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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Wilhelm von Auvergne - Wilhelmsbad.

Liedertafel in Krefeld und lebte dann infolge geschwächter Gesundheit zurückgezogen in Schmalkalden. Anläßlich der silbernen Hochzeit des nachmaligen deutschen Kaisers Wilhelm ließ er 11. Juli 1854 von 100 Sängern seine »Wacht am Rhein« (Text von Schneckenburger) singen, dasselbe Lied, welches 1870 die deutschen Krieger in Frankreich begeisternd zum Kampf begleitete. W. erhielt, nachdem er schon 1860 zum königlich preußischen Musikdirektor ernannt worden, auf Grund dieses Liedes 1871 eine Jahrespension von 3000 Mk., starb aber schon 26. Aug. 1873 in seiner Vaterstadt, wo ihm ein Denkmal errichtet wurde. Von seinen übrigen zahlreichen Kompositionen, meist Männerchören, hat keine auch nur einen annähernd gleichen Erfolg gehabt.

Wilhelm von Auvergne (Alvernus), scholast. Philosoph, geboren zu Aurillac, studierte in Paris, wo er als Lehrer der Theologie auftrat und 1228 Bischof wurde, als welcher er 1249 starb. In seinen Schriften: »De universo«, »De anima«, »De animae immortalitate« und »De veritate« hält er sich an Aristoteles, die Araber und den Hermes Trismegistos und unterscheidet in den letztgenannten eine sechsfache Wahrheit, indem dieselbe 1) die Sache selbst, 2) das Gegenteil des Scheins, 3) die Unvermischtheit, 4) das Wesen, 5) das Wesen Gottes, 6) die Widerspruchslosigkeit in den Begriffen und Urteilen bezeichnet. Auch leugnete er die Ewigkeit der Welt und suchte die Verschiedenheit der menschlichen Seele vom Leib samt deren Einfachheit und Unsterblichkeit darzuthun. Seine »Opera omnia« erschienen zuletzt Paris 1674, 2 Bde.

Wilhelm von Champeaux (Campellensis), Philosoph, geb. 1070 zu Champeaux bei Melun, Schüler des Roscellin und Lehrer Abälards, der in der Frage der Universalien sein Gegner wurde, gest. 1121 als Bischof von Châlons; hat sich als Begründer desjenigen Realismus (s. d.), welcher zwischen den Individuen und den Universalien keinen Wesensunterschied findet, bekannt gemacht. Vgl. Michaud, Guillaume de Champeaux et les écoles de Paris au XII. siècle (2. Aufl., Par. 1868).

Wilhelm von Conches (de Conchis), Philosoph, geboren zu Conches in der Normandie gegen das Ende des 11. Jahrh., gest. 1155 als Lehrer der Philosophie in Paris, ein platonisierender Scholastiker, dessen Hauptwerk: »Philosophia major« (gedruckt 1474), verloren gegangen und nur in einem Auszug (»Philosophia minor«) in den Schriften des Beda (s. d.) aufbewahrt, und der als Logiker in die Fußstapfen Abälards getreten ist.

Wilhelm von Hirsau, 1068 bis zu seinem Tod 4. Juni 1091 Abt des Klosters Hirsau (s. d.) im Schwarzwald, das unter ihm einen großen Aufschwung nahm, verfaßte unter anderm einen musiktheoretischen Traktat, der von H. Müller (Leipz. 1883) mit Übersetzung und Kommentar herausgegeben ist; eine andre Abhandlung: »De musica et tonis«, die ihm zugeschrieben wird, befindet sich in Murrs »Notitia duorum codicum musicorum« (Nürnb. 1801). Vgl. Kerker, Wilhelm der Selige, Abt von Hirsau (Tübing. 1863).

Wilhelma, Lustschloß, s. Kannstatt.

Wilhelmdor, 1) frühere kurhess. Goldmünze (Pistole) im Wert von 16,829 Mk.; 2) das holländische 10-Guldenstück (»Gouden Willem«, »Tientje«), = 16,896 Mk.

