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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zeitungen

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Zeitungen (Italien, Spanien, Portugal, Belgien, Skandinavien, Rußland).

andern Daudet, Zola, Ferdinand Fabre zu Mitarbeitern haben, die kunstvoll ausgestattete »Revue des Lettres et des Arts«, die gediegene »Revue britannique«, die sich nicht allein, wie ihr Name vermuten ließe, mit englischen Dingen beschäftigt, der »Correspondant«, von ausgesprochen reaktionärer Färbung, aber vorzüglich redigiert, endlich die »Vie parisienne«, welche die Mitte hält zwischen der schöngeistigen Zeitschrift und dem Witzblatt, dessen Gattung durch den »Charivari«, das »Journal amusant«, den »Courrier français« am besten vertreten ist. Die französische Provinzpresse lebt zumeist von der hauptstädtischen. An der Spitze der nicht zahlreichen Organe, die ein selbständiges Dasein führen, sind zu nennen: die »Gironde« in Bordeaux mit der »Petite Gironde«, das »Journal du Havre«, der »Petit Marseillais«, »Le Sémaphore« in Marseille, »Le Phare de la Loire« in Nantes, »Le Salut public« (klerikal) in Lyon. Vgl. »Annuaire de la Presse française« (1889). - Sehr reichhaltig, wenn auch wenig bedeutend ist die italienische Presse. Besonders entwickelte sie sich, seitdem sie nach dem Regierungsantritt des vorletzten Papstes einen freiern Ton anschlagen durfte, worauf allerdings das Reaktionsjahr 1849 folgte. Seitdem hat sie vielfache Wandlungen erfahren. Von den bedeutenden Organen behaupten die Mailänder »Perseveranza«, der dortige »Secolo«, die in Rom erscheinenden »Opinione«, »Riforma«, »Fanfulla«, »Diritto«, »Osservatore Romano« und »Voce della Verità«, letztere beide klerikal, und die »Gazzetta di Torino« den hervorragendsten Rang. Unter den periodischen Zeitschriften zeichnet sich die »Rivista contemporanea« aus. Die Gesamtzahl der italienischen Z. belief sich 1889 auf ca. 1450, darunter 450 politische. - In Spanien erschien seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts eine Hofzeitung; hundert Jahre später erschienen in Madrid allein 48 Blätter, worunter 19 täglich. Die journalistische Bewegung war infolge des raschen Wechsels der Ereignisse und des regen politischen Sinnes der Nation eine sehr lebhafte. Gegenwärtig beziffert man die Zahl der spanischen Z. auf 850. Die politisch bedeutendsten sind die in Madrid erscheinenden »El Imparcial« (liberal), »El Globo« (Organ Castelars) und »La Epoca« (konservativ). - In Portugal ist die Presse von geringer Bedeutung. Außer dem »Diario de Lisboa«, das die Regierung vertritt, und einigen Parteiblättern verschiedener Färbung ist kein Blatt zu verzeichnen, das auch nur das geringste lokale Interesse überschritte. In Portugal und in Spanien tritt, wie in Italien, die Thatsache merklich hervor, daß die südlichen Länder eine relativ größere Anzahl von Tagesblättern besitzen als die nördlichen. - Die frühzeitige hohe wirtschaftliche und politische Entwickelung der Niederlande war dem Gedeihen der Presse von jeher günstig. Einen großen Aufschwung hat sie aber erst nach Aufhebung des Zeitungsstempels 1869 genommen. Die Zahl der in Holland erscheinenden Z. beträgt gegenwärtig ca. 500. Seit dem 17. und 18. Jahrh. hatte fast jede Stadt einen Courant, der älteste unter ihnen der »Amsterdamsche Courant«, der noch besteht. Wie der Name sagt, sind diese Z. durchgängig aus Handelsnachrichten entstanden. Eine außerholländische Bedeutung haben diese Organe nicht mehr. - In Belgien hat sich mit der Gründung des Königreichs die Presse in französischem Sinn entwickelt. Das bedeutendste Organ war eine Zeitlang