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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Torf

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Torf (Gewinnung).

angenommen haben. Ihn unterteufend und die untersten Lagen einnehmend, tritt häufig Pechtorf auf, schwärzlichbraun bis dunkelschwarz, strukturlos, auf der Schnittfläche wachsglänzend. Die ungefähre Mitte zwischen beiden, zugleich aber auch stark mit Erdteilen gemengt, hält die Torferde. Der Fasertorf ist eine dem Pechtorf ähnliche Masse, von Pflanzenteilen, die einen geringen Grad der Zersetzung zeigen, durchzogen. Im Papiertorf ist unvollkommen zersetzte Pflanzenmasse in dünne, leicht voneinander abzuhebende Lagen geteilt. Der Bagger- oder Schlammtorf endlich stellt frisch einen Brei dar, welcher mit Netzen gebaggert oder geschöpft wird, getrocknet aber fest und kompakt ist. Als gelegentliche Bestandteile finden sich im T., außer Fragmenten noch nicht vollkommen zersetzter Vegetabilien, menschliche und tierische Reste. Erstere befinden sich meist in einem sehr vollkommnen Erhaltungszustand. Besonders hervorzuheben sind außer den vertorften Pfahlbauten Knochen vom Riesenhirsch, vom Bos primigenius und Elephas primigenius, weil dieselben für ein sehr hohes, bis in die Diluvialperiode zurückreichendes Alter der betreffenden Moore zeugen, während die meisten Torfbildungen jüngern Datums sind und dem Alluvium angehören. Unter den mineralischen Einschlüssen sind Eisenkies und Strahlkies sowie als seltenere Kupferkies, Zinkblende und sonstige Reduktionsprodukte aus Sulfaten zu nennen. Die erstgenannten geben durch gelegentliche Oxydation die Veranlassung zur Bildung von Gips, Bittersalz, Alaun, Glaubersalz und besonders Eisenvitriol, welcher bisweilen in solchen Mengen dem T. beigemengt ist, daß er aus demselben gewonnen wird (Vitrioltorf). Ferner ist Blaueisenerde ziemlich häufig, seltener Kochsalz, letzteres nur in tief gelegenen, dem Meer benachbarten Mooren. Die Verbreitung der Torfmoore ist zunächst in Deutschland eine sehr bedeutende. Altpreußen besitzt 260 QM. Moorland, die drei 1866 erworbenen Provinzen 132, Mecklenburg 10, Oldenburg 20, Bayern 12, die Reichslande und das übrige Süddeutschland etwa 25 QM., so daß gegen 4,6 Proz. der gesamten Oberfläche Deutschlands vom Moor bedeckt sind. Besonders tragen dazu bei das norddeutsche Tiefland, die Hochplateaus Bayerns und Oberschwabens und die Rücken der Gebirge Süd- und Mitteldeutschlands (Schwarzwald, rheinische Gebirge, Rhön, Harz, Thüringer Wald, Fichtelgebirge, Erzgebirge, Riesengebirge). Auch in der nördlichen Schweiz, am Südabhang der Alpen, in den Tiroler, Salzburger und Kärntner Alpen bis nahe zur Schneegrenze kommen Moore vor; 10 Proz. des irischen Landes sind von ihnen bedeckt. Ebenso zahlreich sind sie in Schottland, Skandinavien, Rußland. Asien ist arm an T.; aus Afrika ist keine echte Torfbildung bekannt. Dagegen sind die Moore in Nordamerika stark verbreitet, und auch in Südamerika werden viele aus den Anden beschrieben.

Gewinnung des Torfs.

(Hierzu Tafel "Torfbereitung".)

