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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Werner

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Werner.

auch Werners spätere dichterische Richtung nicht ahnen. 1793 wurde W. Kammersekretär in Südpreußen, nachher in gleicher Stellung an verschiedene Orte in den neuen polnischen Provinzen, zuletzt nach Warschau, versetzt. Während seines Aufenthalts daselbst, wo er mit J. J. ^[Johann Jacob] Mnioch und E. T. A. Hoffmann verkehrte und auch seinen nachmaligen Biographen Hitzig kennen lernte, schloß W. nicht weniger als drei Ehen, von denen die beiden ersten sich sehr rasch wieder lösten. Während Hitzig, nach Berlin versetzt, sich um die Unterbringung von Werners erster dramatischer Arbeit: »Die Söhne des Thals« (Berl. 1803), bemühte war W. mit seiner dritten Frau nach Königsberg gereist, seine an Geistesstörung leidende Mutter zu pflegen. Das Datum ihres 1804 erfolgten Todes (24. Febr.) gewann, zumal am gleichen Tag sein Freund Mnioch in Warschau starb, eine fatalistische Bedeutung für W., der er später auch dichterischen Ausdruck gab. In Warschau vollendete er noch »Das Kreuz an der Ostsee«, 1. Teil: »Die Brautnacht« (Berl. 1806), und ging dann nach Berlin, wo ihm sein Gönner, der Minister v. Schrötter, eine Stelle verschafft hatte, die ihm volle Muße zu dichterischem Schaffen ließ. In anregendem Verkehr mit Fichte, Schadow, Joh. v. Müller, Iffland, A. W. v. Schlegel und besonders mit der Schauspielerin Bethmann-Unzelmann, schrieb W. in Berlin die Tragödie »Martin Luther oder die Weihe der Kraft« (Berl. 1807; mit Einleitung hrsg. von Julian Schmidt, Leipz. 1876), welche 1806 auf der dortigen Bühne erschien. Nachdem er auch seine dritte Ehe aufgelöst hatte, bereiste er im Sommer 1807 den Rhein und begab sich dann über Gotha, wo ihn der Herzog August, ein bekannter Sonderling, freundlich aufnahm, nach Weimar, wo er während eines Winteraufenthalts viel mit Goethe verkehrte, der sich für ihn interessierte und seine romantische Tragödie »Wanda« (Tübing. 1810) 30. Jan. 1808 aufführen ließ. Im nächsten Frühling nach Berlin zurückgekehrt, trat W. schon im Sommer eine neue Reise an, lernte in der Schweiz Frau v. Staël kennen, verweilte als deren Gast eine Zeitlang in Coppet und ging hierauf über Paris abermals nach Weimar, wo er die kleine Schicksalstragödie »Der 24. Februar« (Altenb. 1815) dem davon keineswegs erbauten Meister vorlegte. Vorher war das Trauerspiel »Attila« (Berl. 1808) erschienen. Im nächsten Jahr erhielt der Dichter vom Fürsten-Primas von Dalberg einen Jahrgehalt, den später der Großherzog von Weimar fortzahlte, und um dieselbe Zeit vom Großherzog von Hessen den Hofratstitel. Nach einem zweiten mehrmonatlichen Aufenthalt in Coppet reiste W. nach Rom, wo er bis zum Juli 1813 verweilte und 19. April 1811 zur katholischen Kirche übertrat. Im Sommer 1814 in Aschaffenburg zum Priester geweiht, nahm W. seinen dauernden Aufenthalt in Wien. Während des Kongresses und später predigte er dort, ohne eigentlich angestellt zu sein, oft, und seine wunderliche Persönlichkeit zog eine große Zuhörerschaft an. Vom Frühjahr 1816 an verweilte er ein Jahr lang in Podolien bei der Familie des Grafen Choloniewski; dann wurde er zum Ehrendomherrn des Kathedralkapitels in Kamenez ernannt. Seit 1819 wohnte er im Haus des Fürstbischofs von Wien. Mit der »Weihe der Unkraft« (Frankf. 1813) hatte er seinen Abfall vom Protestantismus dichterisch proklamiert; es folgten an größern Dichtungen noch »Kunigunde die Heilige« (romantisches Schauspiel, Leipz. 1815) und die Tragödie »Die Mutter der Makkabäer« (Wien 1820), des Dichters letztes Werk. Seit Herbst 1821 kränkelnd, setzte W. dennoch seine öffentlichen Vorträge eifrig fort. Den Vorsatz, in den Redemptoristenorden zu treten, gab er, nachdem er schon das Ordenskleid angelegt, plötzlich wieder auf. Er starb 17. Jan. 1823 in Wien. W. war der einzige Dramatiker der »romantischen Schule«, der Bühnenerfolge errang. Ursprünglich von Schillers »Jungfrau von Orléans« und »Braut von Messina« ausgehend, bildete er die mystischen Elemente und die Schicksalsidee auf seine Weise weiter, gelangte Schritt für Schritt zu einer dunkeln, ihn stets mehr überwältigenden Phantastik, steigerte den dramatischen Ausdruck zur Exaltation und fand zuletzt als einzigen persönlichen wie poetischen Anhalt die »ungebrochene Macht und Herrlichkeit« der katholischen Kirche. Seine »Ausgewählten Schriften« erschienen in 13 Bänden (Grimma 1841). Vgl. Hitzig, Lebensabriß F. L. Zach. Werners (Berl. 1823); »Zach. Werners Biographie und Charakteristik nebst Originalmitteilungen aus dessen Tagebüchern« (hrsg. von Schütz, Grimma 1841, 2 Bde.); Düntzer, Zwei Bekehrte. Zacharias W. und Sophie v. Schardt (Leipz. 1873).

