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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Meeresfauna (Tiere des hohen Meeres)
zu Boden sinkenden, abgestorbene:: Oberflächentieren oder in Sporen derselben, die ebenfalls zeitweilig auf den Grund sinken. Die große Gleichförmigkeit, die überall in der Tiefe herrscht, wo die dem Nulb punkt nahe Temperatur nur in sehr geringen Grenzn schwankt, wo keine Strömungen, wie an der Oberfläche, sich finden, sondern nur eine allgemeine Bewegung der Wasser, wo fast absolute Dunkelheit ist und alle physikalischen Verhältnisse jahraus jahrein die gleichen und keinem Wechsel unterworfen sind, diese über die Tiefe aller Ozeane hin sich erstreckende Monotonie bedingt eine allgemeine horizontale Verbreitung der kosmopolitischen Tiefseetiere, ohne daß sich wie beider Küstenfauna, einzelne Distrikte unterscheiden ließen. Selbstverständlich ist diesjedochnicht so zu verstehen, als ob alle Tiefseetiere überall gleichmäßig verbreitet seien, sondern es wechseln reiche Tiergründe mit leeren Strecken ab, wobei vielfach die Bodenbeschaffenheit eine Rolle spielt, vielfach aber auch kein Grund für diese Erscheinung angegeben werden kann. Häufig findet sich eine und dieselbe Art auf enggedrängtem Raum in größter Individuenzahl, alle andern Tierformen überwiegend. Vesser als in der horizontalen Verbreitung lassen sich in der vertikalen Ausdehnung der Tiefseefauna bestimmte Grenzen nachweisen; zwar scheint die Tiefe kein absolutes Hindernis für tierisches Leben zu sein, denn auch aus den großen, 3 - 4000 Faden und mehr tiefen Becken der Weltmeere wurden noch Tiere heraufgeholt, die daselbst gelebt, meistens Strahlinge (Radiatorien), jedoch auch höhere Tierformen, allein eine der Zahl der Arten nach größere Masse wird daselbst nicht gefunden. Das allmähliche völlige Verschwinden der Tiefseefauna ist ungefähr bei ^500 Faden, der Tiefe, wo der Globigerinenschlamm seiner allmählichen Auflösung verfällt; die obere Grenze der Tiefseefauna, ihr Beginn wurden schon oben erwähnt. Innerhalb dieser weiten bathymetrischen Region von 50 oderW Faden bis 2500 Faden läßt sich eine weitere Grenze bei 500 Faden nachweisen, indem ein Teil charakteristischer Tiefentiere bis zu dieser Tiefe ihre Hauptentwickelung erreicht, während andre Abteilungen erst jenseit der 500-Fadenkurve eine Rolle spielen. Die unterhalb 500 Faden liegende Region der Tiefseetiere wird auch Abyssus- oder Abyssalzone genannt.
Auch für die vertikale Verbreitung der Tiefentiere ist die Bodenbeschaffenheit vielfach maßgebend, indem mit dem Verschwinden des gröbern Detritus auch uiele Tiere verschwinden, die sich auf diesem ansiedeln.
Dies gilt besonders von Korallen und Brachiopoden, die nebst den Seelilien für die erste Tiefenzone charakteristisch sind; in der zweiten spielen Stachelhäuter, besonders die merkwürdige Familie der Tiefseetiolothurien. eine Hauptrolle. Im Gegensatz zu dieser charakteristischen Entwickelung in bestimmter Tiefe haben andre Tiergruppen, wie Muscheln, Schnecken, Moostiere, Würmer, eine große bathymetrische Energie, indem sie von der Küste aus bis in große Tiefen hinab sich finden. Sehr selten nur hat jedoch eine und dieselbe Art eine ausgedehnte bathymetrische Verbreitung; wie mit dem Aufhören der Küstenfauna und dem Beginn der Tiefenfauna andre Arten erscheinen, so wechseln auch mit zunehmender Tiefe die Arten, Gattungen und häusig selbst die Familien.
