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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Westfälische Pforte; Westfälischer Friede

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Westfälische Pforte - Westfälischer Friede.

In den deutschen Reichstag entsendet die Provinz 17, in das preußische Abgeordnetenhaus 31 Vertreter. Durch Gesetz vom 1. Aug. 1886 ist auch in W. die Provinzialordnung eingeführt worden. Militärisch bildet die Provinz mit Ausnahme einer kleinen, dem Bezirk des 11. Armeekorps einverleibten Parzelle, dagegen mit Einschluß eines Teils des Regierungsbezirks Düsseldorf den Bezirk des 7. Armeekorps mit dem Sitz des Generalkommandos in Münster. Die Landesfarben der Provinz sind Weiß und Rot. Vgl. Freiligrath und Schücking, Das malerische und romantische W. (3. Aufl., Paderb. 1889); Löbker, Wanderungen durch W. (Münst. 1873-79, 6 Tle.); »Gemeindelexikon der Provinz W.« (hrsg. vom königl. Statistischen Büreau, Berl. 1887); Braunbehrens, Die Gemeindeverfassungsgesetze für die Provinz W. (das. 1886); Neukamp, Die Staats und Selbstverwaltung Westfalens (Bochum 1887); Hocker, Die Großindustrie Rheinlands und Westfalens (Leipz. 1867); »Regesta historiae Westfaliae« (hrsg. von Erhard, Münst. 1847-51, Bd. 1 u. 2), dazu als Fortsetzung: »Westfälisches Urkundenbuch« (hrsg. von Wilmans u. a., Bd. 3 u. 4, das. 1859-80; Bd. 5, 1888 ff.; Supplemente von Diekamp, 1885 ff.); Wilmans, Die Kaiserurkunden der Provinz W. (das. 1867-80, Bd. 1 u. 2, Abteilung 1; bis zum Jahr 1254); »Quellen und Untersuchungen zur Geschichte, Kultur und Litteratur Westfalens« (Paderb. 1888 ff.).

Westfälische Pforte (Porta westfalica, im Volksmund Weserscharte), der enge Paß in Westfalen, 8 km oberhalb Minden, bei dem Städtchen Hausberge, welchen die Weser durch einen Durchbruch des Wesergebirges (s. d.) zwischen dem Wittekindsberg auf der einen und dem Jakobsberg auf der andern Seite gebildet hat. Durch diesen Engpaß führt die Hauptstraße von Minden über Herford nach Bielefeld und in neuerer Zeit auch die preußische Staatsbahnlinie Hannover-Löhne-Hamm.