3) Karl, Maler, geb. 4. Okt. 1808 zu Weimar, besuchte seit 1824 die Akademie der bildenden Künste in Leipzig, sodann 1826-27 die Universität daselbst. Nach längerm Aufenthalt in München ging er 1833 mit einem Reisestipendium nach Italien, wo er fast 20 Jahre blieb. 1851 besuchte er zum erstenmal England und ward daselbst zum Mitglied des Institute of Painters in watercolours ernannt. Reisen nach Spanien (1856) und mehrere Reisen in den Orient und nach Griechenland füllten die Mappen Werners mit einer großen Anzahl von Aquarellen, welche dem Künstler durch die Sorgfalt der Ausführung, die Leuchtkraft der Farben und die Poesie der Auffassung den Ruhm eines der ersten Aquarellisten der neuern Zeit gebracht haben. Nach einem kürzern Aufenthalt in Hamburg ließ sich W. in Leipzig nieder. Von seinen Werken sind hervorzuheben: Marktplatz zu Piperno, Venedig in seinem Glanz und seinem Verfall, der Dogenpalast, Inneres der Kirche in Cefalù, Studien aus Pompeji, Ansicht von Spalato mit dem Palast des Diokletian (Leipziger Museum), der Löwenhof der Alhambra, Blick auf Beirut, die Insel Philä, die Kreuzkirche zu Jerusalem, die große Moschee zu Damaskus, der Dent du Midi, Bazar in Kairo, der Isistempel in Theben, das Thor der Gerechtigkeit in Kairo etc. Seine Studien aus Palästina sind teilweise enthalten in dem Prachtwerk »The Holy Places«, die vom Nil sind in dem Werk »Nilbilder« in Farbendruck vervielfältigt worden. Die zwölf Studien von der Belagerung Roms durch General Oudinot (1849) sind von Domenico Amici in Kupfer gestochen. W. ist Professor an der Kunstakademie zu Leipzig und Mitglied der Akademie von Venedig.

4) Gustav Albert, schwäb. Theolog, geb. 12. März 1809 zu Zwiefalten, gab, da man ihn wegen seiner konfessionslosen Gläubigkeit und wegen Berührungen mit der Lehre Swedenborgs zur Verantwortung zog, 1841 seine Stellung als Landpfarrer in Walddorf bei Tübingen auf und schuf sich durch unermüdliche Thätigkeit und staunenswerte Selbstaufopferung eine bedeutende Wirksamkeit als Reiseprediger, bis er, da er die Augsburgische Konfession nicht unterzeichnen wollte, 1851 aus der Liste der Kandidaten gestrichen wurde. Einstweilen hatte er zu Reutlingen ein Rettungshaus, »Gotteshilfe«, gegründet und eine Papierfabrik gekauft. Daraus erwuchsen allmählich die sogen. Wernerschen Anstalten als großartigster Versuch, der modernen Industrie das Prinzip eines christlichen Sozialismus einzupflanzen und die soziale Frage praktisch zu lösen. W. starb 2. Aug. 1887. Vgl. Wur-^[folgende Seite]