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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

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Österreich (Kaisertum: Industrie, Handel und Verkehr).

hat, zeigt ein Rückblick auf das letzte Dezennium. Von 1878 auf 1888 ist nämlich die Braunkohlenproduktion von 7,2 auf 12,9, die Steinkohlenproduktion von 5,1 auf 8,3 Mill. T. und zugleich auch der Kohlenexport und zwar in Braunkohle von 2,6 auf 5,4, in Steinkohle von 0,3 auf 1,1 Mill. T. gestiegen. Der Hauptanteil an dieser Steigerung kommt auf das nordböhmische Braunkohlenbecken. Die Zahl der beim Berg- und Hüttenbetrieb beschäftigten Arbeiter betrug 1888: 108,703 (1887: 105,120). Der Salinenbetrieb, dessen Ergebnisse in den obigen Ziffern nicht enthalten sind, weist eine Produktion von 437,360 metr. Ztr. Steinsalz (+23,774), 1,598,374 metr. Ztr. Sudsalz (+51,001), 389,091 metr. Ztr. Industriesalz (+49,726) und 375,798 metr. Ztr. Seesalz (-157,771) auf. Der Geldwert der Salzproduktion stellt sich auf 21,7 Mill. Guld. und erscheint um 574,568 Guld. geringer als 1887. Im Salinenbetrieb waren 10,059 Arbeiter (gegen 10,283 im Vorjahr) beschäftigt.

Von den der Verzehrungssteuer unterliegenden und hierdurch kontrollierbaren Industrien zeigt die Bierbrauerei 1887/88 einen Stand von 1835 Brauereien, gegen das Vorjahr um 18 weniger, eine Abnahme, welche übrigens, wie schon seit Jahren, hauptsächlich die kleinern Brauereien trifft. Diesmal ist allerdings auch die Produktion, 12,620,565 hl, gegen das Vorjahr um 96,970 hl zurückgegangen. Branntweinbrennereien standen 1887/88 in ganz Ö. 47,707 (gegen 45,250 im Vorjahr) im Betrieb, welche eine Erzeugung von 87,887,562 Hektolitergraden Alkohol (gegen 85,175,822 im Vorjahr) anmeldeten. Rübenzuckerfabriken gab es 1887/88: 192 (1886/87 noch 203) mit 2241 Dampfmaschinen von 26,559 Pferdekräften und 54,316 Arbeitern. Dieselben verarbeiteten 30,421,382 (im Vorjahr 40,403,435) metr. Ztr. Rüben. Im übrigen ist eine allgemeine industriestatistische Erhebung für das Jahr 1885 vorgenommen worden, wonach sich die Zahl der Industrialgewerbe im ganzen auf 375,100, die der Handelsgewerbe auf 305,571 belief. Für die einzelnen Gruppen der Fabrikindustrie sind die Hauptdaten aus folgender Tabelle ersichtlich:

Bezeichnung der Industrie Unternehmungen Pferdekraft der Motoren Arbeiter Produktionswert in Gulden

