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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zinna; Zinnasche; Zinnbaum; Zinnbrillanten; Zinnbutter; Zinnchlorid; Zinnchlorür; Zinne; Zinnenschnitt; Zinnerz; Zinn, salpetersaures

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Zinn, salpetersaures - Zinnerz.

Zinn, salpetersaures, s. Zinnchlorid.

Zinna, Flecken im preuß. Regierungsbezirk Potsdam, Kreis Jüterbog-Luckenwalde, an der Nuthe, hat eine evang. Kirche, ein Denkmal Friedrichs d. Gr., der 1764 den Ort gründete, eine Oberförsterei, Plüsch- und Wollweberei und (1885) 1679 Einw. Hier wurde 1170 ein Cistercienserkloster gegründet, das 1547 säkularisiert und Domäne des Erzbistums Magdeburg wurde. 1680 fiel es an Brandenburg. Von dem ehemaligen Kloster ist noch die Abtei übrig (jetzt königliches Rentamt). Hier wurde 1449 der langjährige Streit zwischen Brandenburg und dem Erzstift Magdeburg durch einen Vertrag geschlichtet.

Zinnasche, s. Zinnsäure.

Zinnbaum, s. Zinn.

Zinnbrillanten, s. Faluner Brillanten.

Zinnbutter, s. Zinnchlorid.

Zinnchlorid (Zweifach-Chlorzinn) SnCl4 ^[SnCl_{4}] entsteht bei Einwirkung von Chlor auf Zinn oder Zinnchlorür und beim Erhitzen von schwefelsaurem Zinnoxyd mit Kochsalz. Es bildet eine farblose Flüssigkeit, raucht an der Luft sehr stark, spez. Gew. 2,234, wirkt höchst ätzend, ist noch bei -20° flüssig, siedet bei 120°, löst Schwefel, Jod und Phosphor, erstarrt mit wenig Wasser zu einer kristallinischen Masse (Zinnbutter) und löst sich in mehr Wasser. Lösungen von Z. erhält man auch beim Behandeln von Zinnsäure mit Salzsäure, von Zinnchlorürlösung mit Chlor, beim Behandeln einer mit Salzsäure versetzten Zinnchlorürlösung mit Salpetersäure, beim Lösen von Zinn in Königswasser. Letztere Lösung enthält auch Zinnchlorür und führt in der Färberei den Namen salpetersaures Zinn, Scharlach-, Zinnkomposition, Zinnsolution, Physik, Rosiersalz, Rosasäure. Statt dieser Lösungen von unsicherm Gehalt kommt jetzt häufiger Z. in fester Form in den Handel. Man erhält dies, indem man Zinnchlorürlösungen von 60° B. mit Salzsäure versetzt und bei 40° durch Salpetersäure oxydiert. Die Flüssigkeit erstarrt dann beim Erkalten zu Z. mit 5 Molekülen Kristallwasser. Man kann das Zinnchlorür auch durch Einleiten von Chlor oxydieren. Zur Darstellung von Z. aus Weißblechabfällen, welche 3-5 Proz. Zinn enthalten, soll man dieselben mit Chlor behandeln und das verflüchtigte Z. in Schlangenröhren verdichten. Die Lösung des Zinnchlorids gibt beim Verdampfen große, zerfließliche Kristalle mit 5 Molekülen Kristallwasser. Die verdünnte wässerige Lösung zersetzt sich beim Erhitzen unter Abscheidung von Zinnsäure. Die Dämpfe von Z. geben mit Wasserdampf bei Rotglut Zinnsäureanhydrid, mit Schwefelwasserstoff Zinnsulfid. Z. dient als Beize in der Färberei und Zeugdruckerei, zur Darstellung von Anilinblau und Farblacken, auch zum Verzinnen. Ammoniumzinnchlorid (NH4)2SnCl6 ^[(NH_{4})2SnCl_{6}] entsteht beim Vermischen konzentrierter Lösungen von Z. und Salmiak als farbloses kristallinisches Pulver, welches sich in 3 Teilen Wasser löst, in konzentrierter Lösung Siedetemperatur verträgt, dessen verdünnte Lösung aber beim Erhitzen Zinnhydroxyd abscheidet. Man benutzt es unter dem Namen Pinksalz als Beize in der Zeugdruckerei, wo die freie Säure enthaltende Zinnchloridlösung nicht anwendbar ist. Die erste Erwähnung des Zinnchlorids findet sich 1605 bei Libavius (daher Spiritus fumans Libavii), aber schon 1630 benutzten es die Holländer in der Kochenillefärberei.

