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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wasserrad

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Wasserrad (halbmittel- und unterschlächtige Räder, Turbinen).

das Rad strömt, dasselbe mit verhältnismäßig geringer Geschwindigkeit erreicht und daher fast allein durch den Druck wirkt. Solche Räder geben einen Wirkungsgrad von 0,67 und eignen sich am besten für Gefälle von 1½-2½ m und Wassermengen von 0,3-2½ cbm. Hat man bei Gefällen von 2,5-4 m mit sehr veränderlichem Aufschlagwasser zu kämpfen, so sind für die vorteilhafte Verwendung des Wassers, namentlich wenn dessen Menge zwischen 1 und 2 cbm pro Stunde schwankt, diejenigen Kropfräder zu empfehlen, bei denen das Wasser mittels gekrümmter Leitschaufeln zugeführt wird (Kulisseneinlauf), wobei die Zahl der Durchflußöffnungen je nach den zuströmenden Wassermengen mit Hilfe einer Schütze geregelt werden kann. In Fig. 4 ist r r das Rad, s s sind Schaufeln, k k Kropf, a Kulisseneinlauf, durch Schützen b d mittels des Rades e regulierbar, c Gerinne. Der Wirkungsgrad dieser Räder läßt sich auf 70 Proz. bringen. - Einen Übergang zu den unterschlächtigen Wasserrädern bilden die halbmittelschlächtigen, deren in Fig. 5 eins mit Spannschützen abgebildet ist. Zu ihnen sind einige neuere Räder mit besonderer Schaufelform zu rechnen: Das Sagebien-Rad (Fig. 6) hat bei großem Durchmesser nur geringe Umfangsgeschwindigkeit, eine große Kranzbreite und Schaufelzahl. Das Oberwasser fließt in einem dicken Strom sehr langsam zu, so daß ein Stoßverlust beim Eintritt in das Rad fast ganz vermieden wird und das Gefälle beinahe ausschließlich als Druckgefälle zur Wirkung kommt. Der Wirkungsgrad ist demnach hoch (etwa 0,75, angeblich sogar über 0,9). Die Schaufeln können entweder gerade mit einem Knick am äußern Ende (s. Figur, links) oder krumm (s. Figur, rechts) ausgeführt werden. Das Zuppinger-Rad (Fig. 7) hat eine noch größere Kranzbreite. Die Schaufeln sind nach innen gerade und nach außen hin so gekrümmt, daß sie beim Austritt aus dem Wasser eine nahezu vertikale Lage haben. - Die unterschlächtigen Wasserräder werden durch die lebendige Kraft des Wassers, häufig mit reiner Stoßwirkung, getrieben, so daß sie einen durchschnittlich geringen Wirkungsgrad haben. Die ungünstigste Wirkung haben von ihnen die schon erwähnten Schiffmühlenräder, demnächst die Räder im geraden oder Schnurgerinne (Fig. 8). Die letztern werden nur durch den Wasserstoß in Umdrehung versetzt und lassen noch ein bedeutendes Wasserquantum unbenutzt durch den Zwischenraum zwischen Rad und Gerinne fortgehen (Wirkungsgrad nur 0,30-0,35). Sie werden nur bei geringen Gefällen von etwa 1 m verwendet. Etwas günstiger arbeiten diese Räder, wenn man unter ihnen eine schwache Krümmung ins Gerinne legt, in welchem sich immer gleichzeitig mehrere Schaufeln befinden (Fig. 9), wodurch der Wasserverlust vermindert wird. Zuweilen ist an solchen Rädern eine Vorrichtung (sogen. Pansterzeug, Pansterwerk) zum Heben und Senken derselben samt ihren Lagern je nach dem Stande des Unterwassers; man nennt diese Räder Pansterräder. Die Stellung der Schaufeln ist bei unterschlächtigen Wasserrädern vielfach eine radiale, doch sind auch sehr oft schräge oder geknickte Schaufeln zur Verminderung des Wasserstoßes in Gebrauch. Die vollkommensten unterschlächtigen Räder erhält man, wenn man die Schaufeln so krümmt, daß der eintretende Wasserstrahl, an der hohlen Seite derselben hinströmend, gegen sie drücken kann, ohne einen Stoß hervorzubringen. Solche Räder heißen nach