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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Deutsche Sprache; Deutschkonservative Partei; Deutsch-Kreutz; Deutsch-Krone; Deutschland

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Deutsche Sprache - Deutschland.

Anmerkung: Fortsetzung des Artikels 'Deutscher Sprachverein'

versitätskanzlers Gustav Rümelin in dessen Rede zur akademischen Preisverteilung 6. Nov. 1886, die er mit einem Fremdwörterverzeichnis unter dem Titel: »Die Berechtigung der Fremdwörter« (2. Aufl., Freiburg 1887) besonders herausgab. Rümelin sieht die Fremdwörter als naturgemäßen Erwerb aus der geschichtlichen Entwickelung des deutschen Geistes an, der eben nicht für sich und getrennt, sondern unter dem starken Einfluß der alten Kultur und in reger Wechselwirkung mit den Nachbarvölkern sich gebildet hat. Er teilt daher nicht den leidenschaftlichen Haß gegen die Eindringlinge, der gegenwärtig in weiten Kreisen herrscht, und fürchtet von grundsätzlicher Bekämpfung der Fremdwörter einen wesentlichen Schaden für die deutsche Sprache der Gegenwart. Wenngleich mit Recht von den Leitern des Deutschen Sprachvereins gegen die Ausstellungen Rümelins eingewandt ist, daß sie unmittelbar nur die einseitige Überspannung des Gegensatzes gegen die Fremdlinge in unsrer Sprache treffen, so bleibt doch eine wesentliche Verschiedenheit des Gesichtspunktes übrig. Man begegnet daher dem Kanzler wieder bei der zweiten gleich bedeutenden Kundgebung gegen den Sprachverein, der Erklärung, die 41 Gelehrte und Schriftsteller, großenteils von hohem Ruf, am 28. Febr. 1889 in den »Preußischen Jahrbüchern« abgaben. Die Unterzeichner erklären sich auch ihrerseits gegen den herrschenden Überschwang der Sprachmengerei und erkennen die maßvolle Fassung der Vereinsgesetze an. Sie verwahren sich aber dagegen, daß die Pflege der Muttersprache vornehmlich in Abwehr der Fremdwörter beruhe und diese zum Gebot des Nationalstolzes erhoben werde. »Es genügt«, so erklären sie, »daß unsre Jugend durch wissenschaftlich und pädagogisch gebildete Lehrer wie bisher zum saubern Gebrauch der Sprache und zu fortschreitender Versenkung in die Schätze der Nationallitteratur angeleitet werde.« Als Anlaß zu dem Hervortreten der Verwahrenden wird ausdrücklich bezeichnet, daß der Gesamtvorstand des Allgemeinen Deutschen Sprachvereins durch Anträge an die deutschen Schulverwaltungen versucht habe, die Schule in den Dienst seines Bestrebens zu ziehen und nach dem Muster der Rechtschreibung auch den Sprachgebrauch von obenher zu regeln. Ihr Widerspruch richtet sich aber außerdem gegen den im Schoß des Vereins und in dessen Zeitschrift wiederholt verfochtenen Gedanken, öffentliche Behörden, namentlich eine »Reichsanstalt für die deutsche Sprache«, einzusetzen, die nach Art der französischen Akademie die deutsche Sprache meistern könnten, sowie endlich gegen den blinden Eifer, mit dem innerhalb des Vereins durch sprach- und sinnwidrige Schnellprägung von Ersatzwörtern Schade angerichtet werde. Die Spitze der letzten Andeutung richtet sich gegen die vom Sprachverein auf Grund von Vorarbeiten in den Zweigvereinen herausgegebenen Verdeutschungsbücher, durch die auf einzelnen Gebieten, wie Gerichts-, Verwaltungs-, Hof-, Kriegs-, Versicherungs-, Schulwesen, Handel, Gewerbe u. dgl., für die gebräuchlichen Fremdwörter Ersatz dargeboten wird, der allerdings nicht durchweg glücklich gewählt ist und dem Ernste der Sache oft mehr schadet als nützt. Man kann diesen Bedenken ihr volles Recht lassen, ohne doch das Gute der Vereinsarbeit zu verkennen. In diesem Sinn haben öffentliche Meinung und Presse sich wirklich zumeist entschieden. Vgl. außer den bereits angeführten Schriften noch Pietsch, Der Kampf gegen die Fremdwörter (Berl. 1887); Dunger, Die Sprachreinigung und ihre Gegner (Dresd. 1887); Grün, Der Deutsche Sprachverein und seine Gegner (Straßb. 1888). ↔

