet seit Anfang dieses Jahrhunderts ein einheitliches Reich unter einem König, dem eine gesetzgebende Versammlung zur Seite steht. Residenz des Königs und Sitz der Regierung ist Nukualofa auf Tongatabu. Am 1. Nov. 1876 schloß König Georg I. einen Freundschaftsvertrag mit dem Deutschen Reich. Die Gruppe gehört zum Bezirk des deutschen Konsuls in Apia. Der Handel befindet sich zum großen Teil in den Händen der Deutschen Handels- und Plantagengesellschaft, welche die meisten Waren von Apia einführt. Die Einfuhr (Baumwoll- und Wollwaren, Eisenwaren, Getreide, Bauholz, Konserven etc.) betrug 1887: 3,171,553 Mk., davon deutsch 1,181,300, englisch 1,691,864 Mk., die Ausfuhr (Kopra und etwas Kaffee, Schwämme, Wolle) 3,148,933 Mk., davon deutsch 2,377,384, englisch 704,160 Mk. Der englische Handel wächst auf Kosten des deutschen. Die Inselgruppe wurde 1887 besucht von 74 Schiffen von 28,264 Ton., darunter 34 deutschen von 19,468 T. Die deutschen Postdampfer laufen den T. auf der Fahrt von Sydney nach Apia regelmäßig an. Die Inseln wurden 1643 von Tasman entdeckt und von Cook, der sie 1773 und 1777 genauer erforschte, wegen des sanften und gutwilligen Charakters der Eingebornen Freundschaftsinseln (Friendly Islands) benannt. Die Flagge s. auf Tafel "Flaggen I". Vgl. Mariner, Account of the Tonga Islands (Lond. 1814, 2 Bde.; deutsch, Weim. 1819); Meinicke, Die Inseln des Stillen Ozeans (Leipz. 1875); Jung, Der Weltteil Australien, Bd. 3 (Leipz. 1883).

Tongern, Hauptstadt eines Arrondissements in der belg. Provinz Limburg, am Geer, Knotenpunkt an der Eisenbahn Lüttich-Hasselt, hat eine alte Kathedrale (13. Jahrh.), ein Athenäum, ein Tribunal, Strohhutfabriken und (1888) 8763 Einw. T. ist die älteste Stadt Belgiens (das alte Aduatuca) und war schon im 4. Jahrh. Sitz eines Bischofs, welcher im 6. Jahrh. nach Maastricht und 720 nach Lüttich übersiedelte.

Tongeschlecht (Klanggeschlecht), die Unterscheidung eines Akkords oder einer Tonart (Tonalität) als Dur oder Moll. Während Tonarten mit verschiedenen Vorzeichen nur verschiedenartige Transpositionen derselben Tonreihe sind, ist die Auffassung von Klängen oder Tonarten verschiedenen Tongeschlechts eine prinzipiell verschiedene. Man vergleicht Dur dem männlichen, Moll dem weiblichen Geschlecht.

Tongking (hierzu Karte "Tongking"), französisches Schutzgebiet in Hinterindien, grenzt im N. an China, im W. an die Laosstaaten und Siam, im S. an Anam, im O. an den Golf von T. benannten Teil des Südchinesischen Meers und hat ein Areal von 90,000 qkm (1635 QM.), nach andern aber 165,200 qkm (3000 QM.) mit 10-12 Mill. Einw., worunter 400,000 einheimische Christen. Das Land ist zum Teil gebirgig, teils durchaus ebenes Alluvium und wird in seiner ganzen Länge von dem aus Jünnan kommenden Songka durchzogen, der mehrere größere Flüsse (Schwarzer und Klarer Fluß) aufnimmt und, ein großes, vielverzweigtes Delta bildend, in zahlreichen Armen in die Bai von T. mündet und mit dem zweiten Fluß Tongkings, dem Thai-binh oder Bak-ha, durch drei künstliche Kanäle und andre Abzweigungen in Verbindung steht. Den Süden durchfließt der gleichfalls aus Jünnan kommende Ka, den Norden der noch sehr wenig bekannte Tam. Die Wälder der Berge sind reich an allerhand Nutzholz; dort hausen Elefanten, Tiger, Büffel, Rhinozerosse. Der Mineralreichtum ist ein sehr großer; Gold- u. Silberbergwerke werden seit langer Zeit in primitiver Weise ausgebeutet, Kohlen, Kupfer, Quecksilber, Eisen, Zink, Blei aber gar nicht abgebaut. Im Tiefland wird viel Reis gebaut (1½ Mill. Hektar sind damit bestellt); außerdem werden gewonnen und in den Handel gebracht: Zimt, Tabak, Indigo, Mais, Baumwolle, Zuckerrohr, Bohnen, Rizinus, Drachenblut, Sternanis, Erdnüsse, wohlriechende Harze. Als Haustiere werden gehalten: Schweine, Hühner, Büffel, Rinder, aber nur wenige Pferde und Elefanten. Eine Hauptbeschäftigung bildet der Fang von Fischen und Krokodilen; der Schwanz der letztern wird sehr geschätzt. Schiffahrt wird eifrig betrieben und in dem baumlosen Flachland Ziegelbrennerei. In den Städten Hanoi und Namdinh werden geschnitzte Möbel, Lackarbeiten, eingelegte Perlmutterarbeiten, Kleiderstoffe angefertigt. Der Buchdruck von Hanoi, dem Sitz tongkingesischer Gelehrsamkeit, ist berühmt. Der Handel auf dem Songkai mit Jünnan ist sehr bedeutend, er wird auf 3½ Mill. Frank geschätzt. Für den Außenhandel ist Haiphong, an einem Nordarm des Deltas, Hauptplatz; 1880 schätzte man den dortigen Handel auf 20 Mill. Fr., während der Kriegsjahre sank derselbe naturgemäß, stieg darauf aber schnell und betrug 1886 bei der Einfuhr 28,8, bei der Ausfuhr 9,1 Mill. Fr. Der Handel, vornehmlich der Geldhandel, ist zum großen Teil in den Händen der Chinesen, von denen 10,000 in T. leben. In neuester Zeit wurden Differentialzölle eingeführt, welche die französischen Provenienzen sehr begünstigen. Um den Binnenverkehr zu heben, sind Eisenbahnen von Hanoi nach Haiphong und Quang-Yen, auch über Namdinh nach Anam und von Hanoi nach Langson geplant. Eine Gesellschaft mit einem Kapital von 1½ Mill. Fr. hat sich in Frankreich gebildet, um die öffentlichen Arbeiten zu übernehmen. Sie hat auch eine wöchentliche Dampferlinie zwischen Haiphong und Hongkong eingerichtet. In Haiphong bestehen ein englisches und ein französisches Bankinstitut. Die wichtigsten Orte sind die Hauptstadt Hanoi und die Hafenstadt Haiphong. Das erstere ist Sitz der französischen Verwaltungsbehörden. T. hat von 1883 bis 1885 dem Mutterland an 327 Mill. Fr. gekostet, wozu noch 685,000 Fr. für ein submarines Kabel kommen. Jetzt gewährt Frankreich einen jährlichen Zuschuß von 30 Mill. Fr. Nach dem Budget von 1888 belaufen sich für Anam und T. die Einnahmen auf nur 17,321,000, die Ausgaben auf 17,034,620 Fr., wozu aber noch die Ausgaben für Krieg u. Marine mit zusammen 38,055,000 Fr. kommen.