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Verhau - Verjährung.
nehmlich Kalk, in die Weichteile abgesetzt werden (Verkalkung). Die V. von Geschwürsrändern kommt bei Syphilis (s. d.), die V. von Lymphdrüsen bei Skrofeln (s. d.), die V. des Auges beim sogen. Grünen Star oder Glaukom (s. d.) vor.
Verhau (Verhack), vielgebrauchtes Annäherungshindernis, welches durch das diesseitige Feuer bestrichen werden kann und nicht ohne weiteres umgangen werden darf. Der Baumverhau besteht aus umgehauenen Bäumen, die mit ihren Wipfelenden nach dem Feind zu kreuzweise übereinander geworfen sind. Ein Strauchverhau besteht aus struppigen, womöglich mit Dornen besetzten Ästen. Beim natürlichen V. bleiben die Bäume da, wo sie gefällt sind, liegen und werden nicht ganz durchsägt, so daß sie mit etwa einem Drittel der Holzstärke mit dem Stamm noch verbunden bleiben. Werden die Bäume etc. nach andern Stellen gebracht, so heißt der V. Schleppverhau. Um das Aufräumen eines Verhaues zu erschweren, befestigt man die Stämme durch Pfähle, die man vor und zwischen den Ästen einschlägt. Verhaue werden teils vor den Schanzen, in den Haupt- und Vorgräben, längs des Fußes der Kontreskarpe, teils zur Sicherung des Raums zwischen Schanzen, auch zur Sperrung von Hohlwegen, Wald- und Dorfeingängen angelegt. Je breiter ein V., um so wirksamer als Hindernis. Der V. muß tief liegen (in Gräben an Abhängen), oder die Verteidiger müssen erhöht aufgestellt werden, um frei über den V. hinweg schießen zu können.
Verheurer, Verheuern, s. Heuer.
Verhoffen, s. Sichern und Winden.
Verhör (Vernehmung), die amtliche, namentlich gerichtliche Befragung einer Person über zweifelhafte Thatumstände, um über dieselben Gewißheit zu erlangen, wird im bürgerlichen Prozeß mit Zeugen und Sachverständigen, im Strafverfahren mit diesen, aber auch mit dem Angeschuldigten vorgenommen. Manche verstehen jedoch unter V. nur die letztgedachte Art der Vernehmung. Das V. des Angeschuldigten soll demselben Gelegenheit zur Beseitigung der gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe und zur Geltendmachung der zu seinen gunsten sprechenden Thatsachen geben. Die deutsche Strafprozeßordnung (§ 136) schreibt dabei ausdrücklich vor, daß dem Beschuldigten bei Beginn der ersten Vernehmung zu eröffnen ist, welche strafbare Handlung ihm zur Last gelegt wird. Der Angeschuldigte ist zu befragen, ob er etwas auf die Beschuldigung zu erwidern habe. Das artikulierte Verhör (s. d.), mit allgemeinen und speziellen Fragstücken, ist in das gegenwärtige Strafverfahren nicht mit übergegangen; dagegen ist das dem englischen Recht eigentümliche Kreuzverhör (s. d.) neuerdings auch auf dem Kontinent adoptiert worden. Über das Verhör der Sachverständigen (s. d.) und Zeugen (s. d.) enthalten die Prozeßordnungen ausführliche Bestimmungen. Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 338-379; Deutsche Strafprozeßordnung, § 48-93, 133-136.
Verhören, den Stand der Hirsche zur Brunftzeit, wenn sie schreien, sowie den Stand der Auer- und Birkhähne, wenn sie balzen, und den Ort, wo die Rebhühner liegen, wenn sie sich des Morgens und Abends zusammenlocken, ausmachen.
