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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wassergas

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Wassergas.

Darstellung von W. hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen, bis Lowe die Wasserzersetzung statt in Retorten in Schachtöfen vornahm und die Erhitzung der Kohle, des Dampfes und des Gases nicht durch äußere Heizung, sondern durch Verbrennung eines Teils der Kohle selbst abwechselnd in einer Luft- und einer Dampfatmosphäre hervorbrachte. Strong ermöglichte nach diesem Prinzip die Benutzung der geringwertigsten Brennmaterialien und eine günstigere Ausnutzung der erzeugten Wärme.

Einen von Quaglio und Dwight konstruierten Apparat zur Erzeugung von W. nach Strongs System zeigen Fig. 1 u. 2. A A sind die Wände und Abteilungen aus feuerfesten Steinen. B ist die Hauptverbrennungskammer, S der Rost, a eine Thür zum Einfüllen des Brennmaterials, c c Thüren zur Reinigung des Rostes, c¹ der Aschenfall mit der Thür c². Die Kammer B steht durch die Kanäle D¹ E¹ c¹ in Verbindung mit den Kammern D E C, welche mit feuerfestem Material ausgefüllt sind, um beliebig Wärme aus heißen Gasen aufzunehmen und an kalte Gase abzugeben. Die Kammern C und E haben am Scheitel Auslässe für die ausgenutzten Verbrennungsprodukte, welche durch die Schieber oder Ventile a² und a³ geöffnet und geschlossen werden können. C hat auch einen Gasauslaß F und E einen gleichen F¹. Der Deckel G gibt Zutritt zur Kammer D bei Reparaturen, die Röhren H und H¹ für Gebläseluft in die Kammern B oder C, resp. B oder D. Mittels des Apparats J mit dem Schieber a¹ kann staubförmiges Material in den obern Teil der Kammer B eingebracht werden. k und k¹ sind Röhren, welche Wasserdampf nach E, eventuell O liefern. Durch das Rohr L können flüssige Kohlenwasserstoffe in die Kammer B und durch Rohr m in die Kammer C geleitet werden. Soll nun W. aus Stückkohle erzeugt werden, so wird diese in der Kammer B entzündet, Ventil a³ geöffnet und a und a² geschlossen. Alsdann wird durch H Luft eingeblasen, um die Verbrennung zu beschleunigen, und ebenso bei H¹, um die aus B nach D u. E überströmenden brennbaren Gase zu verbrennen. Ist nun in B D E die Temperatur genügend gesteigert, so wird das Ventil a³ geschlossen, die Gebläseluft abgesperrt und das Rohr F an der Kammer C geöffnet. Nun wird bei K Wasserdampf eingeladen, welcher durch die Zwischenräume des feuerfesten Materials in E und D hindurchgeht, in überhitztem Zustand durch D¹ nach B gelangt und hier durch die glühende Kohle abwärts strömt, wobei das Wasser zersetzt und ein aus Wasserstoff, Kohlenoxyd und Kohlensäure bestehendes Gasgemisch gebildet wird, welches durch die Aschenkammer und aufwärts durch die Kammer C strömt und in dieser einen sehr großen Teil seiner Wärme an das darin aufgespeicherte Material abgibt. Durch das Rohr F entweicht das Gas nach dem Gasbehälter. Ist nun die Temperatur der Kohle unter einen bestimmten Punkt gefallen, so wird der Dampf abgesperrt, das Ventil F geschlossen, a² geöffnet, Gebläseluft erst durch H, später durch H¹ eingeblasen, um die aus B nach C strömenden Gase zu verbrennen, bis die Hitze wieder genügend hergestellt ist. Dann wird die Luft abgesperrt, a² geschlossen, F¹ geöffnet, Wasserdampf bei K¹ zugelassen, welcher nun durch die heißen Ziegel in C abwärts und durch den Rost L und die Kohle aufwärts strömt und zersetzt wird. Das erzeugte W. entweicht durch D und E¹, die Ziegel in D erhitzend, und durch F¹ zum Gasbehälter.

Soll staubförmiges Material verarbeitet werden, so wird dieses in den Trichter J gebracht, der Apparat wie im ersten Fall angefeuert und die Temperatur in den Kammern D und E viel höher getrieben als im ersten Fall. Dann sperrt man das Gebläse ab, schließt a³ und läßt Wasserdampf bei K ein. Öffnet man nun den Trichter J, so begegnet das allmählich in die Kammer B fallende Material dem stark überhitzten Dampf, und es vollzieht sich eine Zersetzung, welche durch das Passieren der Gase durch die glühende Kohlenschicht vollendet wird. Das resultierende W. strömt durch F ab. Genau in derselben Weise verfährt man bei Verarbeitung von Flüssigkeiten, nur daß diese durch das Rohr L zugeführt werden. Der Ofen kann hierbei alternierend benutzt werden, zuerst in der beschriebenen Weise, dann, indem man den Dampf bei K¹ und die flüssigen Kohlenwasserstoffe bei m einläßt. Soll nun mit leuchtender Flamme verbrennendes Gas aus pulverförmigem Material und flüssigen Kohlenwasserstoffen erzeugt werden, so verfährt man, wie oben für die Verwendung von pulverförmigem Material angegeben, muß aber vorher auch die Kammer C erhitzen, indem man a² öffnet, a³ schließt und Luft durch H¹ und H einbläst. Sind alle drei Kammern genügend heiß, so werden die Kaminschieber geschlossen, die Luft wird abgesperrt, der Dampf bei K eingelassen und durch Einlassen des pulverförmigen Materials aus J W. erzeugt. Nun werden durch einen Injektor bei m flüssige Kohlenwasserstoffe in verstäubter Form eingeblasen. Dieselben begegnen dem heißen Gas, werden durch dasselbe verdampft und dann, indem die Dämpfe durch die heißen Ziegel der Kammer C strömen, in zweckentsprechender Weise zersetzt. Das nunmehr mit schweren gasförmigen Kohlenwasserstoffen beladene Gas entweicht durch das Rohr F. Durch geringe Modifikationen kann man ferner das W. aus festen, stückförmigen oder aus flüssigen Substanzen und Wasserdampf er-^[folgende Seite]

^[Abb.: Fig. 1 u. 2. Apparat zur Darstellung von Wassergas. Fig. 1. Durchschnitt. Fig. 2. Grundriß.]