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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Waschen

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Waschen (Dampfwäscherei, Fleckausmachen, chemisch-trockne Reinigung).

nur um Entfernung eines etwas grauen Tons, so mischt man 1 Eßlöffel Terpentinöl mit 3 Eßlöffeln Spiritus, gießt hiervon 1 Eßlöffel in einen Eimer Wasser, spült und trocknet im Freien, am besten bei Sonnenschein. Die Wäsche wird sehr weiß und riecht nicht im geringsten nach Terpentin. Zum Trocknen benutzt man in Waschanstalten Trockenkammern, die mit warmer Luft geheizt werden und mit einem Ventilator versehen sind, um kräftigen Luftzug herzustellen. Zum Rollen oder Mangeln der Wäsche dienen sehr bequeme Maschinen, welche im wesentlichen aus zwei übereinander liegenden hölzernen Walzen bestehen, die durch Hebel gegeneinander gepreßt und durch eine Kurbel bewegt werden. Die ganze Vorrichtung ist auf einem Klapptisch angebracht und erfordert zum Betrieb wenig Kraft.

Bei der Dampfwäscherei, welche die Gewebe sehr wenig angreift, wird die Wäsche mit Seifen- und Sodalösung eingeweicht, ausgerungen und in das Dämpffaß gelegt. Dies ist mit doppeltem Boden versehen und wird in der Weise gefüllt, daß man Stäbe in die Löcher des obern Bodens steckt, die Wäsche einpackt, dann die Stäbe herauszieht und eine letzte Schicht Wäsche folgen läßt. Durch die Kanäle, welche sich an Stelle der Stöcke gebildet haben, streicht der Dampf, der durch ein Rohr zugeleitet wird, und durchdringt die Wäsche vollständig. Während des Dämpfens ist das Faß durch einen Deckel geschlossen, an einem Thermometer erkennt man die Temperatur, und wenn dieselbe nach etwa zwei Stunden überall auf 100° gestiegen ist, so beendet man die Operation und reinigt die Wäsche mit sehr geringer Mühe entweder nach der gewöhnlichen Methode oder in Waschmaschinen (s. d.). Man benutzt auch Kochtöpfe (Katarakttöpfe) mit einem Röhrensystem, in welchem das am Boden des Topfes zum Kochen erhitzte Wasser durch Dampfdruck gehoben wird, so daß es sich oben auf die Wäsche ergießt und durch dieselbe wieder herabsickert, um von neuem erhitzt und gehoben zu werden.

