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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Zweikampf

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Zweikampf.

über etwanige Streitigkeiten entscheidet. Ein Arzt (in der Studentensprache »Paukdoktor« genannt) ist gewöhnlich anwesend, um die nötige ärztliche Hilfe zu leisten. Das Duell auf den Hieb geschieht bei Studenten mit Schlägern oder Säbeln, bei Offizieren mit der bei ihrer Truppe üblichen Waffe. Die Sekundanten stehen dabei zur linken Seite ihrer Freunde und sind mit Degen oder Rapieren versehen, mit denen sie nach manchen Duellherkommen gefährliche Hiebe nach der linken Seite des Freundes parieren können. Der Z. auf den Stich erfolgt in der Regel mit dreischneidigem Stoßdegen, bei geschärftem Grad mit sogen. Parisiens mit kleinern Stichblättern. Der Z. auf den Schuß geschieht mit Pistolen und entweder a tempo, d. h. so, daß die Duellanten, auf der gewöhnlich 15 Schritt betragenden Mensur stehend, nach dem Kommando eines der Sekundanten gleichzeitig schießen, oder nach Ziel, wobei der Geforderte den ersten Schuß hat, dann aber einige Minuten auf der Mensur so lange bleiben muß, bis der andre geschossen hat. Beim »Schießen über den Mantel oder das Tuch« (Schnupftuch) wird die Mensur durch die gegenüberstehenden Zipfel eines Mantels oder Tuchs bestimmt. Die Barrieren beim Schießen über den Mantel oder das Tuch (Schießen mit Avancieren) werden so gemacht, daß, wenn jeder Duellant an der seinigen steht, beide fünf Schritt voneinander entfernt sind. Beim Z. mit Pistolen sehen die Sekundanten darauf, daß ordentlich geladen wird; zum Schießen kommandiert der Sekundant des Beleidigten durch ein Zeichen oder durch Worte. Beim »Schießen aus dem Sack« sind beide Pistolen in einem Sack, jedoch nur eine geladen. Der Fordernde zieht eine davon heraus, und beide drücken zugleich los. Das sogen. amerikanische Duell, welches in neuerer Zeit aufgekommen ist, besteht darin, daß die beiden Gegner durch das Los bestimmen, wem von ihnen die Ehrenverpflichtung zufällt, sich binnen einer bestimmten Frist selbst zu töten. Das amerikanische Duell ist also kein Z. und daher auch nicht nach den über den Z. bestehenden Rechtsvorschriften zu behandeln. Im allgemeinen bestimmt gewöhnlich der Fordernde die Waffe, muß aber auch gefährlichere Waffen annehmen. Nach dem Z. hat der Fordernde zu erklären, ob seine Ehre gesühnt sei und das Duell aufhören soll (Satisfaktion nehmen). Sind bei Studentenduellen 12 (oder auch 24) Gänge gemacht, so ist der Z. zu Ende; doch endet auf manchen Universitäten eine gültige Wunde stets das Duell. Nach Beendigung des neunten Ganges kann auch, ohne daß eine Verwundung vorgefallen ist, Satisfaktion genommen werden. Eine verschärfte Forderung liegt vor, wenn »bis zur Abfuhr« kontrahiert ist, d. h. wenn so lange gefochten werden soll, bis ein Duellant kampfunfähig ist.

