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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Waller; Wallerfangen; Wallerfisch; Wallern; Wallerstein; Wallfahrten

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Wallerfangen - Wallfahrten.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Wallenstein'

Autorität in Wallensteins Heer, und bei einer zweiten Versammlung der Obersten in Pilsen (19. Febr.) erlangte W. nur unter Vorbehalt des kaiserlichen Dienstes das erneute Versprechen des Gehorsams. Als daher W. nach Erlaß eines zweiten kaiserlichen Patents vom 20. Febr., welches ihn des Verrats beschuldigte und die Offiziere jeder Verpflichtung gegen den Generalissimus entließ, Ernst machte, verweigerte ihm zuerst die Garnison von Prag offen den Gehorsam. Er warf sich nun nach Eger, um sich hier mit den Sachsen und Schweden zu vereinigen. Auf dem Weg schloß sich ihm Oberst W. Butler mit seinem Dragonerregiment an, der entschlossen war, W. lebend oder tot in des Kaisers Gewalt zu liefern. Am 24. Febr. kam W. in Eger an. Butler gewann die Befehlshaber in Eger, Gordon und Leslie, protestantische Schotten, für sich und veranstaltete 25. Febr. abends ein Gastmahl, bei welchem zuerst die Anhänger des Herzogs, die Generale Ilow, Terzka, Kinsky und Rittmeister Neumann, niedergemacht wurden. Von hier begab sich Hauptmann Deveroux, ein Irländer, mit den bluttriefenden Dragonern in die Wohnung Wallensteins, ein Privathaus (das Pachhölbelsche) am Markt. Als W., im Begriff, zur Ruhe zu gehen, das Waffengeräusch hörte, ging er nach dem Fenster, um die Wache zu rufen; aber in diesem Augenblick drang Deveroux ein und stieß ihm die Partisane in die Brust. Wallensteins Güter wurden nach kaiserlichem Urteilsspruch konfisziert und an die Mörder und die von W. abgefallenen Generale verteilt.

W. war von hoher Gestalt, hatte einen muskulösen, aber magern Körper, eine gelbliche Gesichtsfarbe, hohe Stirn, kurz verschnittenes schwarzes Haar und einen dünnen Bart. Seine schwarzen Augen waren nicht groß, aber voll Feuer und ehrfurchtgebietend. Der Ausdruck des Gesichts war kalt und zurückstoßend. Er lebte mäßig, war sehr thätig, aber wortkarg, ungeduldig bis zum Eigensinn, streng bis zur Grausamkeit und freigebig bis zur Verschwendung. In seinem Privatleben war er ein Muster ökonomischer, das Größte und Kleinste überwachender Ordnung und Wirtschaft. Mit seiner zweiten Gemahlin lebte er in glücklichster Ehe; ihre Tochter Maria Elisabeth heiratete später einen Grafen Kaunitz. W. war unbestritten einer der größten Heerführer seines Jahrhunderts, der in kurzer Zeit Heere zu schaffen, kampftüchtig zu machen und zum Sieg zu führen verstand. Als Politiker war er infolge seines unruhigen Ehrgeizes schwankend. Der Hauptbeweggrund für sein Handeln war die Sucht nach Erhebung zum Reichsfürsten und Erwerbung eines großen Länderbesitzes; doch fehlte ihm der kühne Mut zu entschlossenem Handeln. Obwohl er dem Kaiser als Reichsfürst, nicht als Unterthan gegenüberstand und dieser kein Recht hatte, ihn wegen Verrats zu strafen, so fiel W. doch nicht ohne Schuld als Opfer seiner maßlosen Selbstsucht und seiner Unschlüssigkeit.

