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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Zellgewebsentzündung - Zelter.

nischen Zellen, die Milchröhren und das nicht assimilierende Parenchym), Durchlüftungsgewebe (die innern Luftkanäle nebst den Spaltöffnungen und Lenticellen), Absorptionsgewebe (die Oberhaut der Boden- und Luftwurzeln nebst Wurzelhaaren, die Saugorgane der Keim- und Schmarotzerpflanzen), Speichergewebe (die wasserführenden Zellen der Wüstenpflanzen, die Stärkemehl und andre Reservestoffe führenden Gewebe in Samen, Zwiebeln, Knollen und Rhizomen) und endlich als Absonderungs- oder Drüsengewebe (die Hautdrüsen, Nektarien, Verdauungsdrüsen der insektenfressenden Pflanzen sowie die Öl-, Schleim-, Harz- und Kristallschläuche) unterschieden. (S. die Artikel: Epidermis, Kork, Bast, Kollenchym, Holz, Gefäßbündel, Milchröhren, Intercellulargänge, Lenticellen, Haustorien, Nektarien, Drüsen, Harzschläuche, Kristallschläuche.) Vgl. Haberlandt, Physiologische Pflanzenanatomie (Leipz. 1884). Z. auch s. v. w. Bindegewebe, das Gewebe der Bindesubstanz; s. Gewebe, S. 280.

Zellgewebsentzündung, s. Bindegewebsentzündung.

Zellgewebswassersucht des Rindes, eine dyskrasische Krankheit der Ochsen mit wassersüchtigen Anschwellungen in dem Unterhautgewebe an der Brust, am Hals und an andern Stellen, entsteht infolge einer qualitativ mangelhaften Ernährung und tritt in Rübenzuckerfabriken ein, wenn die Tiere reichlich Rübenrückstände und kein Heu bekommen. Der Verlauf ist stets chronisch; die Anschwellungen dauern bis zu einem halben Jahr und darüber und nehmen allmählich so zu, daß die Tiere nicht mehr aufstehen können. Sie magern ab, bekunden anhaltend Durchfall und gehen schließlich durch Erschöpfung zu Grunde. Eine Heilung ist nur in den ersten Stadien zu erwarten und auch nur dann, wenn die Tiere den krank machenden Einflüssen entzogen und insbesondere reichlich mit gutem Heu gefüttert werden. Pütz erklärt die Entstehung der Z. damit, daß bei dem Diffusionsverfahren in der Zuckerfabrikation die Rübenrückstände nicht nahrhaft genug bleiben, und daß außerdem die Tiere zu viel Kalisalze im Verhältnis zu den organischen Nährstoffen in die Blutzirkulation aufnehmen müßten. Wenn die Z. vollständig ausgebildet ist, so ist es am ratsamsten, das Tier zu schlachten. Die Behandlung kann daher im wesentlichen nur eine prophylaktische sein, bei welcher von der Beschaffung geeigneter Nahrungsmittel und von der Beschränkung in der Verabreichung von Rübenrückständen auszugehen ist.

Zelliten, s. v. w. Lollharden.

Zellkern, s. Zelle, S. 855.

Zellner, Julius, Komponist, geb. 1832 zu Wien, konnte erst im 19. Lebensjahr, nachdem er bis dahin erst als Techniker, dann als Kaufmann gearbeitet hatte, seine musikalischen Studien beginnen und mußte auch dann noch mit materiellen Schwierigkeiten kämpfen, bis er endlich von 1870 an mit Hilfe eines Staatsstipendiums sich der Musik ungehindert widmen konnte. Seinen ersten durchschlagenden Erfolg errang er das Jahr darauf mit einer von der Philharmonischen Gesellschaft unter Dessoffs Leitung aufgeführten Symphonie in F, der bald danach eine Reihe gleichfalls beifällig abgenommener Klavier- und Kammermusikwerke folgten sowie ein zweites symphonisches Werk, »Melusine« (auch in Deutschland wiederholt mit Beifall aufgeführt), eine Symphonie in Es und ein Klavierkonzert. Z. lebt zur Zeit als Musiklehrer in Wien.

Zellstoff, s. v. w. Cellulose.

