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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Vosmaer; Voß

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Vosmaer - Voß.

waldreichen Abhängen des zum Wienerwald gehörigen Lindkogels, an der Südbahn, beliebter Sommeraufenthalt der Wiener, hat eine indifferente Therme von 24° C., eine Badeanstalt, eine neue Kirche, ein Schloß mit schönem Park, elegante Villen, vorzüglichen Weinbau (roter und weißer Vöslauer) und Schaumweinfabrikation, eine Kammgarnspinnerei und (1880) 3174 Einw. Die Zahl der Kurgäste beläuft sich jährlich auf mehr als 4000.

Vosmaer (spr. -mär), Karl, holländ. Kunstschriftsteller, geb. 20. März 1826 im Haag, studierte auf der Leidener Universität die Rechte, war längere Zeit als Beamter des Hooge Raad in seiner Vaterstadt thätig, widmete sich aber seit 1873 ganz schriftstellerischer Thätigkeit, welche er schon 1856 mit einer Studie »Über das Schöne und die Kunst« begonnen hatte. Später widmete er sich besonders der Spezialforschung in der niederländischen Kunstgeschichte. Seine Hauptwerke sind: »Rembrandt Harmensz van Ryn, ses précurseurs et ses années d'apprentissage« (Haag 1863); »Rembrandt, sa vie et ses œuvres« (das. 1868, 2. Aufl. 1877); Text zu Ungers Radierungen nach Frans Hals (Leid. 1873); »Over kunst, schetsen en studien« (das. 1882). Er hat sich auch als Dichter hervorgethan (»Skizzen«, 1860; »Londinias«, 3. Aufl. 1878; »Nanno«, 1882) u. einen Künstlerroman: »Die Amazone« (1881), eine holländische Übersetzung der »Ilias« sowie zahlreiche Arbeiten kunstgeschichtlichen und kritischen Inhalts in der von ihm bis 1876 redigierten »Kunstchronik« und im »Nederlandsche Spectator« veröffentlicht. Er starb 12. Juni 1888 in Territet bei Montreux.

Voß, 1) Gerhard Johann, gewöhnlich Vossius genannt, »der größte Polyhistor der Niederländer«, geb. 1577 bei Heidelberg, studierte in Dordrecht und Leiden, wurde 1600 Rektor der Schule zu Dordrecht, 1615 Direktor des theologischen Kollegiums zu Leiden, 1622 Professor der Beredsamkeit daselbst, 1631 Professor der Geschichte am neuerrichteten Athenäum zu Amsterdam und starb hier 27. März 1649. V. brach in vielen Fächern neue Bahnen. Auf die lateinische Grammatik beziehen sich von seinen Werken: »Grammatica latina« (1607, zuletzt Wittenb. 1702); »Aristarchus sive de arte grammatica« (Amsterd. 1635 u. öfter; zuletzt von Eckstein und Förtsch, Halle 1833-34, 2 Bde.); »De vitiis sermonis et glossematis latino-barbaris« (Amsterd. 1640 u. öfter); »Etymologicum latinae linguae« (das. 1662 u. öfter; zuletzt von Mazocchi, Neap. 1762-63, 2 Bde.). Die Rhetorik förderte er durch: »Commentariorum rhetoricorum sive oratoriarum institutionum libri VI« (Leid. 1606, 4. Aufl. 1643); »Ars rhetorica« (das. 1623 u. 1653); »De rhetorices natura ac constitutione« (Amsterd. 1647 u. Haag 1658). Die Poetik behandelt »De artis poëticae natura« (Amsterd. 1647). Der Geschichte dienen: »De historicis graecis libri IV« (Leid. 1624 u. 1651; neue Ausg. von Westermann, Leipz. 1838); »De historicis latinis libri III« (Leid. 1627 u. 1651); »Ars historica« (Amsterd. 1653). In die Theologie griff er ein durch: »Historiae Pelagianae libri IV« (Amsterd. 1618 u. 1665), »De theologia gentili« (das. 1642 u. 1706) u. a. Seine Briefe erschienen gesammelt durch Colomies (Lond. 1690 u. 1693), seine Werke Amsterdam 1695-1701, 6 Bde. Vgl. H. Toll, De Vossio perfecto grammatico (Amsterd. 1778).

