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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Victorĭa

185

Victoria (Kolonie) - Victoria (Städte).

Tafelland bis zur Mündung untersuchte Gregory 1855 und 1856.

Victorĭa, britisch-austral. Kolonie im südöstlichen Australien, im N. von Neusüdwales, im W. von Südaustralien, im S. durch die Baßstraße, im O. durch den Stillen Ozean begrenzt, 229,078 qkm (4160,3 QM.) groß. Die Küste ist teilweise Steilküste, zum Teil aber niedrig und sumpfig. Die bedeutendsten Einschnitte sind die Port Philip Bai, in ihrem nördlichen Teil Hobsons, im westlichen Coriobai genannt, Portlandbai, Western Port, Warasahbai und Corner Inlet. Das Gebirgssystem ist eine Fortsetzung der Australischen Alpen, welche sich unter dem Namen Scheidegebirge (Dividing Range) in ostwestlicher Richtung bis gegen die Grenze hinziehen, wo sie die Namen Pyrenäen und Grampians annehmen; ein nach S. streichender Zweig endet plötzlich im Vorgebirge Wilson. Die Flüsse sind außer dem Murray (s. d.) an der nördlichen Grenze unbedeutend und wasserarm; schiffbar sind der Yarra Yarra bis Melbourne aufwärts und im untersten Lauf der Snowy River sowie der Tambo, Mitchell und Latrobe, welche die Strandseen King, Victoria und Wellington bilden. Von den übrigen zahlreichen Seen ist der größte, Corangamite, salzig wie viele, noch andre trocknen im Sommer aus, der Kooweerup ist ein ungeheurer Sumpf. Das Klima ist sehr mild; selten sinkt im Winter (Juli) das Thermometer unter den Gefrierpunkt, im Sommer steigt es bei heißen Nordwinden bis 40° C., die Durchschnittstemperatur in Melbourne ist 14° C., der Regenfall 697 mm. Die Bevölkerung bestand 15. Aug. 1835 erst aus 14 Seelen, 1887 aber aus 1,036,119 (15,000 Deutsche und 12,564 Chinesen). Der früher starke Zuwachs durch Einwanderung (1852: 63,626 Personen) hat sehr nachgelassen. Die Zahl der Eingebornen war von 5000 zur Zeit der ersten Ansiedelung bis 1887 auf 803 herabgesunken.