Zelo domus Dei, die nach diesen Anfangsworten benannte Bulle des Papstes Innocenz X. vom 20. Nov. 1648, worin er den Westfälischen Frieden verwarf.

Zeloten (griech., »Eiferer«) heißen bei Josephus die Anhänger der fanatisch revolutionären Partei unter den Juden. Dieselben stellen die seit den Tagen des Gauloniten Judas (s. Judas 4) existierende extreme Spitze der pharisäischen Volkspartei dar im Gegensatz zu den friedlich gesinnten Hilleliten und der dem Vernichtungskampf politisch ausweichenden Aristokratie der Sadduzäer. Die dem Aufstand des Judas zu Grunde liegende Idee, daß Anerkennung der römischen Herrschaft ein Majestätsverbrechen wider Gott sei, wirkte seither mächtig nach, bis endlich im Rebellionskrieg des Jahrs 66 die im Herzen des Volkes angesammelten Zündstoffe explodierten. Aber erst in den letzten Jahren des Kriegs bekam die Partei der eigentlichen Z. das Heft in die Hand und feierte Orgien, welche an die Herrschaft der Jakobiner in den Zeiten des Konvents erinnern. Noch jetzt nennt man blinde Eiferer, besonders in Religionssachen, Z.

Zelt, leichtes Obdach von Leinwand, das im Freien aufgeschlagen wird und sowohl zur militärischen Lagerung als auch zu andern Zwecken, als Kranken-, Jagd-, Lust-, Speise-, Gartenzelt etc., dient. Schon in ältester Zeit waren Zelte in Kriegslagern üblich, namentlich zeichneten sich die Zelte der orientalischen Heerführer durch verschwenderische Pracht aus. Sie waren durch das ganze Mittelalter bis zur neuern Zeit so lange gebräuchlich, als mit der Kriegführung noch ein längeres Lagern verbunden war. Die Zeltlager kamen im Revolutionskrieg durch die Franzosen außer Gebrauch, als die durch die Mitführung der Zelte bedingte bedeutende Bagage mit der geforderten Beweglichkeit der Heere nicht mehr vereinbar war; sie wurden durch die Biwakhütten verdrängt, von den Engländern aber stets beibehalten und von den Preußen zu Friedenslagern häufig, niemals aber im Krieg verwendet. Man hat dach- und kegelförmige Zelte. Das Zelttuch (Segelleinen) wird durch Schnuren und Zeltpflöcke (Heringe) am Boden befestigt.

Zeltchen, s. Pastillen.

Zeltdach, s. Dach.

Zelter, ein Pferd, das mehr zum Tragen als zum Reiten bestimmt ist; das Wort kommt von dem altdeutschen »Zelt« (franz. amble) her, das den Gang des Pferdes zwischen Paß und Trab bedeutet. Daher versteht man unter Z. besonders ein ruhiges und deshalb zum Reiten für Damen geeignetes Pferd; s. Gangarten des Pferdes.

Zelter, Karl Friedrich, Komponist, geb. 11. Dez. 1758 zu Berlin, besuchte das Joachimsthalsche Gymnasium daselbst, mußte aber in seinem 17. Jahr als Maurerlehrling dem Beruf seines Vaters folgen. 1783 Maurermeister geworden, verwandte er, seiner Neigung folgend, alle freie Zeit auf das Studium der Musik, wobei ihm Fasch Lehrer und Führer war, den er später in der Direktion der Singakademie unterstützte. Nach dem Tode desselben (1800) übernahm Z. die Leitung der genannten Anstalt, erhielt bald darauf den Professortitel und wurde später auch vom König durch den Auftrag ausgezeichnet, in Königsberg die Kirchenmusik zu organisieren. Er starb 15. Mai 1832, wenige Tage nach dem ihm innig befreundeten Goethe. Als Komponist hat sich Z. namentlich auf vokalem Gebiet großes Verdienst erworben, und seine Lieder, darunter viele humoristische, für die von ihm begründete erste Berliner Liedertafel geschriebene Männerchöre, haben noch bis zur Gegenwart ihre Wirksamkeit bewährt. Zu seinen Schülern gehört auch Mendelssohn-^[BINDESTRICH!]