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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Erasmus; Erblichkeit

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Erasmus - Erblichkeit.

bar stellen auch diese Knollen ursprünglich Wasserspeicher vor, da sich die bemessenden Pflanzen auch nach Ablösung von dem Wirtsstamm tagelang frisch erhalten. Die Beziehungen der Knollen zu den in ihnen sich ansiedelnden Ameisen sind nach Göbel durchaus nicht aufgeklärt, weil auch hier ein direkter Nutzen der Tiere für die Pflanzen nicht nachgewiesen werden kann. Mit demselben Rechte könnte man bei der südamerikanischen Tiliacee Bodelschwingia macrophylla, deren mit Wasser gefüllte Hohlstämme nach Schomburgk regelmäßig von einer Laubfroschart (Hyla venulosa) bewohnt werden, von einer Anpassung der Pflanze an Frösche sprechen. Jedenfalls aber haben die geschilderten Knollen als Vorstufen zu ähnlichen Hohlbildungen bei den echten Ameisenpflanzen (s. d., Bd. 17) Bedeutung.

Eine Reihe von E. besitzt Einrichtungen zum Ansammeln von Humus, durch welchen es ihnen ermöglicht wird, ohne Bezug von Nährstoffen aus ihrem Wirtsstamm dennoch zu beträchtlicher Größe heranzuwachsen. Der Vogelnestfarn (Polypodium Nidus) auf Java trägt rings um seinen kurzen Stamm eine große Zahl ansehnlicher Blätter, die zusammen eine Art von Nest bilden, in welchem sich vermoderte Blätter, Zweigbruchstücke u. dgl. ansammeln und die Wurzeln Nahrung finden. Andre Farne besitzen sogen. Nischenblätter, die sich mit breiter Basis dicht an den Stamm anlegen; entweder dienen als solche gewöhnliche Laubblätter, oder es tritt Arbeitsteilung ein, indem die Nischenblätter ihren Laubblattcharakter verlieren. Für den ersten Fall bietet z. B. das in Java häufige, ca. 2,5 m hohe Polypodium Heracleum ein schönes Beispiel, dessen kriechender Stamm oberseits mit einer Doppelreihe starker, fiederteiliger Blätter besetzt ist; letztere sitzen mit ihrer breiten, herzförmigen Basis dicht auf und können an dieser Stelle Humus ansammeln. Häufiger bilden aber die Blätter, indem sie sich teilweise decken, die Außenwand einer Nische, deren Hinterwand der Baumstamm selbst herstellt, während der Stamm des Farns den Abschluß nach unten bildet. In einer solchen Nische sammeln sich oft bedeutende Humusmassen an, die von den Farnwurzeln durchzogen und ausgenutzt werden; auch nach dem Absterben der Blätter bleibt die Humusmasse als starker Vorsprung oder auch in Treppenform auf dem Tragstamm erhalten. Eine kleine Zahl von Polypodium-Arten (z. B. P. quercifolium) erzeugt zweierlei Blätter, nämlich gestielte Laubblätter von gewöhnlicher Form und Bedeutung nebst eichenblattartig gestalteten größern, ungestielten Nischenblättern; letztere bilden auch in diesem Falle durch dichtes Anlegen an den Stamm Räume, in welchen sich Humusmassen ansammeln. Sie sterben rasch ab und färben sich braun, aber ihre starken Rippen bleiben lange Zeit hindurch stehen und halten den Humus fest. An den Keimpflanzen des genannten Farns treten zuerst gestielte, einfache Blätter und abwechselnd mit diesen ungestielte mit breiter Basis auf, später finden sich neben typischen Nischenblättern auch solche, welche den Charakter von Laub- und Nischenblättern in sich vereinigen und dauernd grün sind. Noch eigentümlicher sind die Anpassungen des Blattes bei der Gattung Platycerium, die ebenfalls zwei verschiedene Blattformen erzeugt, nämlich gestielte und geweihartig verzweigte Laubblätter und außerdem Nischen- oder Mantelblätter, die von frühern Autoren zum Teil für Prothallien gehalten worden sind. Die Nischenblätter von Platycerium grande sind ungestielt, haben eine sehr breite Basis und sitzen dem Baume, auf welchem der Farn wächst, oder auch den ältern Blättern des letztern dicht auf; ihr oberer Teil steht dagegen vom Stamme ab und ist in eine Anzahl von Lappen geteilt. Die absterbenden untern Teile bilden eine Anzahl von dicht übereinanderliegenden Blätterlagen, zwischen denen sich die Wurzeln des Farns ausbreiten, während die Oberteile im Verein mit dem Tragstamm eine mächtige Nische herstellen, in der sich Humus von dem Gewicht mehrerer Zentner ansammeln kann. Die Mantelblätter von Platycerium alcicorne dagegen bilden unverzweigte, der Unterlage dicht angedrückte Organe und schützen die darunter liegenden Wurzeln, indem sie sich wie Blätter eines Buches zahlreich aufeinanderlegen und schnell absterben. Da genannter Farn auf seinen Wurzeln zahlreiche Adventivsprosse zu erzeugen pflegt, welche zunächst nur Mantelblätter bilden, so entstehen an dem Tragstamm oft mächtige, ganz aus den abgestorbenen Lagen der Mantelblätter gebildete Polster. Den Mantelblättern ähnliche Organe treten auch bei der epiphytischen Orchidee Oncidium Limninghii auf, bei welcher die Blätter und die linsenförmig abgeflachten Knollen sich ebenfalls der Unterlage dicht anlegen; letztere dienen teils als Reservespeicher, teils als Schutzdecke für die darunter liegenden Wurzeln. Eine indische Asklepiadee (Conchophyllum imbricatum) hat paarweise gegenüberstehende, fleischige, unten muschelförmig ausgehöhlte Blätter, welche ebenfalls die darunter liegenden, aus dem dünnen Stammteil der Pflanze entspringenden Wurzeln schützen. Denkt man sich die konkave Unterseite dieser Blätter noch mehr vertieft, so entstehen Urnenblätter, wie sie die merkwürdige Dischidia Rafflesiana Javas zeigt. Auch bei dieser Asklepiadee stehen die Blätter in Paaren, aber sie erzeugt außer schlauchförmigen auch gewöhnliche flache Blätter; ihre Urnenblätter haben eine enge, meist nach oben oder seitlich stehende Mündung, und ihr zur Regenzeit mit Wasser gefüllter Innenraum wird regelmäßig von einem Wurzelgeflecht eingenommen, so daß hier also das Blatt gleichzeitig die Rolle eines Wasserspeichers und eines Wurzelschutzorgans ausübt. Vgl. Göbel, Pflanzenbiologische Schilderungen (Marb. 1889).

