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Wien (Stadtteile, Plätze, Straßen, Baugeschichte, öffentliche Anlagen).
Vororte 9427 Hektar. Im Zusammenhang mit der Donauregulierung wurde auch auf die Anlage eines neuen Stadtteils längs des neuen Donaudurchstichs Rücksicht genommen, welcher den Namen »Donaustadt« führen soll, gegenwärtig aber erst aus den Magazinen der Donaudampfschiffahrtsgesellschaft, Uferbahnhöfen, einigen Fabriketablissements etc. besteht. Von den ehemaligen zwölf Thoren der innern Stadt sind gegenwärtig nur noch zwei, das Burg- und das Franz Josephs-Thor, erhalten. An die Stelle des ehemaligen Festungsgrabens und des Glacis ist nun die Ringstraße getreten, welche in Verbindung mit dem längs des Donaukanals führenden Franz Josephs-Kai die ganze innere Stadt umzieht, eine Breite von 57 m und eine Längenausdehnung von 5 km hat. Sie besteht aus einer Fahrstraße in der Mitte (mit zwei Geleisen der Pferdebahn), zu beiden Seiten Alleen, einem Reitsteg, zwei kleinern Fahrbahnen, endlich den Trottoirs und zerfällt in den Stubenring, den Parkring, den Kolowratring, den Kärntner Ring, den Opernring, den Burgring, den Franzensring, endlich den Schottenring, welcher am Franz Josephs-Kai abschließt. Einen zweiten Gürtel bildet die Lastenstraße, welche die Grenze des ersten Bezirksbezeichner. Nach Auflassung der Linienwälle wird die Gürtelstraße einen dritten Ring bilden, der den zehnten Bezirk und die Vororte ausscheiden wird.
Plätze. Straßen. Baugeschichte.
Abgesehen von den an die Stelle des Glacis getretenen. Stadterweiterungsanlagen, sind die Plätze der innern Stadt meist wenig umfangreich und die Straßen eng und nicht gerade. Die Pflasterung der Straßen wurde bisher ausschließlich aus Granit (von der obern Donau) hergestellt; doch wird neuerdings in den frequentern Straßen der innern Stadt die Asphaltpflasterung angewendet. Größere Plätze sind: der Stephansplatz; hieran anschließend der Stock-im-Eisen-Platz, mit dem Stumpf einer Tanne, welche als geheiligter Baum mit Nägeln beschlagen wurde (»Stock im Eisen«, das Wahrzeichen der Handwerksburschen in W.); der mehr eine breite Straße bildende Graben, der Mittelpunkt des Verkehrs; der Hohe Markt, das Zentrum des ältesten W.; der Hof, wo die Residenz des Herzogs Heinrich Jasomirgott stand; die Freiung; der Neue Markt; der Franzensplatz (der Haupthof der kaiserlichen Hofburg); der Josephsplatz; der äußere Burgplatz zwischen der Burgund dem Burgthor; dann in den neuen Stadtteilen der Beethovenplatz, der Schwarzenbergplatz, der vor der neuen Akademie der Künste gelegene Schillerplatz, der ausgedehnte, mit einem Park gezierte Rathausplatz, der weitläufige Platz vor der Votivkirche, der Börsen- und der Morzinplatz. Von den kleinern Plätzen sind zu nennen: der Minoriten-, Michaeler-, Universitäts- und Petersplatz. Die Vorstädte haben nur wenige Plätze; zu erwähnen ist der Praterstern am Eingang des Praters. Als die schönsten Straßen verdienen ausgezeichnet zu werden vor allen die Ringstraße (s. oben) mit den Straßenanlagen auf den Stadterweiterungsgründen sowie der Franz Josephs-Kai; dann in der innern Stadt: die Herrengasse, der Kohlmarkt, die Kärntner Straße, die Wollzeile, die Rotenturmstraße, die Wipplinger Straße; in den Vorstädten: die Praterstraße, Taborstraße, Kaiser Joseph-Straße, Währinger Straße, Nußdorfer Straße, Alserstraße, Mariahilfer Straße, Wiedener Hauptstraße, Favoritenstraße, Heugasse, Alleegasse, der Rennweg, Heumarkt, die Reisnerstraße, Ungargasse und Landstraßer Hauptstraße.