Litteratur. Aus österreichischen Urkunden hat Förster in seinen »Briefen Wallensteins« (Berl. 1828 bis 1829, 3 Bde.), in der Biographie Wallensteins (Potsd. 1834) und in »Wallensteins Prozeß vor den Schranken des Weltgerichts« (Leipz. 1844) die Grundlosigkeit der ihm vom Kaiser zur Last gelegten Verbrechen nachzuweisen gesucht. Vgl. Aretin, Wallenstein (Regensb. 1846); Helbig, W. und Arnim 1632-34 (Dresd. 1850); Derselbe, Der Kaiser Ferdinand und der Herzog von Friedland während des Winters 1633-34 (das. 1852); Derselbe, Gustav Adolf und die Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg (Leipz. 1854); Hurter, Zur Geschichte ↔ Wallensteins (Schaffhaus. 1855); Derselbe, Wallensteins vier letzte Lebensjahre (Wien 1862); v. Ranke, Geschichte Wallensteins (4. Aufl., Leipz. 1880); A. Meyer, W. und seine Münzen (Wien 1886); Patsch, A. v. Wallensteins Studentenjahre (2. Aufl., Prag 1889); Irmer, Die Verhandlungen Schwedens u. seiner Verbündeten mit W. u. dem Kaiser (Leipz. 1888-89, Bd. 1 u. 2); Schmid, Die W.-Litteratur (das. 1878) u. a. Gegen Hurter verteidigten W. Hallwich (»Wallensteins Ende«, Leipz. 1879, 2 Bde.), Schebek (»Die Lösung der Wallensteinfrage«, Berl. 1881) und Bilek (»Beiträge zur Geschichte Waldsteins«, Prag 1886); wogegen Gädeke (»Wallensteins Verhandlungen mit den Schweden und Sachsen«, Frankf. 1885) und Hildebrand (»W. und seine Verbindungen mit den Schweden«, das. 1885) die Anklage des Verrats gegen W. erneuerten u. Gindely (»W. während seines ersten Generalats 1625-30«, Prag 1886, 2 Bde.) seinen Eigennutz und seine Herrschsucht darlegte.

Waller (spr. ŭoller), Edmund, engl. Dichter, geb. 3. März 1605 zu Coleshill in Warwickshire aus einer alten und angesehenen Familie, studierte zu Cambridge und kam im 18. Jahr in das Parlament. Anfangs auf der Seite der Opposition, wandte er sich später der königlichen Partei zu und ließ sich sogar in eine Verschwörung ein, um derselben London in die Hände zu spielen. Als sie 1643 entdeckt wurde, verriet W., um sich zu retten, sämtliche Teilnehmer. Hierfür zu Verbannung und Geldstrafe begnadigt, ging er nach Frankreich, doch rief ihn Cromwell, der mit ihm verwandt war, zurück und wurde hierfür von ihm in einem seiner besten Gedichte (»Upon the death of the Lord Protector«) verherrlicht. Diese Charakterlosigkeit, die sowohl Cromwell als später das Königtum verherrlichte, ist weniger der Person Wallers als seinem zwischen politischen Extremen schwankenden Zeitalter zur Last zu legen. Auch nach der Restauration lebte W. am Hof, wo ihn sein Witz beliebt machte. Er starb 21. Okt. 1687 auf seinem Landsitz in Beaconsfield. W. ist vorzüglich lyrischer Dichter, ausgezeichnet durch Grazie, Korrektheit und Eleganz, und übertrifft an Feinheit des Geschmacks alle seine Zeitgenossen; aber seine Poesien sind Produkte des kombinierenden Verstandes, nicht schöpferischer Phantasie und echten Gefühls. Am glücklichsten ist er in lyrisch-erotischen Tändeleien. Unter den zahlreichen Ausgaben seiner Gedichte (zuerst Lond. 1664) gelten die von Tonson (1711) und die neuere von Bell (1871) für die besten; seine sämtlichen Werke gab Fenton (1729) heraus.

Wallerfangen, Dorf, s. Saarlouis.

Wallerfisch, s. Wels.

Wallern, Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Prachatitz, im Böhmerwald, mit Bezirksgericht, Fachschule für Holzindustrie und (1880) 3114 Einw., welche Holzschnitzerei und Leinweberei betreiben.

Wallerstein, Flecken im bayr. Regierungsbezirk Schwaben, Bezirksamt Nördlingen, an der Linie Nördlingen-Dombühl der Bayrischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein schönes Residenzschloß des Fürsten von Öttingen-W., eine Lateinschule, ein Institut der Englischen Fräulein, ein Forstamt und (1885) 1374 meist kath. Einwohner. In der Nähe Maihingen, mit der großen Fideikommißbibliothek und Kunstsammlungen der Fürsten von Öttingen-Wallerstein.

Wallfahrten (Betfahrten, lat. Peregrinationes religiosae), in der katholischen Kirche Wanderungen oder Gänge unter Gebet und Gesang nach Orten, an die sich fromme Erinnerungen knüpfen (Gnaden-

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 363.