Erasmus, Desiderius (E. von Rotterdam), Humanist. Zur Litteratur: P. de Nolhac, Érasme en Italie (mit unedierten Briefen, Par. 1888); Amiel, Un libre-penseur du XVI. siècle: Érasme (das. 1889).

Erblichkeit. Die Rätsel der Vererbung haben im verflossenen Jahre mehrere Untersuchungen gezeitigt, vor allem ein Werk mit statistischen Untersuchungen von Francis Galton, einem Vetter Darwins (»Natural inheritance«, Lond. 1889), in welchem der Beweis geführt wird, daß jede Abweichung der Eltern vom Mittel nur in geringem Maße Aussicht hat, vererbt zu werden, daß vielmehr bei den Nachkommen meist ein Rückfall zum Mittel bemerklich ist. Hugo de Vries (»Intracellular-Pangenesis«, Jena 1889) hat die Pangenesistheorie Darwins (Bd. 5, S. 725) zu neuem Leben zu erwecken gesucht, indem er Darwins Keimchen (Pangene), die Träger der erblichen Eigenschaften, als in jeder Zelle, und zwar im Zellkern, vertreten annimmt, sich dort durch Teilung vermehren läßt, aber ihren Transport durch den Körper, worauf Darwin den eigentlichen Nachdruck legte, leugnet und sich darin den sogleich näher zu besprechenden Weismannschen Ansichten anschließt. Dafür, daß die Vererbungskräfte vornehmlich oder einzig in den Kernen der Befruchtungszellen zu