Verhuel (spr. ferhül), Carel Henrik, Graf van Zevenaar, erst holländischer, dann franz. Admiral, geb. 11. Febr. 1764 zu Doetichem in Gelderland, trat als Seekadett in holländische Dienste, nahm beim Ausbruch der Revolution von 1795 seinen Abschied, ward aber 1803 als Konteradmiral mit dem Befehl über die holländische Flottille beim Texel betraut und 1804 von Napoleon I., der England mit einer Landung bedrohte, zum Vizeadmiral ernannt und beauftragt, die holländische Flotte mit der französischen zu vereinigen. Noch ehe er mit seiner Flotte vor Boulogne ankam, bestand er auf der Höhe von Kap Grinez 18. Juli 1805 einen Kampf mit einer starken Abteilung der englischen Flotte, wobei er den Feind zum Rückzug zwang. 1806 erbat er in Paris im Namen der Nationalrepräsentanten Ludwig Bonaparte zum König von Holland. Sogleich nach dessen Thronbesteigung wurde V. als Graf van Zevenaar zum Marineminister und Reichsmarschall, später zum Gesandten in Paris ernannt. Mit der Königin Hortense stand er in einem Liebesverhältnis. Nach der Vereinigung Hollands mit Frankreich trat er in französische Dienste. 1813 und 1814 verteidigte er den Helder gegen seine eignen Landsleute und übergab diesen Hafen erst nach dem Einzug der Verbündeten in Paris. Bei seiner Rückkehr nach Frankreich wurde er Generalinspektor der Nordküsten. Während der Hundert Tage stand er nicht auf Napoleons Seite. 1819 wurde er zum Pair erhoben. Er starb 25. Okt. 1845 in Paris.
Verhulst, Jean J. H. ^[Josephus Hermanus], Komponist, geb. 19. März 1816 im Haag, besuchte das dortige Konservatorium und erhielt frühzeitig für seine Erstlingskompositionen Preise von seiten des Vereins De Toonkunst sowie die Anerkennung Mendelssohns, studierte dann einige Zeit (1837) in Köln unter Joseph Klein, ging 1838 nach Leipzig, wo er auf Mendelssohns Empfehlung Dirigent der Euterpekonzerte wurde und reiche Anregungen genoß. 1842 kehrte er nach dem Haag zurück, wo er zum königlichen Hofmusikdirektor ernannt wurde. Seit dieser Zeit blieb er in seinem Vaterland, zuerst zeitweilig in Rotterdam, dann wieder im Haag, seit einer Reihe von Jahren aber in Amsterdam, als Konzertdirigent der Maatschappij tot bevordering van Toonkunst, der Gesellschaft Felix Meritis, der Cäcilienkonzerte wirkend, bis er sich 1886 ins Privatleben zurückzog. V. komponierte Symphonien, Ouvertüren, Streichquartette, Kirchenwerke (darunter ein Requiem für Männerchor), Lieder, Chorlieder etc.
Verhungern, s. Hunger.
Verhüten, s. Leberegelkrankheit.
Verĭa, Stadt, s. Beröa.
Verifikation, Erweis der Richtigkeit, Beglaubigung.
Verifizieren (lat.), darthun, beweisen, besonders das Gleichlauten einer Abschrift mit der Urschrift oder die Echtheit einer Urkunde beglaubigen; auch s. v. w. eichen (s. d.).
Verismus (lat.), in Italien Bezeichnung des Realismus in Litteratur und Kunst (»veristische Schule«).
Verĭtas (lat.), Wahrheit, als Personifikation derselben der griechischen Aletheia entsprechend.
Verität (lat.), Wahrheit, Wirklichkeit, Vorhandensein einer Forderung; veritabel, wahrhaft, wirklich.
Verjährung (Praescriptio), die Umwandlung eines thatsächlichen Zustandes in einen Rechtszustand durch Zeitablauf. Ist auch das Rechtsinstitut der V. in dem strengen Recht nicht begründet, so erscheint es doch durch das Gebot der Billigkeit und durch seine Zweckmäßigkeit als gerechtfertigt. Denn es würde zu den größten Unzuträglichkeiten führen, wenn ein thatsächlicher Zustand, welcher durch langes Bestehen gewissermaßen geheiligt ist, nun plötzlich wieder umgestaltet werden sollte. Dieser Gedanke liegt namentlich der sogen. unvordenklichen V. oder Immemorialverjährung (p. indefinita) zu Grunde, welche bei einem Zustand (z. B. bei unvordenklichem Besitz) eintritt, dessen Anfang über Menschengeden-^[folgende Seite]