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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Würgspinne; Wurm; Würm; Wurmbrand; Wurmdrache; Würmer

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Würgspinne - Würmer.

In der Gefangenschaft wird er bald zahm, dauert aber weniger gut aus als seine Verwandten. Früher wurde er zur Beize abgerichtet, noch häufiger aber beim Fang der Falken benutzt. Der schwarzstirnige W. (L. minor L.), 23 cm lang, 36 cm breit, dem vorigen sehr ähnlich gefärbt, auf der Brust rosenrot überhaucht, weilt bei uns vom Mai bis August, im Winter in den obern Nilländern und Mittelafrika, findet sich aber nur in gewissen Gegenden und nicht im Norden, bevorzugt den Laubwald in der Ebene, lebt nur von Insekten, die er selten spießt, mischt in seinen Gesang die Strophen der kleinen Singvögel, nistet hoch und versteckt auf Bäumen und legt 6-7 grünlichweiße, bräunlich und violettgrau gezeichnete Eier. In der Gefangenschaft erfreut er durch seine Nachahmungsgabe. Der Dorndreher (Neuntöter, L. [Enneoctonus] collurio Gray), 18 cm lang, 28 cm breit, am Kopf, Hinterhals und Bürzel hellgrau, an der übrigen Oberseite braunrot, mit schwarzem Stirnrand und Zügelstreif, an Backen, Kinn und Kehle weiß, an den übrigen Unterteilen blaß rosenrot, an den Mittelfedern des Schwanzes braunschwarz, an den äußern mehr und mehr weiß; der Schnabel ist schwarz, die Augen sind braun, die Füße grauschwarz. Das Weibchen ist oberseits rostgrau, unterseits weißlichbraun gewellt. Er bewohnt fast ganz Europa und das südliche Sibirien, geht im Winter bis Südafrika, weilt bei uns vom Mai bis Mitte August, lebt in Gebüschen oder Hecken, Obstgärten oder Waldungen, ahmt überraschend die Stimme andrer Vögel nach, nährt sich von Insekten, aber auch von kleinen Wirbeltieren und von kleinen Vögeln, als deren abscheulichster Feind er gelten kann. Er spießt alles Gefangene zunächst auf einen Dorn oder spitzen Zweig und sammelt so bisweilen ganze Mahlzeiten. Er nistet im Busch niedrig über dem Boden und legt 5-6 gelbliche, grau, braun oder rot gezeichnete Eier (s. Tafel »Eier I«, Fig. 43). In der Gefangenschaft erfreut er durch seinen mannigfaltigen Gesang, hält aber nur bei guter Pflege aus und ist gegen andre Vögel sehr zänkisch und mordsüchtig. Der Rotkopf (pommerscher W., Waldkatze, L. [E.] rufus L.), 19 cm lang, 29 cm breit, ist oberseits schwarz, unterseits gelblichweiß, am Hinterkopf und Nacken rostrotbraun, an den Schultern und dem Bürzel weiß; der Schnabel ist blauschwarz, die Augen sind dunkelbraun, die Füße dunkelgrau. Er findet sich namentlich in Südeuropa, in Deutschland nur in gewissen Ebenen, vom Mai bis September im Wald und in Gärten. In seinem Wesen gleicht er dem vorigen, scheint aber weniger räuberisch zu sein. Er singt fleißig und mischt die Stimmen andrer Vögel in der sonderbarsten Weise. Sein Nest steht auf mittelhohen Bäumen und enthält 5-6 gräulichweiße, grau oder bräunlich gefleckte Eier.

Würgspinne, s. Vogelspinne.

Wurm (Fingerwurm), s. Fingerentzündung. - W. des kleinen Gehirns, s. Gehirn, S. 2. - In der ältern Tierarzneikunde Bezeichnung für die Haut- und Fußkrankheiten, bei welchen sich geschwürige Zustände und Entartungen ausbilden. Im Mittelalter dachte man sich, daß kleine Organismen (»Würmer«) solche Krankheiten veranlaßten. Die Bezeichnung, welcher aber ein andrer Begriff beigelegt worden ist, hat sich bis zur Gegenwart erhalten (Klauenwurm der Rinder und Schafe). Namentlich wird der Rotz bei Pferden und andern Tieren, soweit sich derselbe in krankhaften Veränderungen der Haut und der Unterhaut ausspricht, noch als W. bezeichnet. Vgl. Rotz.

