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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wärmeeffekt; Wärmefärbung; Wärmekapazität; Wärmeleitung

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Wärmeeffekt - Wärmeleitung.

men). Wird aber dem zu erwärmenden Gas gestattet, sich auszudehnen und sich dadurch stets mit dem äußern unverändert bleibenden Druck ins Gleichgewicht zu setzen, so wird ebensowenig wie im vorigen Fall innere Arbeit zu leisten sein, dagegen muß ein Teil der zugeführten W. zu äußerer Arbeit, nämlich zur Überwindung des äußern Drucks, verbraucht werden. Die zur Erwärmung eines Kilogramms Gas unter diesen Umständen verbrauchte Wärmemenge oder die spezifische W. bei unverändertem (konstantem) Druck muß demnach größer sein als diejenige bei unverändertem Rauminhalt, weil in ihr noch ein zu äußerer Arbeit verbrauchter Wärmeanteil enthalten ist, der dem Unterschied der beiden spezifischen Wärmen gleichkommt. Da man nun die Arbeit kennt, welche das sich ausdehnende Gas bei der Erwärmung um 1° C. vollbringt, so kann man die von einer Wärmeeinheit geleistete Arbeit oder das mechanische Äquivalent der W. leicht berechnen. Auf diese Weise hat Robert Meyer, der Begründer der mechanischen Wärmetheorie, das Wärmeäquivalent zuerst bestimmt. Preßt man das durch W. ausgedehnte Gas wieder auf den ursprünglichen Raum zusammen, so wird die für die Ausdehnung verbrauchte und in Arbeit verwandelte Wärmemenge in der Form von fühlbarer W. wieder frei. Hierauf beruht das sogen. pneumatische Feuerzeug: wird nämlich ein Kolben rasch in einen Luft enthaltenden Cylinder gestoßen, so erhitzt sich die zusammengepreßte Luft so stark, daß sich ein unten am Kolben angebrachtes Stückchen Zunder entzündet. Umgekehrt muß ein Gas, welches sich ohne äußere Wärmezufuhr ausdehnt, die zur äußern Arbeit nötige W. aus seinem eignen Wärmevorrat entnehmen und sich sonach abkühlen. Um verschiedene Gase um gleichviel, z. B. um 1° C., zu erwärmen, muß man die Bewegungsenergie ihrer Moleküle um gleichviel vergrößern, d. h. die Moleküle aller Gase bedürfen zur gleichen Temperaturerhöhung gleicher Wärmemengen, oder ihre Molekularwärmen (die zur Erwärmung der Molekulargewichte erforderlichen Wärmemengen) sind gleich. Da nach dem Avogadroschen Gesetz alle Gase in gleichen Raumteilen gleich viele Moleküle enthalten und demnach die Molekulargewichte in demselben Verhältnis stehen wie die Gewichte gleicher Raumteile (oder wie die spezifischen Gewichte), so kann man auch sagen, daß gleiche Raumteile verschiedener Gase zur gleichen Temperaturerhöhung gleiche Wärmemengen nötig haben. Die spezifischen Wärmen der Gase, d. h. die zur Erwärmung von je 1 kg um 1° C. erforderlichen Wärmemengen, stehen demnach im umgekehrten Verhältnis ihrer Molekulargewichte oder ihrer spezifischen Gewichte. Dieses Gesetz steht in enger Beziehung zu dem Dulong-Petitschen Gesetz, nach welchem die Wärmekapazitäten der festen chemischen Elemente sich umgekehrt verhalten wie ihre Atomgewichte. Über die Verteilung der W. über die Erdoberfläche s. Lufttemperatur. Geschichtliches über die Ausbildung der Wärmelehre (Thermik) s. Physik, besonders S. 36. Vgl. Mayer, Mechanik der W. (2. Aufl., Stuttg. 1874); Wüllner, Lehre von der W. (4. Aufl., Leipz. 1885); Tait, Vorlesungen über einige neuere Fortschritte der Physik (deutsch von Wertheim, Braunschw. 1877); Derselbe, Wärmelehre (deutsch von Lecher, Wien 1885); Carl, Die W. (nach Cazin, 2. Aufl., Münch. 1877); Tyndall, Die W. betrachtet als eine Art der Bewegung (deutsch von Helmholtz, 3. Aufl., Braunschw. 1875); Clausius, Die mechanische Wärmetheorie (2. Aufl., das. 1876-78); Zeuner, Grundzüge der mechanischen Wärmetheorie (3. Aufl., Leipz. 1887); Rühlmann, Handbuch der mechanischen Wärmetheorie (Braunschw. 1874-85, 2 Bde.); Maxwell, Theorie der W. (deutsch von Neesen, das. 1878); Herrmann, Kompendium der mechanischen Wärmetheorie (Berl. 1878).