Die Gewinnungsweise des Torfs richtet sich nach der physikalischen Beschaffenheit desselben. Der Stechtorf wird mittels Handspaten oder besonderer Maschinen in Stücke von regelmäßiger Ziegelform gestochen, an der Luft getrocknet und als Loden von 314-525 mm Länge, 52-78 mm Dicke und 105-157 mm Breite in den Handel gebracht. Das Abstechen des Torfs geschieht entweder horizontal oder vertikal. Beim horizontalen Torfstich arbeitet man in der Weise, daß ein Brett neben den Rand der Torfgrube gelegt wird, welches vom Rand so weit absteht, als die Lange der Loden beträgt; hierauf werden mit einem scharfen herzförmigen Spaten der Länge und Breite nach vor dem Brette die Loden abgestochen; nach entsprechendem Weiterrücken des Bretts wird dann das eben beschriebene Verfahren wiederholt. Ein zweiter, niedriger stehender Arbeiter hebt die Torfstücke in 78-105 mm Dicke ab, legt sie in einen bereit stehenden Schubkarren und fährt sie nach den Trockenplätzen. Beim vertikalen Torfstich sticht der Arbeiter am Rande der Grube mit einem scharfen, mit zwei rechtwinkeligen Seitenkanten versehenen Spaten (s. Textfig. 1) im Torfboden auf die Länge eines Ziegels nieder, schneidet dann mittels eines Stecheisens das Torfstück an der untern Seite ab und bringt es später mittels des Schubkarrens zum Trockenplatz. Bei dieser Handarbeit müssen die Moore vorher genügend entwässert werden; geschieht letzteres nicht, und muß der T. unter Wasser gestochen werden, so benutzt man besondere Stechmaschinen. Der auf vorstehend beschriebene Art gewonnene T. enthält oft noch 80-90 Proz. Wasser und wird in Haufen, auf Hiefeln oder auf Stellagen getrocknet, wobei der T. mindestens zwei Monate im Freien bleibt und bei andauerndem Regenwetter sehr große Verluste erleidet. Bei dem Trocknen auf Hiefeln werden die Torfloden, nachdem sie einige Tage auf dem Boden gelegen haben, auf kleine, zugespitzte Holzstäbe aufgesteckt, welch letztere an etwa 2 m hohen Pfählen angebracht sind. Beim Trocknen auf Stellagen werden die Loden auf einem mit Dach versehenen Lattengerüst ausgebreitet und getrocknet. Dies letztere Verfahren wird bei weniger konsistentem T. angewendet. Erdiger, schlammiger T., welcher wegen mangelnden Zusammenhangs kein Stechen zuläßt, wird gewöhnlich durch Schöpfen mit eisernen Eimern, deren Ränder geschärft sind, und deren Böden aus einem Stück groben Zeugs bestehen, gewonnen (Baggertorf). Die Masse wird auf den geebneten Erdboden gegossen, wo sich noch Wasser abscheidet, und dann in breiförmigem Zustand in einen flachen Raum, der durch aufrecht stehende Bretter abgegrenzt ist, gebracht. Wenn der T. hier eine genügende Konsistenz erreicht hat, wird er in Formen gebracht, resp. zerschnitten. Das Austrocknen wird wohl hierbei noch dadurch befördert, daß man die Masse durch Schlagen mit Knütteln oder Dreschflegeln bearbeitet, oder daß Arbeiter mit Brettern, welche sie sich an die Füße geschnallt haben, darauf herumtreten. Modell- oder Streichtorf und Backtorf werden gewonnen, indem man die Torfmasse in unregelmäßigen Stücken aus der Torfgrube nimmt, durch Schlagen mit Hölzern oder Treten mit den Füßen oder mit Zusatz von Wasser durcheinander mengt und dann in entsprechende Formen bringt. Besser als dieser Handtorf mit seinem geringen spezifischen Gewicht, wodurch große Feuerungsanlagen bedingt werden, und seiner Neigung, beim Transport zu zerbröckeln, ist der Maschinentorf, dessen Substanz auf irgend eine Weise verdichtet wird. Man preßt die Torfmasse entweder, nachdem sie zerkleinert und in Öfen getrocknet ist (Trockenpreßmethode, System Exter-Gwynne), oder, sobald die Masse aus

^[Abb.: Fig. 1. Spaten zum Torfstechen.]