Der Z. war schon dem Altertum nicht fremd. Es treten uns z. B. Fälle entgegen, in denen langwierige Kriege, entscheidungslos hin- und herschwankende Schlachten etc. durch ein Einzelgefecht der Feldherren beendet wurden. Von einem Z. im heutigen Sinn, d. h. als Mittel, eine Privatbeleidigung oder Ehrenverletzung auszugleichen, wußten aber die alten Völker nichts. Als solches wurzelt das Duell geschichtlich in dem germanischen Gottesurteil des gerichtlichen Zweikampfes (s. Ordalien). Freilich zeigte der mittelalterliche Z. noch nicht alle ausgebildeten Formen des spätern Duells, die sich erst in Spanien entwickelten; aber den Ordalien, Fehden, Renkontres lag bereits das Prinzip zu Grunde, sich eine persönliche Genugthuung für eine erlittene Rechtsverletzung zu verschaffen. Dem Umstand, daß gewisse Klassen der bürgerlichen Gesellschaft (Adel, Offiziere, höhere Beamte, Studenten) eine besondere Standesehre für sich in Anspruch nehmen, ist es zuzuschreiben, daß sich die Sitte, nach andern die Unsitte, des Zweikampfes bis auf die Gegenwart erhalten hat. Zur Wahrung dieser Standesehre in den Augen der Standesgenossen ist die Forderung persönlicher Genugthuung notwendig, wofern diese besondere Ehre angetastet wird. Auf diese tief eingewurzelte Anschauungsweise nimmt die Gesetzgebung Rücksicht, indem sie auf die vollendete oder versuchte Tötung oder Körperverletzung im Z. nicht die allgemeinen strafrechtlichen Bestimmungen anwendet, vielmehr das Duell wesentlich aus dem Gesichtspunkt eines eigenmächtigen Eingriffs in die staatliche Rechtsordnung straft. Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (§ 201 ff.) unterscheidet zwischen einfachem und schwerem Z. Das einfache (regelrechte) Duell ist mit Beginn des Kampfes vollendet und wird ohne Rücksicht auf einen Erfolg mit Festungshaft von drei Monaten bis zu fünf Jahren bedroht. Eine bei regelrechtem Z. zugefügte Körperverletzung wird nicht besonders bestraft; die Tötung des Gegners dagegen ist mit Festungshaft nicht unter drei, bez. nicht unter zwei Jahren bedroht, je nachdem vereinbart war oder nicht, daß das Duell den Tod des einen von beiden Duellanten herbeiführen solle. Beim schweren Z., d. h. wenn das Duell ohne Sekundanten stattgefunden hat, kann die vereinbarte Strafe um die Hälfte, jedoch nicht über zehn Jahre erhöht werden. Wenn die Tötung oder eine Körperverletzung mittels vorsätzlicher Übertretung der vereinbarten oder hergebrachten Kampfregeln bewirkt worden ist, so greifen die allgemeinen Vorschriften über das Verbrechen der Tötung oder Körperverletzung Platz. Hinsichtlich der mitwirkenden Personen gelten zwar die allgemeinen Bestimmungen über Mitthäter, Anstifter und Gehilfen; es sind jedoch die Sekundanten, die zugezogenen Zeugen, Ärzte und Wundärzte straflos, ebenso die Kartellträger, wenn sie ernstlich bemüht waren, den Z. zu verhindern. Wer einen andern zum Z. mit einem Dritten absichtlich, insonderheit durch Bezeigung oder Androhung von Verachtung anreizt, wird, falls das Duell stattgefunden hat, mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. Auch die Herausforderung zum Z. mit tödlichen Waffen sowie die Annahme einer solchen Herausforderung ist mit Strafe und zwar mit Festungshaft bis zu sechs Monaten bedroht, welche bis zu drei Jahren steigen kann, wenn bei der Herausforderung die Absicht, daß einer von beiden Teilen das Leben verlieren soll, entweder ausgesprochen ist, oder aus der gewählten Art des Duells erhellt. Die Kartellträger, sofern sie nicht, wie oben erwähnt, bemüht waren, den Z. zu verhindern, werden mit Festung bis zu sechs Monaten bestraft. Wird das Duell vor Beginn freiwillig aufgegeben, so fällt die Strafe der Herausforderung, der Annahme derselben und die der Kartellträger weg. Nach dem österreichischen Strafgesetzbuch (§ 158 ff.) wird der Z. in dem Fall, daß keine Verwundung stattgefunden hat, mit Kerker von sechs Monaten bis zu einem Jahr, im Fall einer Verwundung mit Kerker von 1-5, bei sehr schwerer Verletzung mit schwerem Kerker von 5-10 und im Fall des Todes von 10-20 Jahren bestraft. Das deutsche Militärstrafgesetzbuch (§ 112) enthält bezüglich des Zweikampfes nur die Bestimmung, daß derjenige, welcher einen Vorgesetzten oder einen im Dienstrang Höhern aus dienstlicher Veranlassung zum Z. herausfordert, mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr und, wenn der Z. vollzogen wird, nicht