Einen besondern Teil des Waschens bildet das Ausmachen von Flecken. Hierbei gilt die Regel, stets so schnell wie möglich zu verfahren; denn während frische Flecke oft, ohne eine Spur zu hinterlassen, beseitigt werden können, sind sie nach längerer Zeit gewöhnlich unvertilgbar. Dies gilt besonders in den Fällen, wo ein Farbstoff modifiziert worden ist. Die roten Säureflecke auf schwarzem Tuch verschwinden z. B. bei sofortigem Betupfen mit Ammoniak augenblicklich, während nach mehreren Tagen die Farbe zerstört ist und nicht wiederhergestellt werden kann. Flecke, welche durch Alkalien hervorgebracht sind, vertilgt man durch Betupfen mit verdünnter Essigsäure, Schwefelsäure oder Kleesäure. In beiden Fällen muß mit reinem Wasser nachgespült werden, und vor der Anwendung der Säuren oder Alkalien hat man sich zu überzeugen, ob auch die Farbe des Gewebes dadurch nicht leidet. Bei allen übrigen Flecken wird der Stoff einige Stunden im Wasser eingeweicht und dann erst das Fleckmittel angewandt; nur Fettflecke dürfen nicht eingeweicht werden, und wenn die Farbe des Stoffes leiden kann, muß man statt Wasser Spiritus anwenden. Bierflecke werden mit reinem Wasser und dann mit alkalischen oder bleichenden Mitteln entfernt; Blutflecke weichen der Seife und Soda und im schlimmsten Fall der schließlichen Anwendung von Kleesalz. Schokoladeflecke behandelt man zuerst wie Fettflecke und wäscht sie dann mit Seife, Soda oder Eidotter aus. Fettflecke entfernt man durch Reiben und Betupfen mit Benzin, aus dicken Stoffen durch Aufstreuen von Bolus und Erhitzen des letztern mit einem Bügeleisen. Bänder und andre kleine Gegenstände wirft man am besten in eine Flasche, die Benzin enthält, läßt sie darin einige Zeit verweilen und spült sie in reinem Benzin. Firnis- und Harzflecke weichen dem Terpentinöl oder einer Mischung desselben mit Äther. Fleischbrühflecke behandelt man erst mit Benzin, dann mit reinem Wasser, Alkohol oder Salmiakgeist. Grasflecke weichen den alkalischen oder, wenn sie älter sind, bleichenden Fleckmitteln. Kotflecke werden durch Reiben, Wasser und, wenn die Farbe gelitten hat, durch schwache Säuren entfernt. Moderflecke weichen nach mehrmaligem Befeuchten mit verdünntem Salmiakgeist, besonders aus Seide. Obstflecke entfernt man mit Wasser und Eau de Javelle. Ölfarbenflecke werden mit einer Mischung von Terpentinöl und Äther entfernt. Rostflecke belegt man mit Kleesäure, befeuchtet diese und spült nach einiger Zeit. Alte Rostflecke behandelt man zuerst mit verdünnter Salzsäure, spült, wäscht sie mit heißer Sodalösung, spült wieder und legt sie in ganz schwache Schwefelsäure, die ein wenig gelbes Blutlaugensalz enthält. Sind die Flecke ganz blau geworden, so spült man mit Wasser, legt sie in Sodalösung, spült wieder und behandelt sie mit verdünnter Salzsäure, durch welche sie verschwinden. Rotweinflecke tilgt man mit Wasser und Eau de Javelle oder schwefliger Säure. Sauceflecke werden zuerst mit Benzin entfettet, dann mit Kleesäure und zuletzt mit Ammoniak behandelt. Teerflecke entfernt man mit einer Mischung von Benzin und Alkohol; Tintenflecke müssen gut eingewässert und dann mit Kleesäure behandelt werden. Alizarintinte weicht viel schwieriger; man behandelt den Fleck zuerst mit Wasser, bestreut ihn mit gepulverter Weinsäure, feuchtet diese an, spült nach längerer Zeit und behandelt den grau gewordenen Fleck mit Eau de Javelle. Urinflecke verschwinden beim Behandeln mit Wasser; Farbenveränderungen durch frischen Urin werden mit sehr verdünntem Ammoniak, durch alten Urin mit Kleesäure behandelt. Wagenschmierflecke werden mit Benzin, dann mit Kleesäure und zuletzt mit Seife behandelt.

Eine sehr wesentliche Bereicherung der Reinigungsmethoden von Geweben etc. bietet die Anwendung von Benzin und ähnlichen flüchtigen Flüssigkeiten, welche Fette lösen, aber selbst die zartesten Farben nicht verändern und namentlich die Appretur nicht angreifen. Da die meisten Verunreinigungen der Gewebe aus Staub bestehen, welcher durch Fett oder fettähnliche Stoffe darauf klebt, so wird durch Auflösen des Fettes eine vollkommene Reinigung erzielt, und die Stoffe gehen aus dieser Behandlung wie neu hervor, weil selbst der bei der Appretur durch Pressen etc. hervorgebrachte Effekt nicht verloren geht, da das Benzin die Faser nicht zum Quellen bringt und der bei der Appretur dem Gewebe einverleibte Kleister vollends ungelöst bleibt. Diese chemisch-trockne Reinigung hat wegen solcher Vorzüge schnell allgemeine Verbreitung gefunden. Im kleinen kann man sie selbst ausführen, indem man z. B. seidene Halstücher od. dgl. auf einem Teller mit Benzin wäscht und dann mit reinem Benzin spült. Da das Benzin sehr flüchtig ist, so verbraucht man zu größern Tüchern ziemlich bedeutende Mengen, und auf Kleider ist das Verfahren in dieser Form nicht anwendbar, weil es zu kostspielig sein würde. In den Waschanstalten bürstet man die Stoffe mit Benzin, bringt sie dann mit Benzin in eine rotierende, aus Latten gebildete Trommel, die mit einem gut