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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Torpedo

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Torpedo (ältere und neuere Konstruktionen).

Schiff über der Mine befindet. Bei den meisten Apparaten sind zwei Meßtische aufgestellt, deren Abstand als Basis für das Beobachtungsdreieck genügend groß sein muß. Auf jeder der beiden Meßtischplatten, auf denen die ausgelegten Minen durch Punkte bezeichnet sind, steht ein Fernrohr, und es handelt sich nun darum, dem Fernrohr an der Zündstation die Bewegungen des andern synchronistisch mitzuteilen, zu welchem Zweck beide Meßtische durch eine elektrische Leitung verbunden sind. Durch dieselbe wird mit Hilfe mechanischer Einrichtungen auf der Zündstation ein Zeiger oder Lineal parallel der Fernrohrachse der andern Station bewegt. Bilden nun die Verbindungslinie der beiden senkrechten Fernrohrachsen und die Visierlinien der beiden Fernrohre das wirkliche Beobachtungsdreieck, so wird durch das synchronistisch bewegte Lineal auf der Zündstation stets ein jenem ähnliches Dreieck dargestellt, und wenn die in die See fallende Spitze des Dreiecks auf einen Minenpunkt fällt, so ist der Moment für die Stromschließung der Zündbatterie und die Explosion der Mine gekommen. In Deutschland ist ein derartiger Apparat von Siemens und Halske im Gebrauch. Aus allem diesen geht hervor, daß nur eine solche Zündeinrichtung der Minen befriedigen konnte, welche die Vorteile des Kontakt- und elektrischen Zünders ohne deren Nachteile vereinigt. Dies war bereits 1866 vom österreichischen Obersten v. Ebener erkannt worden, und es gelang ihm, eine solche Vorrichtung herzustellen, bei welcher durch den Stoß des Schiffs die Stromschließung der Leitung selbstthätig in der Weise erfolgte, daß eine federnde Pufferstange beim Anstoß ein Rad in Bewegung setzte, wodurch zunächst die Stromschließung, sodann aber die Einschaltung der Zündpatrone in den Stromkreis stattfand. War nun die Zündbatterie am Land eingestellt, so erfolgte die Explosion; andernfalls ging der Puffer nach Einwirkung des Schiffs auf denselben wieder zurück, ohne daß eine Entzündung eintrat. Diese Minen gestatteten also die freie Durchfahrt, solange die Zündbatterie am Land nicht eingeschaltet war, ganz wie die Beobachtungsminen und verhielten sich nach deren Einschaltung wie Stoßminen. Wegen der Kompliziertheit der mechanischen Einrichtung sind diese Minen indes nicht mehr in Verwendung. Vorteilhafter erwies sich der Hertzsche elektrische Zünder, der beliebig lange in Wirksamkeit bleibt, aber erst dann in Thätigkeit tritt, wenn durch den Anstoß eines Schiffs seine Kohlenzinkelemente mit einer erregenden Flüssigkeit in Verbindung gebracht werden; die Entzündung erfolgt aber auch dann nur, wenn noch ein Leitungsdraht zum Meeresboden führt. Das gefahrlose Auslegen dieser Minen ist dadurch gesichert, daß erst nach einstündigem Liegen im Wasser die elektrische Batterie des Zünders wirkungsfähig wird; inzwischen bleibt jedes Berühren des Torpedos ohne Erfolg. Die Gefahr des Aufnehmens ist vollständig beseitigt, sobald der Draht vom Meeresboden gehoben oder durchschnitten ist. Zu diesem Zweck vereinigt man die Drähte einer größern Anzahl von Minen an einem außerhalb ihrer Wirkungssphäre liegenden und nur dem Eingeweihten bekannten Punkte. Diese Minen, deren spezielle Einrichtung geheimgehalten wird, bilden in Deutschland den Schwerpunkt der Küstenverteidigung durch Torpedos. Seitdem man die Seeminen, statt mit Ketten und Steinen oder gewöhnlichen Ankern, mit Drahttauen und Pilz- oder Saugankern, die sich im Grund festsaugen, verankert, werden dieselben weniger leicht durch Strömungen fortgerissen. Man legt die Stoßminen in zwei oder mehr Reihen (Treffen) schachbrettförmig hintereinander an, so daß ein Schiff die Sperre nicht passieren kann, ohne auf eine Mine zu stoßen.

