Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Torpedo

765

Torpedo (Defensiv- und Offensivtorpedos).

rung mit dem Schiffsboden ein metallischer Kontakt hervorgebracht, der den richtigen Augenblick für die Zündung am Land signalisierte. Die hierbei benutzten Leitungsdrähte (so viel bekannt, die ersten submarinen Kabel) waren durch eine Mischung von Asphalt und Wachs isoliert. 1848 führten Himly und Werner Siemens zum Schutz gegen die dänische Flotte eine Hafensperre in Kiel aus. Es wurden ausgepichte, mit 20 Ztr. Pulver gefüllte Fässer, in welche zwei Leitdrähte geführt waren, deren Verbindungsdraht in Schießbaumwolle lag, 6 m tief verankert. Am Strand waren zwei Beobachtungsstellen angelegt, von denen aus das Passieren einer Mine beobachtet wurde. Im Krimkrieg verwendete man elektrische, vom Land aus zu zündende Grundminen (auf dem Grund liegend) und Stoß- oder Kontaktminen, die durch den Anstoß des Schiffs zur Explosion gebracht werden sollten. Der Zünder der letztern bestand aus einer mit Schwefelsäure gefüllten Glasröhre, bei deren Zerbrechen sich die Säure über ein Gemisch von chlorsaurem Kali und Zucker ergoß, wodurch dieses und somit die Mine zur Explosion gebracht wurde. Über den Zünder war eine Schutzkappe aus Blei geschraubt (s. Tafel, Fig. 1 u. 2, Kontakttorpedo und Zünder desselben). Ihre allgemeine Einführung als Kriegsmittel und ihre heutige Bedeutung verdanken die Torpedos dem amerikanischen Bürgerkrieg. Im Februar 1862 fanden die Nordstaaten die erste Torpedosperre im Savannahfluß; im Oktober d. J. organisierten die Südstaaten das erste Torpedokorps, anfänglich unter Leitung von F. M. Maury, dann unter dem General Rains. Von den sich jetzt andrängenden zahllosen Torpedoerfindungen fanden folgende vorzugsweise Verwendung: Die Pfahl-, Rahmen- oder Gerüstminen zur Sperrung von Hafeneinfahrten waren auf eingerammtem Pfahlwerk befestigte Sprengkörper mit 12½ kg Pulver, deren Zünder durch Anstoß funktionierte. Die Treib- oder Faßtorpedos waren verpichte, mit 40 bis 60 kg Pulver gefüllte Fässer, meist mit mehreren Kontaktzündern, zuweilen auch mit Uhrwerk versehen, die mit angehängtem Ballast unter der Oberfläche schwammen und durch den Strom gegen die Blockadeschiffe getrieben wurden. Der auf beifolgender Tafel dargestellte Treibtorpedo (Fig. 3) hat einen Perkussionszünder, welcher erst funktioniert, wenn die Mine zum Stillstand kommt; dann wird durch den Strom die Schraube mit Flügeln in Drehung versetzt, wodurch das aus der Drehachse verschiebbare Gewinde so weit fortgleitet, bis die Hahnsicherung frei wird; sofort schlägt der Hahn herunter auf ein Zündhütchen und bringt dieses und die Mine zur Explosion. Da die Treibminen nicht selten den eignen Schiffen gefährlich wurden, wenn sie der Gegenstrom bei eintretender Flut zurückführte, so wendete man zur Sperrung der Häfen vielfach schwimmende Torpedos an, die, am Grund verankert, durch einen Schwimmer von Korkholz getragen wurden. Nach der Konstruktion von Singer war das mit der Basis nach oben gekehrte Minengefäß von der Form eines abgestumpften Kegels durch einen lose aufliegenden Deckel geschlossen, welcher herunterfiel, sobald die Mine beim Anstoß eines Schiffs sich nach einer Seite neigte; im Herunterfallen löste er die Hemmung eines Schlaghahns aus, der nun eine Zündpille durch Schlag entzündete, worauf die Mine explodierte. Durch das Bewachsen mit Muscheln wurde aber der Mechanismus aller komplizierten Zündvorrichtungen häufig sehr bald in seiner Gangbarkeit gestört, die Schwimmkraft der Minen vermindert und dadurch ihre zeitgerechte Explosion fraglich. Eine furchtbare Waffe waren die Uhrwerktorpedos oder Höllenmaschinen, gewöhnliche Warenkisten, mit Pulver gefüllt und mit einem Uhrwerk versehen, das zu bestimmter Zeit die Explosion bewirkte. Die Kohlentorpedos waren gußeiserne Gefäße, durch Bestreichen mit Teer und Bekleben mit Kohlengruß den großen Kohlenstücken täuschend ähnlich gemacht. Sie wurden, mit Pulver gefüllt, unter Kohlen gemischt und explodierten in der Kesselfeuerung der Dampfschiffe, die dann sofort versanken. Durch solche Kisten- und Kohlentorpedos ist wahrscheinlich eine große Anzahl Schiffe der Nordstaaten zerstört worden, deren spurloses Verschwinden nur so erklärt werden kann. Außer den genannten kamen noch elektrische Minen mit 20-30 Ztr. Pulver erfolgreich zur Verwendung. Bei diesen wurden die mit Guttapercha und geteertem Hanf isolierten Leitungsdrähte durch einen dünnen Platindraht (Glühdraht) verbunden, welcher in einem mit Knallquecksilber oder Mehlpulver gefüllten Zünder steckte.