die liberale »Indépendance belge«, welche aber gegenwärtig für französische Interessen thätig ist. Die hervorragendsten belgischen Z. (etwa 60 täglich erscheinende politische Z.) sind zur Zeit die »Étoile belge« und der »Précurseur d'Anvers«. In Antwerpen ist auch, soweit bis jetzt bekannt ist, die erste Zeitung im modernen Sinn (1605) erschienen. - Neuesten Datums ist die norwegische Presse, die erst in den 30er Jahren einigen Aufschwung nahm und ihre Hauptsitze in Christiania, Bergen und Drontheim hat, während die Anfänge der schwedischen Presse bis in die Zeiten des Dreißigjährigen Kriegs hinein datieren. Außer dem lokalen »Stockholms Dagblad« ist das bedeutendste Journal das »Aftonblad«, das verschiedene politische Wandlungen durchgemacht hat. Die Zahl der in Schweden erscheinenden Z. wird auf etwa 350 angegeben. - Die dänische Zeitungslitteratur (etwa 140 Z.) hat auch erst seit 1830 größere Fortschritte gemacht. Das Hauptblatt ist immer noch die in Kopenhagen seit 1749 erscheinende »Berlingske Tidende«, die ursprünglich in deutscher Sprache gedruckt ward. Kopenhagen ist der Hauptverlagsort, da nur hier politisches Leben existiert; die Provinzialpresse behilft sich vorwiegend mit Auszügen. - Von fremden periodischen Schriften konnten in Rußland laut Zeitungskatalog der Post für 1889 bezogen werden: 243 deutsche, 174 französische, 104 englische, 20 italienische, 10 griechische, 27 slawische, 10 schwedische, eine hebräische, zusammen 589. In den Zeitungskatalog wird jedes Blatt, zu welchem sich drei Abonnenten bei der Post melden, aufgenommen; verboten waren 1889 nur wenige Blätter, wie: »Vossische Zeitung«, »Neues Wiener Tageblatt«. Alle ausländischen Blätter unterliegen der Postzensur. Die inländische Presse steht unter strenger Aufsicht der Oberpreßverwaltung. In Petersburg und Moskau dürfen Blätter ohne Präventivzensur erscheinen, nachdem der Herausgeber 3000 Rubel Kaution hinterlegt hat. Nach dreimaliger Verwarnung erfolgt Suspendierung, worauf das Blatt nur mit Präventivzensur weiter erscheinen kann. Ein Komitee, bestehend aus den Ministern des Innern, der Justiz, des Unterrichts und des Kultus, kann jederzeit die vollständige Schließung eines Blattes verfügen. Die Oberpreßverwaltung ist berechtigt, den ohne Präventivzensur erscheinenden Z. Erwähnung und Erörterung jedes beliebigen Stoffs zu untersagen und sie mit Verbot des Einzelverkaufs und des Rechts der Aufnahme von Inseraten zu strafen. Sie verfährt hierbei mit voller administrativer Willkür, da eine Appellation an eine höhere Instanz nicht zulässig ist. Laut offiziellen Ausweises der Oberpreßverwaltung waren 1889 im russischen Reich 750 periodische Schriften (davon 83 in Finnland) konzessioniert, darunter 490 russisch, 76 polnisch, 49 deutsch, 10 esthnisch, 8 lettisch, 7 französisch, 6 armenisch, 4 hebräisch etc. Ferner waren darunter: 271 litterarisch-politische, 206 fachwissenschaftliche oder speziellen Inhalts, 81 geistliche, 24 illustrierte, 9 humoristische etc. Den humoristischen Blättern sind politische Stoffe fast gänzlich verboten. In Petersburg erscheinen 199, in Moskau 70, in Warschau 75. Das älteste der jetzt in Rußland existierenden Blätter ist die deutsche »St. Petersburger Zeitung«, die 1726 bei der Akademie der Wissenschaften zu erscheinen begann, worauf ihr im folgenden Jahr die »Peterbúrgskija Wjédomossti« (russische »Petersburger Zeitung«) als russische Ausgabe folgten; das amtliche Regierungsblatt ist der »Prawitjels-stwjennyj Wjésstnik« (»Regierungsbote«), gegründet 1868. Das französische »Journal de St. Pétersbourg«, gegründet 1824, ist das Organ des Ministeriums des Auswärtigen der »Russkij Invalíd«