Die architektonische Entwickelung Wiens läßt sich an vorhandenen Denkmälern nur bis in das 13. Jahrh. verfolgen, doch sind aus dieser Zeit wenige Spuren erhalten. Mannigfaltiger sind die Zeugnisse von der reichen Bauthätigkeit des 14. Jahrh., der Zeit der Gotik, auf uns gekommen, wogegen die Renaissance wegen der damals herrschenden Kriegsnot wenig Denkmäler geschaffen hat. Eine fruchtbare Epoche der Wiener Baugeschichte war die Regierungszeit der Kaiser Joseph I. und Karl VI. (Fischer von Erlach, Hildebrand, Martinelli). Die Herrschaft dieser wesentlich von italienischen Vorbildern beeinflußten Richtung wurde mit Übergehung des eigentlichen Rokokostils ziemlich unmittelbar von dem Klassizismus (Hauptvertreter Nobile) abgelöst, welcher aber mehr und mehr verflachte und zu völliger Physiognomielosigkeit der bürgerlichen Bauten führte. Erst seit 1848 begann neues Leben in der Wiener Architektur, in welcher seitdem der Eklektizismus, doch mit unverkennbarer Vorliebe für die Formen der italienischen Renaissance, vorherrscht. In dieser jüngsten Epoche entstanden sechs Kirchen (sämtlich gotisch), die Mehrzahl der im Stadterweiterungsprogramm bezeichneten öffentlichen Gebäude, zahlreiche Gebäude von Anstalten und Korporationen und eine Reihe hervorragender Paläste. Der letzte bedeutungsvolle Abschnitt der mit der Stadterweiterung beginnenden Bauperiode datiert aber seit etwa 1870. Fast gleichzeitig wurde der Bau der beiden Museen und des neuen Hofburgtheaters (in neuester Zeit auch der Bau der neuen Hofburg) von Semper und Hasenauer, das Parlamentshaus, die Börse und die Akademie der bildenden Künste von Hansen, die Universität von Ferstel, das Rathaus von Schmidt, der Justizpalast und andre Staatsbauten in Angriff genommen, Bauwerke, welche wie nie zuvor die Bedeutung Wiens als Kapitale und als Stätte der Künste hervortreten lassen.
Anlagen, Denkmäler, Brücken.
Öffentliche Anlagen besaß W. vor der Verbauung des Raums zwischen der innern Stadt und den Vorstädten in den Glacis; an deren Stelle ist als Ersatz hauptsächlich der Stadtpark getreten. Derselbe wurde 1861-67 angelegt und ist 145 Hektar groß. Am linken Wienufer bildet er einen Ziergarten mit schönen Baumgruppen, Rasenplätzen, Blumenbeeten und einem Schwanenteich. Der Park enthält die von H. Gasser ausgeführte Statue des Donauweibchens, dann die Denkmäler des Komponisten Fr. Schubert und des Bürgermeisters Fr. Zelinka. Den Abschluß des Stadtparks bildet der geschmackvolle Kursalon. Durch die Karolinenbrücke stehen mit dem Stadtpark die auf dem rechten Wienufer gelegenen Partien (mit dem Kinderpark) in Verbindung. Außerdem befinden sich öffentliche Anlagen zwischen der Tegetthoff- und Elisabethbrücke, vor der technischen Hochschule, am Franz Josephs-Kai, um das neue Rathaus, zwischen den neuen Museen; ferner vor der Votivkirche und dem Justizpalast, dann in Mariahilf der ehemalige Esterházy- und in der Josephstadt der ehemalige Schönbornpark. Ein neu angelegter öffentlicher Garten ist der Park auf der Türkenschanze nächst der Cottageanlage von Währing. Dem Publikum offen stehende Gartenanlagen sind ferner: der Volksgarten (1824 vom Kaiser Franz I. angelegt), mit dem Theseustempel, dem Grillparzerdenkmal und einem Brunnen mit Bronzegruppe von Tilgner; der Garten des Belvedere, im französischen Geschmack ablegt; die Anlagen der Gartenbaugesellschaft; der gleichfalls im französischen Stil gehaltene Augarten in der Leopoldstadt mit