Westfälischer Friede, der am 4. Okt. 1648 zu Münster und Osnabrück, welche beiden Städte zum westfälischen Kreis gehörten, geschlossene Friede, durch welchen der Dreißigjährige Krieg (s. d.) beendigt und ein neues politisches System in Europa begründet wurde. Er bildete die Grundlage aller nachfolgenden Friedensschlüsse bis zur französischen Revolution und galt bis zum Sturz des Deutschen Reichs als das vornehmste Grundgesetz der deutschen Staatsverfassung. Schon im Dezember 1641 wurden zu Hamburg Präliminarien festgesetzt, besonders über den Ort und die Art der Konferenzen. Die wirklichen Friedensunterhandlungen begannen im April 1645 und wurden zu Osnabrück zwischen den kaiserlichen, den reichsständischen und den schwedischen, zu Münster zwischen den kaiserlichen und den französischen Gesandten unter päpstlicher und venezianischer Vermittelung geführt, und zwar so, daß die an beiden Orten angenommenen Artikel für Einen Traktat gehalten werden und kein Teil ohne den andern Frieden schließen sollte. Die Trennung geschah, teils um Rangstreitigkeiten zwischen Frankreich und Schweden vorzubeugen, teils auch, weil die Schweden mit dem päpstlichen Nunzius nicht verhandeln wollten. Von französischer Seite unterhandelten in Münster der Herzog von Longueville, d'Avaux und Servien. Von Schweden waren bevollmächtigt Johann Oxenstierna, der Sohn des Kanzlers, und Adler Salvius. Die kaiserlichen Bevollmächtigten waren der Graf Johann Ludwig von Nassau und Isaak Volmar in Münster, Graf Max von Trauttmansdorff in Osnabrück. Päpstlicher Nunzius war Fabio Chigi (später Papst Alexander VII.), venezianischer Gesandter Contareno. Vom spanischen Hof waren Saavedra, Brun u. a. zugegen. Die Generalstaaten hatten acht Bevollmächtigte geschickt; die Eidgenossenschaft vertrat Joh. Jakob Wetstein, Bürgermeister von Basel. Unter den Gesandten der evangelischen Stände zeichneten sich aus der Bevollmächtigte von Braunschweig, Jakob Lampadius, und der von Württemberg, Johann Konrad Varnbüler. Adam Adami, der Gesandte des Fürstabtes von Korvei, machte den Geschichtschreiber der Versammlung. Rang- und Titelstreitigkeiten verzögerten noch lange die Eröffnung des Kongresses, da es die erste Vereinigung der Gesandten der mitteleuropäischen Staaten war und die äußere Etikette ganz neu geregelt werden mußte. Während der Verhandlungen dauerte der Krieg fort, der schwedische General Torstensson drang sogar 1645 in die kaiserlichen Erbländer ein, und Königsmark eroberte 15. Juli 1648 die sogen. Kleinseite Prags. Dies gab den langen und schwierigen Unterhandlungen den Ausschlag, und es wurde nun der Friede 24. Okt. 1648 zu Münster unterzeichnet. Erst drei Monate später (8. Febr. 1649) erfolgte die Auswechselung der Ratifikationen, und noch lange dauerten verschiedene Verhandlungen über die Ausführung des Friedens. Der päpstliche Protest vom 3. Jan. 1651 war wirkungslos.

Die Bestimmungen des Westfälischen Friedens betrafen zunächst zahlreiche Territorialveränderungen: Schweden erhielt außer einer Kriegsentschädigung von 5 Mill. Thlr. ganz Vorpommern nebst der Insel Rügen und den Odermündungen; ferner die Stadt Wismar von Mecklenburg und die Stifter Bremen und Verden. Alle diese Länder sollten deutsche Reichslehen bleiben, und Schweden sollte sie als deutscher Reichsstand mit Sitz und Stimme aus Reichs- und Kreistagen besitzen. Der Kurfürst von Brandenburg bekam den Rest von Pommern und als Entschädigung für Vorpommern, auf welches sein Haus nach dem Erlöschen der pommerschen Herzöge (1637) ein Erbrecht hatte, die Stifter Magdeburg, Halberstadt, Minden und Kammin; doch blieb Magdeburg bis 1680 im Besitz des damaligen Administrators, des sächsischen Prinzen August. Der Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin erhielt für die Abtretung von Wismar die Stifter Schwerin und Ratzeburg. Dem Haus Braunschweig-Lüneburg wurde die Succession im Stift Osnabrück alternierend mit einem katholischen Bischof zugesichert sowie die Klöster Walkenried und Gröningen überlassen. Das Haus Hessen-Kassel erhielt die gefürstete Abtei Hersfeld und die Grafschaft Schaumburg. Bayern blieb im Besitz der Oberpfalz und der Kurwürde. Die Unterpfalz mit der neugeschaffenen achten Kurwürde und dem Erbschatzmeisteramt wurde dem Sohn des geächteten Friedrich V., Karl Ludwig, zurückgegeben. Frankreich erhielt die Oberherrschaft über die Bistümer und Städte Metz, Toul und Verdun sowie deren Distrikte, welche es thatsächlich schon seit 1552 besaß. Ferner trat der Kaiser sowohl für sich als für das Haus Österreich und das Reich alle Rechte, die beide bisher auf die Stadt Breisach, auf die Landgrafschaft Ober- und Unterelsaß, auf den Sundgau und die Landvogtei der zehn vereinigten Reichsstädte im Elsaß gehabt hatten, der Krone Frankreich mit aller Hoheit auf ewig ab. Die Schweiz, ebenso die Republik der Vereinigten Niederlande wurden als völlig unabhängig von Deutschland anerkannt. Abgesehen von diesen Veränderungen, setzte der Friede eine unbeschränkte Amnestie und Restitution nach dem