Deutsche Sprache. Zur Litteratur: Braune, Althochdeutsche Grammatik (Halle 1886); Socin, Schriftsprache u. Dialekt im Deutschen (Heilbr. 1887); Paul u. a., Grundriß der german. Philologie (Straßb. 1889 ff.). Ein auf drei Bände berechnetes »Deutsches Wörterbuch«, bearbeitet von Moritz Heyne, erscheint seit 1889.

Deutschkonservative Partei, die konservative Partei im deutschen Reichstag, zählt seit den Wahlen vom 21. Febr. 1887: 79 Mitglieder; ihr gehört der Präsident des Reichstags, v. Levetzow, an.

*Deutsch-Kreutz (ungar. Német-Keresztur), Ort im ungar. Komitat Ödenburg, mit einem beliebten kohlensäurereichen Säuerling (Rudolfsquelle).

Deutsch-Krone, (1885) 6652 Einw.

Deutschland. Die Bevölkerung des Deutschen Reichs belief sich nach der Zählung vom 1. Dez. 1885 auf 46,855,704 Seelen, über deren Verteilung nachstehende Tabelle Auskunft gibt.

Areal und Bevölkerung (1. Dez. 1885).
StaatenAreal in QKilom.Anteil am GesamtarealBevölkerung 1885Anteil an der BevölkerungEinwohner auf 1 QKilom.Zunahme, resp. Abnahme (-) gegen 1880
Proz.Proz.
Preußen348347,264,42831847060,4811039359
Bayern75859,714,0542019911,671135421
Sachsen14992,92,831820036,8212209198
Württemberg19503,73,619951854,310224067
Baden15081,12,816012553,410631001
Hessen7681,81,49566112,012420271
Meckl.-Schwerin13303,82,55751521,243-1903
Sachs.-Weimar3594,90,73139460,7874369
Meckl.-Strelitz2929,50,5983710,233-1898
Oldenburg6422,51,23415250,7534047
Braunschweig3690,40,73724520,810123085
S.-Meiningen2468,40,52148840,5877809
S.-Altenburg1323,80,21614600,31226424
Sachs.-Koburg-Gotha1956,50,41988290,41014113
Anhalt2347,40,42481660,510515574
Schwarzburg-Rudolstadt940,40,2838360,2893540
Schwarzburg-Sondershaus.862,10,2736060,2852499
Waldeck1121,00,2565750,15053
Reuß ält. Linie316,40,1559040,11775122
Reuß jüng. Linie825,70,21105980,21349268
Schaumb.-Lippe339,70,1372040,11091830
Lippe1215,20,21232120,31012966
Lübeck297,70,1676580,12274087
Bremen255,60,11656280,46488905
Hamburg409,80,15186201,1126564751
Elsaß-Lothring.14509,42,715643553,3108-2315
Deutsches Reich:540596,6-46855704-871621643

Das Wachstum der Bevölkerung beträgt seit 1880: 1,621,643 Seelen und bleibt hinter dem Überschuß der Geburten über die Sterbefälle, der sich in der Periode 1880 - 85 auf 2,601,858 belief, um 980,215. Köpfe zurück. Von letztern entfallen auf die überseeische Auswanderung 817,763 Köpfe, der weitere Verlust von 162,452 Personen ist durch die sonstige, nicht kontrollierbare Auswanderung nach dem Ausland zu erklären. Die stärkste Zunahme weisen nächst den Städten Berlin und Hamburg die Rheinprovinz (inkl. Regierungsbezirk Arnsberg und Fürstentum Birkenfeld), sodann das Königreich Sachsen nebst den acht thüringischen Staaten, endlich die Provinz Sachsen nebst Regierungsbezirk Hildesheim und den Herzogtümern Braunschweig und Anhalt auf. Am

Anmerkung: Fortgesetzt auf Seite 231.