Wurm, Fluß in der preuß. Rheinprovinz, entspringt südlich von Aachen, fließt zwischen Burtscheid und Aachen hindurch, geht alsdann durch den westlichen Teil des Steinkohlenbeckens von Aachen und mündet auf der niederländischen Grenze links in die Roer.

Würm, 1) Fluß in Württemberg, entspringt unweit Ehningen, ist flößbar und mündet nach 52 km langem Lauf unweit Pforzheim mit der Nagold in die Enz. - 2) Fluß im bayr. Regierungsbezirk Oberbayern, der Abfluß des Würm- oder Starnberger Sees zur Ammer.

Wurmbrand, Gundaccar, Graf von, österr. Politiker, geb. 9. Mai 1838, Sohn eines Generals und Oberhofmeisters des Erzherzogs Franz Karl, diente zuerst in der Armee, nahm als Rittmeister seinen Abschied und ließ sich auf seinem Gut Ankenstein bei Pettau in Steiermark nieder. Er beschäftigte sich mit Anthropologie, Altertumskunde und Kunstgewerbe und erwarb sich in diesen Fächern gründliche Kenntnisse. 1879 ward er in den Reichsrat gewählt, wo er sich der Verfassungspartei anschloß und als einsichtsvoller, unterrichteter Politiker und gewandter Redner auszeichnete. Doch ging er, wie Walterskirchen, seine selbständigen Wege, beteiligte sich 1882 an dem Versuch, eine deutsche Volkspartei zu gründen, und trat nach dessen Scheitern aus dem Klub der Linken aus. 1883 stellte er den »Wurmbrandschen Antrag« auf Anerkennung des Deutschen als Staatssprache, den aber die föderalistische Mehrheit des Abgeordnetenhauses 1884 ablehnte. Nach dem Tod Kaiserfelds wurde er zum Landeshauptmann und Landtagspräsidenten von Steiermark ernannt und im Herbst 1885 für Graz in den Reichsrat gewählt.

Wurmdrache, s. Mücken.

Würmer (Vermes, hierzu Tafel »Würmer«), eine der großen Abteilungen des Tierreichs, zu welcher man alle diejenigen Tiere rechnet, welche keinem der übrigen Stämme, also den Wirbel-, Glieder-, Weichtieren, Echinodermen, Cölenteraten und Protozoen, angehören, wohl aber zu den vier erstgenannten hinüberleiten. Darum gibt es keine vielgestaltigere Gesellschaft als die der W., und zugleich wird oft eine ganze Gruppe von einer einzigen Gattung repräsentiert. Die höchsten W. stehen in nahen Beziehungen zu den Arthropoden (Gliedertieren), vielleicht auch zu den Wirbeltieren; bei den niedern sucht man Anknüpfungspunkte für die Mollusken. Natürlich läßt sich eine scharfe Grenze nirgends ziehen, und darum schwankt der Umfang des Gebiets W. zur Zeit noch sehr. Im allgemeinen läßt sich indessen folgendes über die Organisation der W. sagen. Der Körper der W. ist seitlich symmetrisch, gestreckt, meist vielfach länger als breit, entweder abgeplattet oder rund, bei den niedern Formen gewöhnlich ohne Gliederung, bei den höhern segmentiert. Die Bedeutung der Segmentierung erläutern die Bandwürmer. Am Hinterende ihres als ungeschlechtliche Amme aufzufassenden Kopfes tritt eine Sprossenbildung auf; die zunächst Teile des Individuums (Segmente) bildenden Knospen werden allmählich selbständig, erhalten Geschlechtsorgane und lösen sich aus der Verbindung mit den übrigen. Bei den Ringelwürmern haben die Segmente dagegen ihre Selbständigkeit vollkommen aufgegeben; aber jedes derselben weist dadurch auf seine ursprüngliche Bedeutung als besonderes Individuum hin, daß es Abschnitte aller Organsysteme enthält, auf deren Zusammenhang die Bildung eines zusammengesetzten Individuums beruht. Eigentliche Gliedmaßen, d. h. gegliederte