Metalle, Metallwaren 1474 66562 58043 111549500

Maschinen, Transportmittel, Instrum. 808 9242 39104 63606100

Steine, Erden, Glas 6020 10412 67857 66514500

Holz, Bein, Kautschuk etc. 9008 51622 41850 58653500

Leder, Haare u. Federn 386 1743 8143 27937200

Textilindustrie 2546 103134 249539 425185800

Bekleidungswaren 1689 1452 40951 54574200

Papier 388 38368 22017 35465900

Nahrungsmittel etc. 62257 228436 214136 656167800

Chemische Industrie 1010 8902 33965 92223100

Baugewerbe 153 767 3654 4713800

Polygraphische und Kunstgewerbe 1473 942 14817 21027000

Zusammen: 87212 521582 794076 1617618400

[Handel und Verkehr.] Der auswärtige Handel des österreichisch-ungarischen Zollgebiets ergab im J. 1887 einen Einfuhrwert von 568,572,815 und einen Ausfuhrwert von 672,929,857 Guld., so daß die Handelsbilanz mit einem Überschuß von 104,357,042 Guld. abschließt. Der Überschuß der Ausfuhr über die Einfuhr war übrigens in den vorausgegangenen Jahren in der Regel noch größer und betrug insbesondere im J. 1886: 159 Mill. Guld. Gegen 1886 ist aber der Wert der Einfuhr des Jahrs 1887 um 29 Mill. Guld. höher, der Wert der Ausfuhr um 26 Mill. Guld. niedriger. Die Mehreinfuhr ergibt sich vornehmlich in den Artikeln: Baumwolle (+10,6 Mill. Guld.), Schafwolle (+9,7 Mill. Guld.) und in Steinwaren (+5,4 Mill. Guld., infolge höherer Bewertung der Edelsteine). Eine starke Mindereinfuhr zeigte sich in Fellen und Häuten (-4,6 Mill. Guld.). An der Minderausfuhr partizipieren Schlacht- und Zugvieh mit 17,6 Mill. Guld. (insbesondere wurden um 14,360 Stück Ochsen und Stiere und 211,545 Stück Schweine weniger ausgeführt), Wolle, Wollgarne und Wollwaren mit 12,8 Mill. Guld., Kurzwaren mit 9,2 Mill. Guld., Getränke mit 4,3 Mill. Guld. Nur die Getreideausfuhr repräsentierte einen um ca. 6 Mill. Guld. größern Handelswert. Im J. 1888 umfaßte nach den provisorischen Handelsausweisen die Wareneinfuhr eine Menge von 48,802,000 metr. Ztr., was gegen die Einfuhrmenge des Vorjahrs (48,186,000 metr. Ztr.) eine Erhöhung um 616,000 metr. Ztr. bedeutet, welche lediglich auf größere Bezüge an mineralischer Kohle zurückzuführen ist (31,5 gegen 28,7 Mill. metr. Ztr.). Eine belangreiche Abnahme der Einfuhr tritt in der Position Getreide zu Tage. Die seit 1. Juni 1887 namhaft erhöhten Getreidezolle und die befriedigende Inlandsernte haben den Getreideimport auf eine so niedrige Ziffer herabgedrückt (942,000 metr. Ztr.), daß man bis zum Jahr 1848 zurückgreifen muß, um eine noch niedrigere Bezugsmenge aufzufinden. Eine Einschränkung erfuhr auch der Import von Vieh, Heringen, Stärke, Blei, Zink, Kupfer, chemischen Hilfsstoffen, Baumwolle, Tabak etc. Eine nennenswerte Erhöhung der Einfuhr ergibt sich dagegen in Obst, Rum, Südfrüchten (welche seit Anfang 1888 zollfrei eingingen), Bier, Wein, Kaffee, Jute, Mineralöl. Die Warenausfuhr hat im J. 1888 einen bedeutenden Aufschwung genommen. Ihr Quantum beträgt 114,301,000 metr. Ztr. und weist gegen das Vorjahr eine Steigerung um 14,764,000 metr. Ztr. oder um 14,8 Proz. auf, woran insbesondere Mineralkohlen, Getreide, diverse Mineralien, Holz und eine Reihe von Fabrikaten teilnehmen.

Auf handelspolitischem Gebiet ist neben der Einführung des neuen erhöhten Zolltarifs mit 1. Juni 1887 der mit Italien, der Schweiz und Griechenland in den Jahren 1887 und 1888 abgeschlossenen Handelsverträge Erwähnung zu thun, durch welche immerhin einige gegenseitige Erleichterungen und Begünstigungen im Warenaustausch geschaffen wurden. Sehr nachteilig für den Export ist die Fortdauer des vertraglosen Zustandes (des Zollkriegs) mit Rumänien. Als nützliche Institutionen für den Außenhandel bewähren sich das österreichische Handelsmuseum und das Informationsbüreau in Wien, dann die in den letzten Jahren errichteten österreichisch-ungarischen Handelskammern im Ausland (Konstantinopel, Saloniki, Alexandria, Paris etc.).

Der Seeschiffahrtsverkehr in den österreichischen Häfen umfaßte im J. 1887: 47,120 beladen eingelaufene Schiffe mit 6,423,447 Ton. und 46,585 beladen ausgelaufene Schiffe mit 6,096,490 T. Den überwiegenden Anteil hatte hieran der Dampferverkehr; es kamen nämlich auf Dampfschiffe vom Gesamttonnengehalt im Einlauf 6,073,325, im Auslauf 5,612,623 T. In dem Haupthafen von Triest bezifferte sich der Verkehr im J. 1888 im Einlauf auf 5831 beladene Schiffe mit 1,184,664 T., im Auslauf auf 6763 Schiffe und 1,256,012 T. Die Binnenschiffahrt verfügte Ende 1887 über 6595,6 km befahrbare Fluß- und Kanalstrecken, wovon auf die nur für die Flößerei geeigneten Strecken 3880,9 und auf