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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Waadt

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Waadt (Kanton: geographisch-statistisch).

wird; nach andern Konsonanten wird auch in Norddeutschland das w meistens bilabial ausgesprochen, z. B. in schwer, Quelle. Das englische w ist ein Halbvokal und wird wie ein unbetontes u ausgesprochen. Die nämliche Aussprache hat ursprünglich auch das deutsche w gehabt, wie man aus der Wiedergabe des v durch gu in den romanischen Sprachen ersieht, z. B. im franz. guère, ital. guari für das deutsche wahr, ital. guardare für warten. Der Buchstabe w ist ursprünglich nichts als ein doppelt gesetztes u oder v, und sein Aufkommen fällt in den Beginn des Mittelalters. Die Engländer nennen daher ihr w noch jetzt double u (doppeltes u). Die Dänen kennen in ihrem Alphabet w nicht; die Schweden bedienen sich desselben statt v, wenn sie mit deutschen Lettern drucken, während dafür das v bei lateinischer Schrift eintritt.

Abkürzungen.

Als Abkürzung bedeutet W in Wappenbüchern die Tinktur Weiß oder Silber, auf Kurszetteln Wechsel (W. W. dagegen Wiener Währung), in der Geographie Westen. In der Chemie ist W Zeichen für Wolfram.

W., bei botanischen Namen Abkürzung für K. L. Willdenow (s. d.).

W. et Kit. = Waldst. et Kit.

w. L. = westliche Länge (s. Länge).

W. Va. = Westvirginia.

Waadt (Waadtland, Pays de Vaud, »Land der Welschen«), einer der größten Kantone der Schweiz, gewissermaßen das Haupt der Suisse romande, wird im O. von Freiburg, Bern und Wallis, im S. von Wallis, Savoyen und Genf, im Westen von Frankreich und im N. von Neuenburg begrenzt und umfaßt 3223 qm (58,5 QM.). Das Gebiet besteht aus einem Hauptstück und der von Freiburg umschlossenen Exklave Avenches-Cudrefin, während das Hauptstück selbst wieder drei Freiburger Enklaven und die Genfer Enklave Céligny umschließt. Im großen bildet das Land eine Mulde, die auf der Westseite zum Jura, auf der Südostseite zu den Alpen ansteigt. Quer durchzieht die Scheide vom Rhône- und Rheingebiet, so daß bei La Sarraz, wo die jurassischen Gewässer der Venoge und des Nozon sich nahetreten, der Teich des Moulin Bornu seinen Abfluß gabelnd an beide Stromgebiete verteilt (Bifurkation). Das alpine Gebiet besteht aus dem Rhônehalbthal, nach welchem sich das Val d'Ormonds und kleinere Alpenthäler öffnen, sowie aus dem zwischen die Berner und Freiburger Thalstufen eingezwängten Pays d'en Haut, dem Alpengelände von Château d'Oex im Saanegebiet. Jurassisch sind das Val de Joux und Valorbe nebst den Berghöhen der neuenburgischen Grenze (Ste.-Croix). Das zwischen beide Berggebiete eingelagerte Plateau, ein Teil der schweizerischen Hochebene, verflacht sich nach N. zum Gebiet des Neuenburger Sees, während die Südabdachung rascher zum Ufer des Genfer Sees abfällt. Nur im Gros de Vaud gelangt auch diese Senke zu einer entschiedenen Thalbildung, derjenigen der Venoge, welche zwischen Lausanne und Morges eine weite Alluvialebene in den See vorgeschoben hat und so die engern, weinreichen Uferlandschaften La Vaux oder Ryfthal (um Cully) und La Côte (um Rolle) trennt. Über der Landschaft La Vaux erhebt sich der Jorat (928 m), mit dem die Hochebene den alpinen Gebieten sich anlehnt. Gipfel von Hochgebirgscharakter sind in letztern: Oldenhorn (3134 m), Diablerets (3251 m), Grand Moveran (3061 m) und Dent de Morcles (2938 m), während andre mehr und mehr in Voralpen übergehen, wie die »drei Türme«: Tour d'Ai (2383 m), T. de Mayen (2323 m) und T. de Famelon (2158 m), der Chamossaire (2113 m), die Tornette (2543 m) und die Tête de Moine (2351 m), die Rochers de Naye (2044 m) und die Dent de Jaman (1879 m). Eine fahrbare Straße, erst 1876 vollendet, führt aus dem Ormondsthal nach Gsteig im Berner Saanenland, nämlich über den Col de Pillon (1552 m); älter ist die Paßstraße von Sépey nach Château d'Oex im Pays d'en Haut, mit zwei Übergängen von 1809, resp. 1545 m Höhe. Der Col de Jaman (1485 m), nach Freiburg, ist bloßer Bergpfad. Im Jura enthält die innere der beiden Ketten, welche das Val de Joux einfassen, die Dôle (1678 m), den Noirmont (1560 m), den Mont Tendre (1680 m, höchster Punkt des schweizerischen Jura) und die Dent de Vaulion (1486 m), die äußere den Risoux (1384 m), weiterhin den Suchet (1596 m), Chasseron (1611 m) und Creux du Vent (1465 m). Erstere hat drei Paßstraßen, über St.-Cergues (1263 m) direkt nach Frankreich, über den Marchairu (1450 m) und die Pré de Joux (1181 m) in das Val de Joux, während der Paß von Jougne (ca. 1000 m), über die äußere Kette, eine Eisenbahn erhalten hat (1875) zur Verbindung mit Pontarlier-Paris.