Die Religionsbekenntnisse sind sehr zahlreich, am stärksten sind vertreten: Anglikaner, Presbyterianer, Wesleyaner, Lutheraner, Katholiken. Keine dieser Konfessionen erhält eine Staatsunterstützung. Der Ackerbau ist in starker Zunahme, so daß V. schon bedeutende Überschüsse in dieser Beziehung ausführt. Unter Kultur waren 1888: 1,030,562 Hektar, man baut vornehmlich Weizen 493,177, Hafer 79,614 Hektar, ferner Heu, Kartoffeln, Gerste, Tabak, Mais, Hülsenfrüchte. Auch der Weinbau wird mit Erfolg gepflegt, doch tritt die Phylloxera schon stark auf. Weit wichtiger ist die Viehzucht, welche auch zur Milch- und Buttergewinnung betrieben wird, 1888 zählte man 312,105 Pferde, 1,308,417 Rinder, 10,606,721 Schafe, 240,519 Schweine. Die Produkte der Viehzucht bilden jetzt die wichtigsten Exportartikel. Axishirsche, Angoraziegen, Hasen, Kaninchen und andre eingeführte und in Freiheit gesetzte Tiere haben sich außerordentlich vermehrt. Der Waldbestand ist auf den rauhen Gebirgsketten sehr ansehnlich, doch wird viel Nutzholz, namentlich aus Westaustralien (Jarrahholz), eingeführt. Der Bergbau, früher die bedeutendste Einnahmequelle, liefert in erster Linie Gold, wogegen die übrigen Produkte: Silber, Zinn, Kupfer, Antimon, Blei, Eisen, Kohle, Schiefer etc., ganz zurücktreten. Doch hat der Goldertrag sehr abgenommen; 1856 der höchste von 2,985,991 Unzen (11,943,964 Pfd. Sterl.), 1887 nur noch 617,751 Unzen. Der Gesamtwert aller seit 1851, der Entdeckung des Goldes, bis 1887 gefundenen Metalle und Minerale wird auf 221,3 Mill. Pfd. Sterl. berechnet, wovon 220 Mill. allein auf Gold kommen. Auf den Goldfeldern waren 1887 beschäftigt 25,797 Goldgräber (4176 Chinesen). Die Ausbeutung wird schon ganz kunstgemäß betrieben, man hat Schächte von über 600 m Tiefe. Die Industrie ist in V. mehr entwickelt als in einer der andern australischen Kolonien, am wichtigsten sind die Mahlmühlen, Wollzeugfabriken, Gerbereien, Ziegeleien, Brauereien, Fleischkonservenanstalten, Papiermühlen u. a. Der Handel mit dem Ausland geht fast ausschließlich über Melbourne, schließt aber auch den größten Teil des Verkehrs mit dem jenseit des Murray belegenen und zu Neudsüdwales ^[richtig: Neusüdwales] gehörigen Riverinadistrikt ein; 1887 betrug die Einfuhr 19,022,151, die Ausfuhr 11,351,145 Pfd. Sterl. Die Ausfuhr besteht außer Wolle und Gold vornehmlich in Leder, Talg, Mehl, Käse und Butter, Schuhzeug, Gerberrinde u. a. Haupteinfuhrartikel sind: Schnittwaren, Kleider, Zucker, Metallwaren und Metalle, Thee. In alle Häfen der Kolonie liefen 1887 ein: 2435 Schiffe von 1,920,180 Ton., aus: 2418 Schiffe von 1,938,063 T. Die Handelsflotte der Kolonie bestand aus 267 Segelschiffen von 48,508 T. und 103 Dampfern von 27,223 T. Dazu kommt eine Anzahl Flußdampfer. Eisenbahnen gehen von Melbourne in vier Hauptlinien aus, in einer Gesamtlänge von 3008 km. Die Post beförderte in 192 Ämtern 41,287,972 Briefe, 1,69,055 Zeitungen und 7,670,615 Pakete. Die Telegraphenlinien hatten eine Länge von 6584 km. Ein Kabel führt nach Tasmania. Das Unterrichtswesen ist seit 1873 bedeutend verbessert. Der Volksunterricht ist frei und konfessionslos, der Schulbesuch obligatorisch. Höhere Schulen haben religiöse Korporationen sowie der Staat errichtet. In Melbourne besteht eine Universität mir theologischen Seminaren der Anglikaner und Wesleyaner, Bergschulen in Ballarat und Sandhurst, Zeichenschulen an vielen Orten. Die öffentliche Bibliothek in Melbourne hat 160,000 Bände, die in andern Orten bestehenden Bibliotheken 324,000 Bände. Die Nationalgalerie enthält viele wertvolle Kunstwerke, auch besteht ein National und ein Gewerbemuseum. - Die Verfassung ist der britischen analog. Dem Gouverneur steht ein verantwortliches Ministerium, ein Oberhaus und ein Unterhaus zur Seite, die Mitglieder des letztern empfangen Jahrgehalte. Die Staatseinnahmen betrugen 1887: 6,733,826, die Ausgaben 6,561,251, die Staatsschuld (fast ausschließlich für Eisenbahnen und andre öffentliche Bauten aufgenommen) 33,119,164 Pfd. Sterl. Für die Verteidigung der Kolonie besteht ein Freiwilligenkorps von 3226 Mann; die Einfahrt zu Port Philip ist durch Befestigungen geschützt, auch besitzt die Kolonie 13 Kriegsschiffe. Über die Geschichte der Kolonie vgl. Australien, S. 150. Vgl. Trollope, V. and Tasmania (Lond. 1874); Labilliere, Early history of V. (2. Aufl., das. 1879, 2 Bde.); Brough Smyth, The aborigines of V. (das. 1878, 2 Bde.).

Victorĭa, 1) (Ciudad V., früher Nuevo Santander) Hauptstadt des mexikan. Staats Tamaulipas (seit 1887), in schöner Lage am Fuß der Kordillere, 300 m ü. M., hat ein Seminar und (1880) 7800 Einw. -

2) Hauptstadt von Britisch-Columbia, an der Südostspitze der Insel Vancouver, mit höherer Schule, lebhaftem Handel und (1881) 5926 Einw. 5 km westlich davon Esquimault (s. d.). Einfuhr 1886-1887: 2,094,384 Dollar, Ausfuhr 3,008,677 Doll. -

3) (Nossa Senhora da V.) Hauptstadt der brasil. Provinz Espirito Santo, auf einer Insel am Westende der Bai Espirito Santo, die für Schiffe von 4,5 m nicht ohne Gefahr zugänglich ist, und deren Eingang durch ein Fort verteidigt wird, hat einen stattlichen Regierungspalast (ehemals Jesuitenkol-^[folgende Seite]