Wärmeeffekt, spezifischer oder absoluter, s. Heizmaterialien, S. 335.

Wärmefärbung, s. Wärmestrahlung.

Wärmekapazität, s. Spezifische Wärme.

Wärmeleitung, die Fortpflanzung der Wärme in den Körpern durch Abgabe von Teilchen zu Teilchen. Hält man einen Metalldraht in eine Kerzenflamme, so wird derselbe, indem die Wärme von seinem erhitzten Ende den Draht entlang fortwandert, auch am andern Ende bald so heiß, daß man ihn nicht mehr zwischen den Fingern halten kann; ein gleich langes Holzstäbchen dagegen kann man an seinem Ende anzünden und fast bis zu den Fingern abbrennen lassen, ohne eine Temperaturerhöhung zu fühlen. Ein silberner Schöpflöffel, in die heiße Suppe gesteckt, wird sehr rasch auch an seinem Griff heiß, während ein hölzerner Kochlöffel unter denselben Umständen nur langsam und nur in geringem Grad sich erwärmt. Unter allen Körpern leiten die Metalle die Wärme am besten; Holz, Asche, Stroh, Seide, Federn, Haare, Wolle etc., überhaupt die lockern Körper aus dem Tier- und Pflanzenreich, sind die schlechtesten Wärmeleiter; etwas besser leiten Steine, Glas, Porzellan. Das Wärmeleitungsvermögen der verschiedenen Metalle ist übrigens sehr ungleich, wie man durch folgenden Versuch leicht zeigen kann. Eine Kupferstange und eine gleichgestaltete Eisenstange werden wagerecht, mit ihren Enden sich berührend, aufgestellt und auf ihrer Unterseite in gleichen Abständen von der Berührungsstelle hölzerne Kugeln mittels Wachs angeklebt. Erwärmt man nun die Berührungsstelle, so verbreitet sich die Wärme in dem Kupferstab rascher, und es fallen von ihm mehr Kugeln ab als von dem Eisenstab. Wird ein Metallstab am einen Ende erwärmt, und bestimmt man die Temperatur desselben an verschiedenen Stellen durch Thermometer (t, t¹, t² etc., s. Figur), die in Bohrlöcher des Stabes AB eingesenkt sind, so findet man, daß, wenn die Entfernungen von der Wärmequelle (L) in arithmetischer Reihe wachsen, die entsprechenden Temperaturerhöhungen in geometrischer Reihe abnehmen, ein Gesetz, welches durch die krumme Linie a, a¹, a² etc., welche die Gipfelpunkte der Quecksilbersäulen der Thermometer verbindet, versinnlicht wird. Für Stäbe verschiedener Metalle von gleichen Dimensionen verhalten sich die Wärmeleitungsfähigkeiten wie die Quadrate der Entfernungen von der Wärmequelle, in welchen man unter sonst gleichen Umständen gleiche Temperaturüberschüsse beobachtet. Wiedemann und Franz bestimmten

^[Abb.: Verbreitung der Wärme durch Leitung.]