Die Formen größerer Tiefe zeigen häufig in ihrer Organisation embryologische Charaktere und dokumentieren sich dadurch als entwickelungsgeschichtlich ältere Glieder des Stammes, wie sich auch'in größern Tiefen Arten und Gattungen finden, die sich eng an ausgesehene Formen anschließen und in der hen ^eyers Konv.-Lexikon. 4. Aufl.. XVII. Bd.
tigen Lebewelt keine Verwandten besitzen. Für den erstern Fall führen wir die Tiefseeholothurien als Beispiel an, für den zweiten Fall finden wir deren bei Schwämmen, Seeigeln, Moostierchen u. a. Doch ist damit nicht gesagt, daß geologisch alte Formell sich nur in der Tiefe finden, denn es sind gerade sehr alte Gattungen, wie der Molukkenkrebs und die bis in die Silunormation zurückreichende I^m^nik, Küstenoewohner.
III. Die pelagische Fauna (v. griech. pßla LM, das hohe Meer) setzt sich im Gegensatz zu den Küsten- und Tiefentieren aus frei schwimmendell Organismen zusammen und umfaßt ebenfalls Angehörige verschiedenster Abteilungen. Infusorien, besonders die den Vorticellen verwandten Tintinnen, Dinoflagellaten, Noktiluka, Radiolarien und Foraminiferen, vertreten die Urtiere; von den Hohltieren sind die prachtvollen Quallen pelagisch, durch zahlreiche Familien, besonders Spaltfüßer, sind die Krebse repräsentiert; ein bescheideneres Kontingent stellen die Würmer, während die Mollusken über eine ganze Ordnung, die Flossenfüßer, ausschließlich pelagischer Arten verfügen, denen sich noch Gattungen andrer Ordnungen, besonders Tintenfische, anschließen; von den Manteltieren sind die kettenbildenden Salpen und die Kolonien der Feuerwalzen pelagisch, und endlich zählen zu dieser Gruppe die Mehrzahl der Fische und von den meerbewohnenden Säugetieren die Delphine, der Narwal, die Pottfische und die Bartenwale. Nur die Wirbeltiere und bestimmte zu Scharen vereinigte Krebse vermögen eine beliebige Richtung beim Schwimmen einzuhalten; die andre Masse der pelagischen Fauna wird als ein Spiel des Windes und der Wellen umhergetrieben und deshalb zusammen mit der ebenfalls pelagisch treibenden Pflanzenfamilie der Diatomeen uon Hensen als »Plankton« (s. d., Bd. 13) bezeichnet. Zu den aufgezählten pelagischen Tieren, die zeit ihres Lebens frei schwimmen, gesellen sich zu gewissen Zeiten des Jahrs noch die Massen der frei schwimmenden Larven festsitzender oder kriechender Küstenformen; es sind dies besonders die Larven der Schwämme, Korallen, Echinodermen, Muscheln, Schnecken, Moostiere und die verschiedenartigen Larvenformen höherer Krebse; sie werden als Heini oder subpelagische Formen oder als temporüreo Plankton zusammengefaßt. Die pelagischen Tiere sind aufs beste zum Schwimmen befähigt; häufig übertrifft das Gewicht der Individuen kaum das Gewicht des Wassers, und außerdem erscheinen manche morphologische Charaktere als eine Folge des ständigen Aufenthalts auf hoher See. So fehlen den pelagischen Mollusken die schweren Kalkgehäuse ihrer Verwandten, oder sie sind auf ein Minimum reduziert; ebenso ist die Sohle, die den küstenbewohnenden Schnecken als Kriechorgan dient, bei deren pelagischen Verwandten bald zu Flossen, bald zu einem scharfen Kiel umgestaltet. Bei den Krebsen haben die Fühler den Dienst von Ruderorganen übernommen. Alc> eine weitere Anpassung erscheint die Färbung der pelagischen Tierwelt; ein großer Teil derselben ist durchsichtig und auf diese Weise im Wasser unsichtbar, der einzige Schutz dieser meist kleinen Organismen; andre sind, der Gesamtfarbe des Wassers entsprechend, blau, die Fische oben stahlblau, unten silberweiß. Ein Teil endlich ist rot, es sind diec solche pelagische Formen, die das Licht scheuen un? bei Tag in größere Tiefen einsinken, um erst des Nacht> an die Meeresoberfläche zu kommen; sie teilen d«e rote Färbung mit den Tiefenorganismen, mit denen sie auch weiterhin die Fähigkeit des Leuchtens gemei.'i ^0