Zinnchlorür (Einfach-Chlorzinn, Zinnsalz) SnCl2 ^[SnCl_{2}] entsteht beim Erhitzen von Zinn in Chlorwasserstoff, ist weiß oder grauweiß, fettglänzend, kristallinisch, schmilzt bei 250° und verdampft in höherer Temperatur unter teilweiser Zersetzung. Zinnspäne lösen sich in warmer Salzsäure, und die Lösung gibt beim Verdampfen große, durchsichtige Kristalle mit 2 Molekülen Wasser. Dies Zinnsalz wird im großen dargestellt, indem man Zinn in Salzsäure löst, wobei das Metall stets im Überschuß vorhanden sein muß, die Lösung bei Gegenwart von etwas granuliertem Zink bis 75 oder 78° B. verdampft und zur Kristallisation bringt. In Sodafabriken füllt man granuliertes Zinn in verschlossene, miteinander verbundene irdene Gefäße und leitet Salzsäuredämpfe aus den Sulfatöfen hinein, worauf man die abgelassene Lösung von Z. zur Kristallisation bringt. Auch aus Weißblechabfällen, welche 3-5 Proz. Zinn enthalten, wird Z. mit Salzsäuredämpfen gewonnen. Das Z. kommt als feste Salzmasse oder in Lösung mit überschüssiger Salzsäure in den Handel (welche bei einem Gehalt von 12 oder 25 Proz. Zinn als Einfach- oder Doppeltchlorzinn bezeichnet wird), ist farblos, schmeckt unangenehm metallisch, wird an der Luft feucht, schmilzt bei 40°, wird bei 100° ganz oder beinahe wasserfrei und gibt bei schnellem Erhitzen auf 100° Oxychlorür, aus welchem bei höherer Temperatur wasserfreies Z. abdestilliert. Es löst sich leicht in Alkohol und in wenig Wasser, gibt mit mehr Wasser ein saures Chlorür und unlösliches, weißes, basisches Zinnchlorür und nur bei Gegenwart von Salzsäure, Weinsäure oder Salmiak eine klare Lösung. Die Kristalle und die Lösung absorbieren an der Luft Sauerstoff unter Bildung von unlöslichem, weißem Oxychlorid, welches bei Gegenwart von Salzsäure und Zinn wieder reduziert wird. Z. fällt aus Silber- und Quecksilbersalzen die Metalle, reduziert Eisenoxydsalze zu Oxydulsalzen, auch Indigo etc. Es dient in der chemischen Analyse, in der Färberei zur Reduktion des Indigos und von Eisen- u. Manganoxyd auf Zeugen, als Beizmittel, namentlich zum Färben mit Kochenille, zum Avivieren und Rosieren, auch zur Darstellung von Goldpurpur und Lackfarben, als Antichlor, zur galvanischen Verzinnung und zum Entfernen von Rostflecken aus Wäsche.

Zinne, das mit einem Geländer umgebene flache Dach eines Gebäudes oder der oberste, frei stehende, zur Verteidigung mit schartenartigen Einschnitten versehene Teil einer Mauer oder von Türmen.

Zinnenschnitt, s. Heroldsfiguren.

Zinnerz (Zinnstein, Kassiterit, lokal und vulgär Zwitter), Mineral aus der Ordnung der Anhydride, kristallisiert tetragonal, findet sich aber selten in einfachen Kristallen, häufiger in Zwillingsbildungen mit einspringenden Winkeln (Visiergraupen) und wiederholten Zwillingsbildungen. Die Kristalle sind teils eingewachsen, teils aufgewachsen, in letzterm Fall gewöhnlich zu Drusen vereint; außerdem kommt Z. derb in fest verwachsenen, körnigen Aggregaten und eingesprengt, selten in sehr zartfaserigen Aggregaten (Holzzinnerz), häufiger in losen Körnern (Seifenzinn), endlich in Pseudomorphosen nach Orthoklas vor. An sich farblos, ist das Z. fast ausnahmslos rötlich, gelblich, bräunlich, schwärzlich bis pechschwarz gefärbt, durchscheinend, gewöhnlich undurchsichtig, diamant- oder fettglänzend, Härte 6-7, spez. Gew. 6,8-7. Z. ist Zinnsäureanhydrid SnO2 ^[SnO_{2}], mit 78,6 Proz. Zinn, meist durch Eisen, Silicium, Mangan oder Tantal verunreinigt und findet sich am häufigsten in altkristallinischen Gesteinen, namentlich im Granit, dem ihm verwandten Greisen und dem sogen. Zwittergestein. Es ist diesen Gesteinen, seltener Glimmerschiefern, Hornblendeschiefern, Thonschiefern etc. teils in kleinen, mitunter mikrosko-^[folgende Seite]