ihrem Erfinder Poncelet-Räder. Sie sind bei kleinen Gefällen (unter 2 m) sehr empfehlenswert und haben einen Nutzeffekt von 55-65 Proz. Fig. 9 zeigt ein Poncelet-Rad r r r mit den krummen Schaufeln m und dem Gerinne a b c d; f f ist eine Schütze, die mittels der an der Platte h sitzenden Lenkstangen g g und der Windevorrichtung k i in schräger Richtung so nahe wie möglich an das W. gestellt ist, durch welch letztere Einrichtung dem W. die nötige Wassermenge möglichst vorteilhaft zugeführt wird. Nach dem Vorausgegangenen scheint es, als ob nur bei direkter Wirkung des Wassers durch sein Gewicht ein hoher Wirkungsgrad erzielt werden könne, während bei Benutzung der Stoßwirkung, bez. bei Übertragung der lebendigen Kraft des mit großer Geschwindigkeit ausströmenden Wassers auf ein W. starke Verluste unvermeidlich seien. Bei den vertikalen Wasserrädern trifft dies durchschnittlich zu; anders aber ist es bei den horizontalen Wasserrädern oder Turbinen, bei denen trotz vollständigen Ausschlusses der direkten Schwerkraftwirkung ein Wirkungsgrad von 75 oft erreicht wird. Hauptbedingung hierfür ist, daß dem Wasser durch die eigentümliche Form der Schaufeln seine meist sehr große Einströmungsgeschwindigkeit möglichst allmählich, d. h. ohne Stoß, und möglichst vollkommen entzogen werde. Früher benutzte man überall bei hohen Gefällen, zu deren besserer Verwendung keine Gelegenheit vorhanden war, die Stoßräder (Bordaschen Turbinen, Löffelräder, Kufenräder, Fig. 10). Diese haben gewöhnlich löffelartig gestaltete Schaufeln, gegen welche der Stoß eines Wasserstrahls wirkt, der durch einen rinnenförmigen Ausguß mit großer Geschwindigkeit zugeführt wird, und sind gewöhnlichen unterschlächtigen Wasserrädern gleichzustellen (30-35 Proz. Nutzeffekt), machen aber eine bedeutend höhere Zahl von Umläufen pro Minute als jene. Sie bilden den Übergang zu den eigentlichen Turbinen. Man unterscheidet zwei Hauptarten von Turbinen, nämlich Radialturbinen und Axialturbinen. Bei ersterer fließt das Wasser in der Richtung vom Zentrum nach außen oder umgekehrt, wonach man einen Unterschied zwischen Radialturbinen mit innerer und äußerer Beaufschlagung macht; bei den Axialturbinen fließt das Wasser in der Achsenrichtung durch das Rad. Eine andre Einteilung ist in der Art der Wasserwirkung begründet. Setzt man nämlich voraus, daß das Wasser gegen die Schaufeln in freien Strahlen geführt wird, d. h. in solchen, welche einen Überdruck über die Atmosphäre (hydraulische Pressung) nicht besitzen, indem der ganze Druck des Gefälles zur Geschwindigkeitserteilung benutzt ist, so erhält man eine Druck- oder Aktionsturbine. Wird dagegen das Wasser dem Laufrad mit einer geringern Geschwindigkeit zugeführt, als dem Gefälle entspricht (so daß es einen innern Überdruck hat), und wird der Rest ihm erst innerhalb des Laufrades erteilt, so spricht man von Überdruck- oder Reaktionsturbinen. Letztere unterscheiden sich von erstern auch dadurch, daß das Wasser bei ihnen die Räume zwischen den Schaufeln vollständig ausfüllt, während bei diesen der frei hindurchgehende Strahl leere oder tote Räume beläßt. Reaktionsturbinen können unbeschadet ihrer Wirkung sowohl unter Wasser als in freier Luft arbeiten, Aktionsturbinen dagegen nur vorteilhaft in freier Luft (also ohne ins Unterwasser einzutauchen). Eine dritte Einteilung endlich macht man danach, ob fortwährend sämtliche Schaufeln in Thätigkeit sind (Vollturbinen), oder ob nur je mehrere zusammen nacheinander zur Wirkung kommen (Partialturbinen). Letztere sind zweckmäßig nur als reine Aktionsturbinen auszuführen.