Schnellsuche:

Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Worms; Wormser Joch; Wormwood Scrubs; Wörnitz; Woronesh

748

Worms - Woronesh.

Neuhausen eine Burg und verlieh W. umfassende Privilegien, die Friedrich I. später bestätigte. Die Schritte, welche König Heinrich 1233 gegen die Freiheit der Stadt that, wurden bald von Friedrich II. rückgängig gemacht. Sie ist bis 1801 freie Reichsstadt geblieben. 1122 wurde hier das bekannte Konkordat zwischen Kaiser Heinrich V. und dem Papst Calixt II. geschlossen und dadurch der Investiturstreit entschieden. (Vgl. Bernheim, Zur Geschichte des Wormser Konkordats, Götting. 1876) Unter den Reichstagen, welche hier gehalten worden, sind der von 1495 unter Maximilian I., auf welchem der Ewige Landfriede beschlossen und das Reichskammergericht gestiftet wurde, und der von 1521 unter Karl V., auf dem Luther verhört wurde, die berühmtesten. (Vgl. Soldan, Der Reichstag zu W. 1521, Worms 1883) Es fanden daselbst 1540 und 1557 Religionsgespräche statt. Gegen Ende des Mittelalters hatte die Stadt, welche zu Anfang des 14. Jahrh. gegen 60,000 Einw. zählte, als Glied des Rheinischen Städtebundes große Bedeutung in den Fehden der benachbarten Fürsten erlangt. 1632 eroberten sie die Schweden und 1635 die Kaiserlichen; 1644 nahmen sie die Franzosen durch Kapitulation ein, zogen jedoch nach dem Frieden wieder ab. Obschon die Stadt dadurch viel litt, so hatte sie doch 1689, wo sie 31. Mai von den Franzosen unter Mélac gänzlich in Asche gelegt ward, noch 30,000 Einw. Am 13. Sept. 1743 wurde hier zwischen England, Österreich und Sardinien der Wormser Traktat, ein Offensivbündnis, abgeschlossen. Zu Anfang Oktober 1792 nahmen die Franzosen unter Custine die Stadt durch Überfall. 1801 fiel sie durch den Lüneviller Frieden an Frankreich, kam aber 1814 durch den Pariser Frieden wieder an Deutschland und 1815 durch den Wiener Kongreß an Hessen-Darmstadt. Am 29. Mai 1849 wurde die von badischen Freischärlern besetzte Stadt durch Mecklenburger und Preußen erstürmt. - Das ehemalige Bistum W. ist in der Merowingerzeit gegründet worden, obwohl sich eine fortlaufende Bischofsreihe erst seit 770 aufstellen läßt. Es hatte zuletzt ein Areal von 440 qkm (8 QM.) mit etwa 200,000 Einw. und 85,000 Guld. Einkünften und wurde seit dem 17. Jahrh. meist von dem Erzbischof zu Mainz verwaltet, der deshalb Sitz und Stimme auf dem Reichstag und das Direktorium auf dem oberrheinischen Kreistag hatte. Es kam 1801, soweit es auf dem linken Rheinufer lag, an Frankreich, der auf dem rechten Rheinufer befindliche Teil 1803 an Hessen-Darmstadt. Vgl. Schannat, Historia episcopatus Wormatiensis (Frankf. 1734); Arnold, Verfassungsgeschichte der deutschen Freistädte im Anschluß an die Verfassungsgeschichte der Stadt W. (Gotha 1854, 2 Bde.); Fuchs, Geschichte der Stadt W. (Worms 1868); Becker, Beiträge zur Geschichte der Frei- und Reichsstadt W. (Darmst. 1880); Boos, Urkundenbuch der Stadt W. (Berl. 1886 ff.); Soldan, Die Zerstörung der Stadt W. (Worms 1889); Canstatt, Die Drangsale der Stadt W. und ihre Zerstörung durch die Franzosen (das. 1889); Heilmann, Führer durch W. (das. 1889). -

2) Stadt in Oberitalien, s. Bormio.