Der Spierentorpedo besitzt noch die alte Konstruktion, nur wendet man häufig auch bei ihm die elektrische Zündung an. Ende der 60er Jahre wurde von den Gebrüdern Harvey ein Offensivtorpedo konstruiert, der aus einem kupfernen, mit Holz bekleideten trapezoidischen Kasten besteht; an demselben sind mehrere in einen Ring zusammenlaufende Leinen so befestigt, daß der T. beim Schleppen um 45-60°, je nach der schnellern Fahrt, querab vom Schiff ausschert. Man manövriert so, daß das feindliche Schiff über die Schleppleine laufen muß, bei deren Anziehen der T. gegen den Schiffsboden stößt, in welchem Augenblick die Explosion bei Kontaktzündern von selbst erfolgt, oder man zündet durch Elektrizität. Zur Verhütung vorzeitiger Explosionen ist der Zündmechanismus durch einen Vorstecker arretiert, den man mittels einer Leine herauszieht, wenn der T. weit genug vom Schiff abgetrieben ist. Der Harvey-T. kann nur bei Tage gebraucht werden, und im Geschwaderkampf können Feind wie Freund auf den T. auflaufen, zumal wenn im Melée und Pulverdampf die Schiffe schwer zu unterscheiden sind. Aus diesen Gründen ist der Harvey-T. in den meisten Marinen wieder außer Gebrauch gekommen oder höchstens auf die Fälle beschränkt, wenn einzelne Schiffe auf Kreuzungen ausgehen.

Fulton stellte 1814 Versuche an, mit Geschützen unter Wasser zu schießen, um Schiffen unter der Wasserlinie einen Leck beizubringen, und hat bis in die neueste Zeit Nachahmer gefunden, von denen aber keiner Erfolg erreichte; der Widerstand des Wassers ist so bedeutend, daß die Geschwindigkeit der Geschosse in rapider Weise abnimmt. Man kann von einem Geschoß unter Wasser nur dann befriedigende Wirkung erwarten, wenn die dasselbe bewegende Kraft nicht bloß einmal, wie beim Geschütz, sondern auf eine gewisse Zeit dauernd wirkt. 1730 soll Desaguliers Boote unter Wasser mit Raketen zerstört haben; 1862 schoß Hunt aus 30,5 cm Geschützen Raketen; 1874 machte Weir in New York unter Wasser Versuche mit einer Rakete von 2,31 m Länge, 30,5 cm Durchmesser und 111 kg Gewicht, wovon auf den Treibsatz 35 kg und die Sprengladung 34 kg kamen; sie ging mit etwa 4,5 m Geschwindigkeit, hatte aber infolge ihres Leichterwerdens durch Verbrennen des Satzes eine unregelmäßige Flugbahn. 1872 wurde von Lay ein elektrisch steuerbarer Fischtorpedo in Zigarrenform (s. Tafel, Fig. 5) konstruiert, dessen treibende Kraft durch das Verdunsten flüssiger Kohlensäure erzeugt wird, wovon der T. 200-250 kg enthält. Das Ausströmen der Kohlensäure ist auf 6 Atmosphären Druck geregelt, so daß der Schraubenpropeller die gleiche Geschwindigkeit behält. Durch ein sich aus dem T. abwickelndes Kabel mit zwei Leitungsdrähten bleibt derselbe mit dem Land in Verbindung. Der galvanische Strom setzt einen komplizierten Mechanismus in Bewegung, durch den das Öffnen und Schließen eines Dreiwegehahns für das Ausströmen der Kohlensäure und durch Anziehen von zwei Elektromagneten das Steuern bewirkt wird. Durch die Elektromagnete werden zwei Kolben bewegt, von denen jeder mit einer Seite der Ruderpinne verbunden ist. Der Gang des Torpedos im Wasser ist durch zwei auf seinem Rücken stehende Stäbe sichtbar gemacht. Außer sehr großer Kompliziertheit hat dieser T., der von der ägyptischen Regierung angenommen ist, unter vielen andern noch den Nachteil, daß die Herstellungskosten eines Exemplars