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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zeuge

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Zeuge.

auch mit zinnsaurem Natron beizen, eine mit Gummi verdickte Galläpfelabkochung aufdrucken, dämpfen, die Beize in einem gewöhnlichen Fixierungsbad befestigen und nun in einer essigsauren Lösung des Farbstoffs ausfärben. Schließlich gibt man noch ein Bad mit angesäuertem Wasser oder ein Seifen- oder Kleienbad. über die Erzeugung von Anilinschwarz auf Geweben s. Anilin, S. 592.

Der Farbendruck wird auch auf Garne angewandt (Garndruck). Namentlich bedruckt man die Kette (Kettendruck) und zwar mit hölzernen Formen, welche den Kattundruckformen gleichen. Diese Arbeit wird während des Aufbäumens oder später vorgenommen, und man bedient sich dazu einer Vorrichtung zum richtigen Aufspannen der Kette (Kettendruckmaschine), bei welcher das schnelle Trocknen der Farbe durch ein Windrad oder durch Dampfheizung bewirkt wird. Der Kettendruck findet namentlich bei der Herstellung chinierter Zeuge und bei Teppichen Anwendung. Litteratur s. bei Färberei.

Zeuge, s. Gewebe.

Zeuge (Testis), eine bei einer Rechtssache unbeteiligte Person, welche über Wahrnehmungen, die sie gemacht, aussagen (deponieren) soll. Erfolgt die Zuziehung von Zeugen zum Zweck der Beurkundung eines Rechtsaktes, z. B. bei einer Testamentserrichtung, so spricht man von Instruments- oder Solennitätszeugen. Soll dagegen dem Richter über zweifelhafte Thatsachen durch Zeugenvernehmung Gewißheit verschafft werden, so werden die Zeugen Beweiszeugen genannt. In Ansehung der Beweiskraft der Zeugenaussagen unterschied die frühere Prozeßtheorie zwischen völlig glaubwürdigen (klassischen) und unglaubwürdigen Zeugen. Man bezeichnete nämlich gewisse Personen als schlechthin unfähig zur Ablegung eines Zeugnisses (testes naturaliter inhabiles), weil ihnen die Fähigkeit zur Wahrnehmung oder zur Mitteilung des Wahrgenommenen fehle, wie Kinder, Wahnsinnige, Stumme, Blinde und Taube. Im Gegensatz zu diesen wurden diejenigen Personen, welche zwar an und für sich nicht unfähig waren, die Wahrheit auszusagen, bei denen es jedoch ungewiß war, ob sie die Wahrheit sagen würden, als verdächtige Zeugen (testes suspecti per se) bezeichnet, wie z. B. Meineidige und Unmündige. Endlich kam noch die Kategorie derjenigen Zeugen hinzu, welche nur in Bezug auf eine bestimmte Rechtssache als verdächtig erschienen, sei es, weil sie ein eignes Interesse an der Sache hatten, sei es wegen Verwandtschaft, wegen eines besondern Pflichtverhältnisses, wegen Freundschaft oder Feindschaft zu einer Partei. Die neuen deutschen Prozeßordnungen geben dagegen die Beurteilung der Glaubwürdigkeit eines Zeugen lediglich dem richterlichen Ermessen anheim. Dabei ist im Prinzip die Zeugnispflicht als allgemeine und erzwingbare Bürgerpflicht anerkannt. Folgende Personen können jedoch das Zeugnis verweigern: der Verlobte einer Partei und im Strafprozeß der Verlobte des Beschuldigten; der Ehegatte einer Partei oder des Beschuldigten; derjenige, welcher mit einer Partei oder mit dem Angeschuldigten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt oder bis zum zweiten Grad verschwägert ist; Geistliche in Ansehung desjenigen, was ihnen bei der Ausübung der Seelsorge anvertraut ist. In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind außerdem zur Verweigerung des Zeugnisses Personen berechtigt, welchen kraft ihres Amtes, Standes oder Gewerbes Thatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch die Natur derselben oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, in betreff der Thatsachen, auf welche sich die Verpflichtung zur Verschwiegenheit bezieht. Außerdem kann in einem Zivilprozeß der Z. das Zeugnis verweigern über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner Angehörigen einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen, oder deren Beantwortung ihm oder einem seiner Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung zuziehen, oder über Fragen, welche der Z. nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren. Für den Strafprozeß sind ferner der Verteidiger des Angeschuldigten in Ansehung desjenigen, was ihm in dieser Eigenschaft, und ebenso Rechtsanwalte und Ärzte in Ansehung desjenigen, was ihnen bei Ausübung ihres Berufs anvertraut ist, zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt. Dieselben dürfen jedoch das Zeugnis nicht verweigern, wenn sie von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbunden sind. Endlich kann im Strafprozeß jeder Z. die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihm selbst oder einem seiner Angehörigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen würde. Außerdem hatte der Reichstag in der zweiten Lesung der Strafprozeßordnung beschlossen, daß bei strafrechtlichen Untersuchungen, in welchen der Redakteur einer periodischen Druckschrift wegen einer darin abgedruckten Zuschrift verfolgt werden könne, nicht nur der Redakteur selbst, sondern auch der Verleger, der Drucker und dessen Hilfspersonal von der allgemeinen Zeugnispflicht (Zeugniszwang) auszunehmen sei. Dies scheiterte jedoch an dem Widerspruch der Bundesregierungen. Dabei ist indes zu berücksichtigen, daß nach § 54 der Strafprozeßordnung jeder Z. die Auskunft auf solche Fragen verweigern kann, deren Beantwortung ihm die Gefahr strafrechtlicher Verfolgung zuziehen würde. Nach dem Reichspreßgesetz (§ 20) ist nun für Handlungen, deren Strafbarkeit durch den Inhalt einer periodischen Druckschrift begründet wird, der verantwortliche Redakteur als Thäter zu bestrafen, wenn nicht durch besondere Umstände die Annahme seiner Thäterschaft ausgeschlossen wird. Nach jenem allgemeinen Grundsatz kann also der Redakteur das Zeugnis verweigern, wenn es sich darum handelt, durch seine Vernehmung zu ermitteln, wer eine in der fraglichen Druckschrift veröffentlichte Zuschrift eingesandt habe. Die Zeugenvernehmung selbst beginnt damit, daß der Z. über Vor- und Zunamen, Alter, Religionsbekenntnis, Stand oder Gewerbe und Wohnort befragt wird. Erforderlichen Falls sind ihm Fragen über solche Umstände, welche seine Glaubwürdigkeit in der vorliegenden Sache betreffen, insbesondere über seine Beziehungen zu den Parteien, im Strafprozeß zu dem Beschuldigten oder Beschädigten, vorzulegen. Im Zivilprozeß haben die Parteien und deren Anwalte, im Strafprozeß außer dem Vorsitzenden auch die beisitzenden Richter, Schöffen und Geschworne, Staatsanwalt, Angeklagter und Verteidiger das Recht, Fragen an die Zeugen zu stellen (s. Kreuzverhör). Der Regel nach ist jeder Z. vor der Vernehmung mit dem Zeugeneid zu belegen; doch kann die Beeidigung auch aus besondern Gründen, namentlich wenn Bedenken gegen ihre Zulässigkeit obwalten, bis nach Abschluß der Vernehmung ausgesetzt bleiben. Der Zeugeneid geht dahin, »daß der Z. nach bestem Wissen die reine Wahrheit sagen (gesagt), nichts verschweigen (verschwiegen) und nichts hinzusetzen werde (hinzugesetzt habe)«. Unbeeidigt sind zu