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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Wodjănik; Wódka; Wodlosero; Wodnian; Woeikow; Wogenbrecher; Wogulen; Wohlau; Wohlen; Wöhler

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Wodjanik - Wöhler.

Wodjănik (Wodjanój, russ.), der Wassermann (als Gespenst im russischen Volksglauben).

Wódka (russ., »Wässerchen«, von woda, Wasser, entstellt Wutki), der Branntwein.

Wodlosero, Landsee im russ. Gouvernement Olonez, 468 qkm (8,50 QM.) groß.

Wodnian (tschech. Vodňany), Stadt in der böhm. Bezirkshauptmannschaft Pisek, an der Blanitz (Zufluß der Wottawa, früher mit Goldwäschereien) und der Staatsbahnlinie Wien-Eger, Sitz eines Bezirksgerichts, hat alte Stadtmauern, 2 Kirchen, frequente Märkte (namentlich für Pferde), Teichwirtschaft und (1880) 4012 Einw.

Woeikow, Alexander, russ. Reisender und Meteorolog, geb. 20. Mai 1842 zu Moskau, studierte Naturwissenschaften in Petersburg, Heidelberg, Berlin und Göttingen, besuchte 1868-70 die wichtigsten meteorologischen Institutionen Europas, bereiste wiederholt den Kaukasus und verbrachte die Winter 1870-72 als Sekretär der meteorologischen Kommission der Russischen Geographischen Gesellschaft in Petersburg hauptsächlich mit der Bearbeitung der Beobachtungen über Regen und Gewitter. 1873-75 bereiste er ganz Amerika von Manitoba bis Rio de Janeiro, während welcher Tour er seine »Winds of the globe« ausarbeitete, darauf bis Januar 1877 Indien, Java und Japan. Seit 1882 wirkt er als Professor der physikalischen Geographie an der Universität in St. Petersburg. In deutscher Sprache veröffentlichte er außer einer Reihe von Abhandlungen in verschiedenen Zeitschriften: »Die atmosphärische Zirkulation« (in den Ergänzungen zu »Petermanns Mitteilungen«, Gotha 1874) und »Die Klimate der Erde« (Jena 1887); »Der Einfluß einer Schneedecke auf Boden, Klima und Wetter« (Wien 1889).

Wogenbrecher (Wellen-, Wasserbrecher), s. Hafen.

Wogulen, ein zu den ugrischen Finnen gehöriges Volk, am nächsten verwandt den Ostjaken, mit denen sie sich auch gemeinsam Mansi benennen. Die W. leben als Jäger auf den Höhen des nördlichen Urals, von wo sie sich ostwärts bis zum Irtisch, zur Tawda und Tura, westwärts aber bis zur Kama in den Gouvernements Perm und Tobolsk ausbreiten. Im N. gehen sie bis zur Soswa und im S. bis zur Koswa und Tschussowaja. Der größte Teil derselben ist an der Konda seßhaft. Rittich gibt ihre Anzahl in Europa auf 2000 Köpfe an, Ahlquist nimmt für das gesamte Volk nur 6500 Seelen an. Sie nehmen von Jahr zu Jahr an Zahl ab und gehen dem Aussterben entgegen. Die W. sind ein seßhaftes Jägervolk, das aber auch etwas Ackerbau und Fischfang sowie Pferde- und Renntierzucht treibt. Die Jagd in den großen Wäldern auf Elentiere, Zobel, Eichhörnchen bildet ihren Haupterwerbszweig. Die Dörfer oder Paule der W. bestehen aus Sommer- oder Winterjurten; der Hausrat des Volkes ist ein höchst dürftiger, in der Tracht herrschen Renntierfelle vor, Waldvögel und Fische bilden die Hauptnahrung. Die W. sind von mittlerer Größe, haben schwarze oder helle Haare und breite, aber nicht abgeplattete Nasen; mongolisch sind ihre Gesichtszüge nicht. Von Charakter sind sie still und harmlos, der Religion nach äußerlich seit etwa 100 Jahren Christen, innerlich aber noch vollständig im Schamanismus verharrende Heiden. Ihre Sprache gehört der finnisch-ugrischen Gruppe des uralaltaischen Sprachstammes an und ist nahe mit dem Ungarischen, am nächsten mit dem Ostjakischen verwandt. Eine Grammatik derselben in ungarischer Sprache veröffentlichte Paul Hunfalvy (Pest 1872). Vgl. Ahlquist in »Mélanges russes«, Bd. 3 (Petersb. 1865); Derselbe, Unter den W. und Ostjaken (Helsingfors 1883); Reguly, Land und Volk der W. (ungar., Pest 1864).