Worms, 1) Jules, franz. Maler, geb. 16. Dez. 1832 zu Paris, war Schüler von Lafosse und bildete sich dann auf Studienreisen in Spanien, aus dessen Volksleben er fast ausschließlich die Motive zu seinen meist humoristischen, durch glänzende Färbung und lebendige Charakteristik ausgezeichneten, sehr zahlreichen Genrebildern entnahm. Seine Hauptwerke sind: Verhaftung wegen Schulden, Romanzero zu Burgos, Wirtshaus in Asturien, Auszug der Schmuggler, Rennen zu Novillos, Kellner und Kellnerin aus Aragonien, das Lied, das eben Mode ist (1868, in der Luxembourggalerie), Verkauf eines Maultiers, Schafschur in Granada, die Erbtante, Pferdehändler in Granada, der Vitotanz in Granada, ein Sensationsroman, der Ausmarsch zur Revue, die Lieblingsblume, der zerstreute Barbier, jedes Alter hat seine Freuden, vor dem Alkalden. W. hat auch zahlreiche Aquarelle gemalt und Zeichnungen für den Holzschnitt geliefert.

2) Emile, franz. Nationalökonom, geb. 23. März 1838 zu Frisange in Luxemburg von französischen Eltern, studierte in Heidelberg und war zuerst Advokat, später Professor in Paris, bis er an die juristische Fakultät nach Rennes berufen ward, wo ihm 1876 der Lehrstuhl für Nationalökonomie übertragen ward. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Histoire de la Ligue Hanséatique« (1863); »Sociétés par actions et opérations de bourse« (1867); »Traité complet et élémentaire de circulation monétaire et fiducière« (1868); »Histoire du Zollverein allemand« (1874); »Sociétés humaines et privées« (1874); »Exposé élémentare de l'économie politique à l'usage des écoles« (1879); »Les écarts législatifs« (1887); »De la liberté d'association« (1887); »De la propriété consolidée« (1888) u. a.

Wormser Joch, s. Stilfser Joch.

Wormwood Scrubs (spr. uormwudd skröbbs), eine Heide an der Nordwestgrenze Londons, mit Schießplätzen der Freiwilligen und großem Zuchthaus.

Wörnitz, linksseitiger Nebenfluß der Donau, entspringt auf der Frankenhöhe bei Schillingsfürst, fließt von NNW. nach SSO. und mündet nach 90 km langem Lauf bei Donauwörth. Sie bildet die Grenze zwischen schwäbischem und fränkischem Jura.

Woronesh, russ. Gouvernement, wird von den Gouvernements Tambow, Saratow, dem Lande der Donischen Kosaken, Charkow, Kursk und Orel umschlossen und hat ein Areal von 65,893,6 qkm (1196, QM.). Das Land ist im allgemeinen flach, mit leichten Wellungen und Kreidehügeln. Der Boden besteht in den westlichen Teilen aus Schwarzerde (Tschernosem), in den östlichen aus lehmigem Sand; indessen zieht sich auch dort zwischen den Flüssen Ussman und Bitjug ein breiter Strich Schwarzerde hin. In geologischer Beziehung gehört der Norden des Gouvernements zum devonischen System, der Süden zum Kreidesystem. Unfern Pawlowsk am Don hat man 1857 eine erratische Granitmasse gefunden, bemerkenswert, weil sie als die äußerste südöstliche Grenze der Verbreitung erratischer Blöcke in Rußland gilt. Die Ebenen sind trocken und bieten ergiebigen Ackerboden dar. Drei schiffbare Flüsse, der Don, der Woronesh und der Choper, durchströmen das Gouvernement. Die wenigen Seen sind unbedeutend. Das Klima ist mild und gesund (mittlere Jahrestemperatur +6,4° C.). Vom Areal entfallen 69 Proz. auf Acker, 8,7 auf Wald, 16,2 auf Wiese und Weide, 6,1 Proz. auf Unland. Die Einwohnerzahl betrug 1885: 2,538,719 Seelen, 38 auf 1 qkm. Die Bevölkerung besteht außer einer geringen Zahl deutscher Kolonisten (Riebensdorf) und Zigeuner im S. aus Kleinrussen, im N. aus Großrussen. Die Zahl der Eheschließungen war 1885: 22,693, der Gebornen 126,328, der Gestorbenen 84,170. Das Pflanzenreich liefert alle Getreidearten und Gartengewächse, Kartoffeln, Sonnenblumen, Runkelrüben, Tabak, Arbusen und Melonen. Die ehemaligen großen Eichenwaldungen sind jetzt fast ganz ausgerottet. Das Tierreich bietet außer den gewöhnlichen Haustieren viel