Hatten die bisherigen Torpedos mit Erfolg ausschließlich der Verteidigung gedient, so lag es nahe, dieselbe Waffe auch beim Angriff zu verwenden, und man löste die Aufgabe nach Fultons Vorschlag, indem man an der Spitze langer Stangen einen T. mit Kontaktzünder befestigte und denselben unter den Boden des feindlichen Schiffs schob (s. Tafel, Fig. 4). Hierzu bediente man sich der Ruderboote oder kleiner Dampfbarkassen und besonders für diesen Zweck erbauter eiserner Dampfboote in Zigarrenform, die ihrer Kleinheit wegen Davids genannt wurden. Auch Bushnells Idee der unterseeischen Boote trat wieder ins Leben; 17. Febr. 1864 wurde im Hafen von Charleston der Housatonic durch ein solches gänzlich zerstört, mit ihm aber auch das Boot. Nach solchen Erfolgen traten alle Staaten dem Torpedowesen näher. Überall wurden Kommissionen zur Prüfung des Vorhandenen, Ausführung von Versuchen und entsprechenden Neukonstruktionen eingesetzt. Man teilte die Torpedos in Defensiv- und Offensivtorpedos und nannte erstere Seeminen, letztere kurzweg Torpedos. Die im amerikanischen Krieg so viel verwendeten Treibtorpedos verwarf man in Rücksicht auf die Gefahr, die sie bei eintretendem Rückstrom oder bei Offensivbewegungen den eignen Schiffen bringen, gänzlich. Alle Seeminen wurden verankert und mit Auftrieb versehen, so daß sie in bestimmter Wassertiefe schwimmend erhalten wurden. Die Zündung der Minen erfolgte durch Kontakt- oder durch elektrische Zünder. Jene, die Stoßminen, haben den Vorzug großer Einfachheit; aber ihr gefahrvolles Auslegen und Wiederaufnehmen sowie die Sperrung der Ausfahrt auch für die eignen Schiffe mußten ihre Verwendung auf den zu beiden Seiten für den eignen Verkehr freizulassenden Teil des Fahrwassers beschränken, während in dem durch sie nicht gesperrten Wasser Beobachtungsminen so tief versenkt wurden, daß die Fahrt auch bei Ebbe für die größten Schiffe frei blieb. Die alleinige Verwendung von elektrischen Beobachtungsminen ist bei größerer Zahl durch die Kabelleitung (zwei Drähte für jede Mine) nicht nur sehr kostspielig, sondern auch in Bezug auf sichere Beobachtung kaum durchführbar. Alle bis jetzt bekannt gewordenen Vorrichtungen zur Bestimmung des Augenblicks, wann sich ein Schiff über einer der Minen befindet, sind kompliziert und bei Nacht, Nebel und Pulverdampf nicht zu gebrauchen. Den Apparaten liegt die Idee zu Grunde, durch den Schnittpunkt zweier Visierlinien den Moment zu bestimmen, wann sich ein