Der Kanton zählt (1888) 251,297 Einw. Die Waadtländer sind französischer Abstammung und vorwiegend protestantischer Konfession, dabei ein wohlgebauter und zäher, intelligenter Volksschlag, der die Gutmütigkeit und Ausdauer des Deutschen mit der Ungeniertheit und Aufgeräumtheit des Franzosen verbindet. Die Katholiken (22,428 an Zahl) gehören zum Bistum Lausanne-Genf, ausgenommen Aigle, welches der Diözese Sion (Wallis) zugeteilt ist. Entsprechend der Mannigfaltigkeit des orographischen Gerüstes wie den dadurch bedingten klimatischen Erscheinungen, ist dem Waadtland eine Vielförmigkeit wirtschaftlichen Charakters eigen: hier herrscht Alpenwirtschaft, dort Weinbau (auf 55,8 qkm); hier ist rein agrikoles Gebiet, dort im rauhen Jura neben der Viehzucht eine rührige Industrie. Natürlich, daß das Gros de Vaud und die übrigen agrikolen Gebiete nicht vermögen, den Getreidebedarf des Ganzen zu decken. Tabak wird an der untern Broye und um Granson gebaut. Die Waadtländer Weine sind größtenteils weiße und werden massenhaft ausgeführt; als die vorzüglichste Sorte gilt der Yvorne, der dem Rheinwein ähnelt. In den milden Lagen von Montreux bis Bex, dem eigentlichen Ostgebiet der W., gedeihen auch Mandel- und Kastanienbäume. Die Waldungen umfassen 684 qkm, doch deckt der Ertrag nicht einmal den Bedarf. Das Rindvieh (91,030 Stück) gehört meist dem schönen Freiburger und Ormondsschlag an; daneben gibt es 48,426 Schweine, 30,213 Schafe, 15,974 Ziegen. Die Pferderasse, ursprünglich klein, hat sich veredelt. Im Bergbau stehen voran die Salzwerke von Bex (s. d.); ferner werden ausgebeutet Pechkohle (5 Werke in La Vaux), Torf (in den Seegegenden), Bau- und Mühlsteine, Marmor (von St.-Triphon). Das Val de Joux ist in Uhrenindustrie, Ste.-Croix auch in der Fabrikation von Musikdosen thätig; Granson und Vevey haben Zigarrenfabriken, Valorbes Eisenwerke liefern Nägel, Feilen, Sensen etc. Drei Eisenbahnlinien folgen den Thälern (Genf-Villeneuve-St. Maurice, Morges-[Lausanne-]Cossonay-Yverdon, Lausanne-Moudon-Payerne-Murten); Bergbahnen führen über den Jorat (Lausanne-Palézieux-Freiburg) und den Jura (Cossonay-Valorbe-Jougne). Handelsplätze sind: Morges, Vevey und Yverdon. Im ganzen spürt der Waadtländer wenig Neigung für gewerbliche