Wilhelmi, Alexander Viktor, eigentlich Zechmeister, Schauspieler und Lustspieldichter, geb. 5. Sept. 1817 zu Ofen, lernte in Wien als Buchhändler, konditionierte in Pest und betrat, von Liebe für das Theater getrieben, die Bühne in Preßburg 1842 zum erstenmal. Noch in demselben Jahr wandte er sich nach Berlin, nahm dann an den Fahrten der Lobeschen Gesellschaft nach Liegnitz, Glatz und Neiße teil und debütierte nach mehrjährigem Engagement am Hamburger Stadttheater (1845-49) im August 1849 am Hoftheater zu Dresden, dem er bis zu seinem 30. Dez. 1876 erfolgten Rücktritt von der Bühne angehörte. Er starb 8. Okt. 1877 in Meran. Seine durch eleganten Dialog und heitere Situation ausgezeichneten kleinen Lustspiele, die selbst in Amerika, England und Dänemark ein dankbares Publikum fanden, erschienen gesammelt in 4 Bänden (Dresd. 1853-60) und in Auswahl (Leipz. 1879). Als die bekanntesten sind zu nennen: »Einer muß heiraten«, »Er hat recht« und »Der letzte Trumpf«.

Wilhelmine, Sophie Friederike, Markgräfin von Baireuth, älteste Tochter König Friedrich Wilhelms I. von Preußen und der Königin Sophie Dorothea, geb. 3. Juli 1709 zu Berlin, Lieblingsschwester Friedrichs II., ward ebenso wie dieser vom Vater hart behandelt und, nachdem sich das Projekt ihrer Vermählung mit dem Prinzen von Wales zerschlagen, 20. Nov. 1731 mit Friedrich, nachmaligem Markgrafen von Baireuth, vermählt. Sie war eine geistvolle, aber etwas klatschsüchtige und boshafte Prinzessin. Ihr einförmiges Leben an einem kleinem Hof neben einem unbedeutenden Gemahl verschönerte sie etwas durch litterarische Beschäftigungen und lebhaften Briefwechsel. Sie starb 14. Okt. 1758. Ihre französisch geschriebenen »Denkwürdigkeiten aus dem Leben der königl. preußischen Prinzessin Friederike Sophie W. von 1706-42 erschienen 1810 zu Braunschweig« (deutsch, Tübing. 1810-11, 2 Bde.; neue Ausgabe in beiden Sprachen, Braunschw. 1845; deutsch, Leipz. 1887). Über die Glaubwürdigkeit derselben vgl. Droysen in der 4. Abt. des 4. Teils seiner »Preußischen Politik«: Zur Geschichte Friedrichs I. und Friedrich Wilhelms I. (Leipz. 1870), und L. v. Ranke in »Abhandlungen und Versuche« (das. 1872); außerdem G. Horn, Voltaire und die Markgräfin von Baireuth (Berl. 1865).

Wilhelmineoord, s. Frederiksoord.

Wilhelminsel, s. Hinlopenstraße.

Wilhelmj, August, Violinspieler, geb. 21. Sept. 1845 zu Usingen in Nassau, erhielt vom Hofkonzertmeister Konr. Fischer daselbst den ersten Musikunterricht und erregte schon als achtjähriger Knabe die Aufmerksamkeit der Kenner. 1861 hörte ihn Franz Liszt und führte ihn persönlich bei Ferd. David in Leipzig ein, dessen Violinunterricht W. während der folgenden vier Jahre genoß, während Richter und Hauptmann sein Kompositionsstudium leiteten. Nach seinem Weggang von Leipzig lebte W. fast beständig auf Kunstreisen. Als enthusiastischer Anhänger Rich. Wagners übernahm er 1876 das Konzertmeisteramt bei den Bühnenfestspielen in Baireuth und wirkte auch namentlich in London, wo er sich ganz besondern Ansehens zu erfreuen hat, für die Wagnersche Musik. Wilhelmjs Spiel zeichnet sich durch vollendete Technik und durch einen ebenso großen wie edlen Ton aus, Vorzüge, die ihm in ganz Europa, seit 1879 auch in Amerika, den Ruf eines der ersten Violinisten seiner Zeit verschafft haben. Seine Größe beruht in der gleich vollendeten Interpretation der Werke von Bach und Beethoven wie derjenigen von Paganini. Gegenwärtig lebt W., 1871 zum Professor ernannt, in Berlin.

Wilhelmsbad, 1) Bade- und Vergnügungsort im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Hanau, unweit des Mains und an der Linie Frankfurt a. M.-^[BINDESTRICH!]