Wohlau (Wolau), ehemals unmittelbares Herzogtum Niederschlesiens, umfaßte 1239 qkm (22½ QM.) mit 78,000 Einw. und ist jetzt unter die beiden zum Breslauer Regierungsbezirk gehörigen Kreise Steinau und W. verteilt. W. bildete unter Konrad X. (gest. 1492) zum erstenmal ein selbständiges Herzogtum, welches dieser mit Öls vereinigte. 1495 fiel es an das Herzogtum Münsterberg, 1524 an Liegnitz. 1586 erhielt es Johann Georg, zweiter Sohn des Herzogs Georg II. von Brieg, welcher es an seinen Bruder Joachim Friedrich von Brieg vererbte, dessen Enkel Christian es dann 1639 erhielt und es 1664 mit den von seinen Brüdern ererbten Herzogtümern Brieg und Liegnitz vereinigte. - Die Hauptstadt, jetzige Kreisstadt W., an der Linie Breslau-Stettin der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, ein ehemaliges Piastenschloß, ein Gymnasium, eine evangelische Diakonissenanstalt, ein katholisches St. Josephsstift, ein Amtsgericht, Ofen- und Zigarrenfabrikation, Ziegelbrennerei, Bierbrauerei und (1885) mit der Garnison (ein Füsilierbataillon Nr. 59) 3114 Einw.

Wohlen, Fabrikort im schweizer. Kanton Aargau, Station der Bahnlinie Aarau-Rothkreuz und Ausgangspunkt der Zweigbahn nach Bremgarten, hat eine Mineralquelle (gegen Rheumatismus, Magenkrankheiten etc. wirksam), ist Mittelpunkt der aargauischen Strohwarenindustrie, welche zu Anfang des 19. Jahrh. vom Pfarrer Hediger begründet wurde, und zählt (1888) 2624 Einw. Die aargauischen Strohfabrikate stehen in Bezug auf Glanz und Schönheit weit hinter den englischen und belgischen zurück, sind ihnen dagegen an Geschmeidigkeit, Solidität und Wohlfeilheit überlegen. Die von Stroh, Seide, Pferdehaar etc. gemischten Geflechte und Gewebe sind ein ausschließlich schweizerischer Artikel. In der Nähe der durch zwei Schlachten bekannte Ort Vilmergen ^[funktionierender Verweis: Villmergen] (s. d.).

Wöhler, Friedrich, Chemiker, geb. 31. Juli 1800 zu Eschersheim bei Frankfurt a. M., studierte seit 1819 in Marburg Medizin, dann in Heidelberg auch Chemie und Mineralogie, arbeitete ein Jahr lang in Berzelius' Laboratorium zu Stockholm und begleitete diesen und Ad. Brongniart 1824 auf einer zweimonatlichen geognostisch-mineralogischen Reise durch Skandinavien. 1825 ward er als Lehrer und 1827 als Professor an der neubegründeten Gewerbeschule zu Berlin angestellt; doch ging er schon 1831 nach Kassel, wo er mit der Organisation der neu zu errichtenden höhern Gewerbeschule betraut und dann als Lehrer der Chemie und technischen Chemie an derselben angestellt wurde. 1836 folgte er einem Ruf als Professor der Medizin, Direktor des chemischen Instituts und Generalinspektor der hannöverschen Apotheken nach Göttingen, wo er 23. Sept. 1882 starb. Wöhlers zahlreiche Untersuchungen umfassen alle Zweige der Chemie und sind zum Teil epochemachend gewesen. Schon 1827 und 1828 entdeckte er das Aluminium, Beryllium und Yttrium, und in derselben Zeit beschäftigte er sich mit der Cyansäure und entdeckte nicht nur neue Cyanverbindungen, sondern auch die Bildung des Harnstoffs aus cyansaurem Ammoniak, wodurch die Grenze zwischen anorganischer und organischer Chemie verwischt wurde. Seine Arbeiten mit Liebig über die Benzoylverbindungen bezeichnen den Beginn der eigentlich rationellen Behandlung der organischen Chemie und trugen zur