2) Isaak, Philolog, jüngster Sohn des vorigen, geb. 1618 zu Leiden, ging nach gelehrten Reisen durch England, Frankreich und Italien 1648 auf Einladung der Königin Christine nach Schweden, später nach England, wurde 1678 Kanonikus in Windsor und starb dort 21. Febr. 1689. Außer seinen wertvollen Ausgaben der Geographen Skylax (Amsterd. 1639) und Mela (Haag 1658, Franeker 1700) sowie des Justin (Amsterd. 1640; 5. Ausg., Leid. 1690) und Catull (Lond. 1684 u. 1691) erwähnen wir: »De septuaginta interpretibus eorumque translatione et chronologia« (Haag 1661, Appendix 1663); »De poëmatum cantu et viribus rhythmi« (Oxf. 1673); »Variarum observationum liber« (Lond. 1685). Vgl. de Crane, De Vossiorum Juniorumque familia (Franeker 1820).

3) Johann Heinrich, hervorragender Dichter, poetischer Übersetzer und Philolog, geb. 20. Febr. 1751 zu Sommersdorf bei Waren im Mecklenburgischen als Sohn eines infolge des Kriegs verarmten Pachters, der eine dürftige Schullehrerstelle erhalten hatte, kam 1766 auf die Schule nach Neubrandenburg und nahm dann, da es ihm an Mitteln zum Besuch der Universität fehlte, eine Hauslehrerstelle bei einem Herrn v. Örtzen in Ankershagen an, um mit dem hier ersparten Geld später seine akademischen Studien zu beginnen. Durch Gedichte, die er für den »Göttinger Musenalmanach« eingesandt hatte, kam er mit Boie in Briefwechsel, auf dessen Veranlassung er Ostern 1772 nach Göttingen übersiedelte. Hier widmete er sich, die Theologie rasch aufgebend, ausschließlich philologischen Studien, trat in Heynes philologisches Seminar ein und lebte im übrigen jenen poetischen Bestrebungen, die ihn mit einer Anzahl gleichgestimmter Jünglinge zum Göttinger Dichterbund (s. d.) verbanden. V. war die eigentliche Seele und treibende Kraft des Bundes und entfremdete sich darüber bis zu einem gewissen Punkt seinem Lehrer Heyne. Als Boie, mit dessen Schwester Ernestine sich V. verlobt hatte, in den Staatsdienst trat, übertrug er die Redaktion des »Musenalmanachs« V., der sie von Wandsbeck aus besorgte, wohin er 1775 übergesiedelt war. In Wandsbeck verlebte V. mehrere Jahre in freundschaftlichem Verkehr mit Claudius und Klopstock und führte 1777 seine Braut heim. 1778 übernahm er das Rektorat zu Otterndorf im Land Hadeln, wo er, seinem eignen Geständnis nach, trotz des beschwerlichen Schuldienstes im traulichen Verkehr mit den wohlwollenden Eltern seiner Schüler eine sehr glückliche Zeit verlebte. Von hier aus kündigte er auch zuerst seine Übersetzung der »Odyssee« an, der er als einleitende Empfehlung einige auf die Homerische Weltkunde bezügliche Aufsätze im »Göttinger Magazin« vorausschickte. 1782 wurde er auf seines Freundes Friedrich Leopold v. Stolberg Betrieb als Rektor nach Eutin berufen, wo er 1786 den Hofratstitel erhielt (vgl. Heußner, V. als Schulmann in Eutin, Eutin 1882). Inzwischen war er in eine ernsthafte, lange dauernde litterarisch-philologische Fehde mit seinem alten Göttinger Lehrer Heyne verwickelt worden, welche die ohnehin bei V. vorhandene Streit- und Kampflust noch steigerte. Nachdem er 1789 seine Übersetzung des Vergilschen Gedichts »Über den Landbau« (neue Ausg., Altona 1800 u. 1821, 2 Bde.) sowie 1793 eine neue Bearbeitung seiner »Ilias« und »Odyssee« herausgegeben, wendete er sich mit Eifer der Forschung in altgriechischer Geographie und Mythologie zu. Um den Ansichten entgegenzuarbeiten, die Heyne auf diesem Felde durch das Hermannsche »Handbuch der Mythologie« begünstigte und beförderte, machte er einen Aufsatz über Apollon bekannt und ließ nachmals die »Mythologischen Briefe« (Stuttg. 1794, 2 Bde.; 2. Ausg. 1823, 3 Bde.) erscheinen, in welchen er einen ziemlich heftigen Ton anschlug. Wichtiger als seine polemische Thätigkeit wa-^[folgende Seite]