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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Fette

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Fette (Ranzigwerden).

Einem derartigen Angriffsverfahren wird nun von andern Seiten entgegengehalten, daß die rück- und seitwärts der Forts belegenen Zwischenbatterien und deren Deckungstruppen ganz außer acht gelassen sind, und daß einige hundert Gewehre mit wenigen leichten, namentlich Panzergeschützen genügen, die gesamten Angriffskolonnen in kürzester Zeit zu vernichten. Denn die Batterien des Angreifers müssen schweigen, wenn die Kolonnen in die Nähe der zu stürmenden Werke gelangt sind, so daß ein solches Verfahren nur dann Aussicht auf Erfolg hat, wenn der Verteidiger völlig demoralisiert ist, die Angriffskolonnen dagegen nur aus Helden bestehen.

Das Angriffsverfahren wird voraussichtlich auch in Zukunft im wesentlichen den altbewährten Grundsätzen entsprechen. Man wird den Verteidiger unmittelbar nach Beginn der Einschließung ununterbrochen beschäftigen und durch weittragende Batterien zu beunruhigen, ihn durch Scheinangriffe über die Richtung des geplanten Hauptangriffs zu täuschen haben und ihn dadurch zur Zersplitterung seiner Kräfte veranlassen. Wenn irgend möglich durch einen Nebenangriff unterstützt, hat sich der Hauptangriff unter Aufgebot aller verfügbaren personellen und materiellen Mittel gegen die gewählte Angriffsfronte zu richten; erst nach längerer, mindestens 2-3 Tage dauernder ununterbrochener Beschießung ist anzunehmen, daß die Kräfte des Verteidigers nachlassen werden, dann ist der Augenblick gekommen, bei Nacht möglichst rasch an die zu erobernden Werke heranzugehen und sich in dem Gelände durch Ausheben von Infanteriestellungen festzusetzen. Wenn dieselben nach und nach bis auf 100-200 m an die Werke vorgetrieben sind, wird man je nach dem Verhalten des Verteidigers einen nach allen Richtungen hin gut vorbereiteten Sturm wagen können.

Fette. Das Ranzigwerden der F. hat zuerst Scherer 1795 zu erklären gesucht; er leitete es von dem »Beitritt des Sauerstoffs« ab. Liebig wandte seine Fermenttheorie auch auf diesen Prozeß an und erblickte den Ausgangspunkt desselben in den dem Fett beigemengten fremden Körpern, meist Eiweißstoffen, welche fermentartig wirken und unter Hinzutritt von Sauerstoff die Zersetzung der F. in fette Säuren und Glycerin veranlassen. Löwig sprach ebenfalls von einer Fermentation, welche Gegenwart von Wasser und Luft voraussetze. In neuester Zeit ist die Fermenttheorie weiter ausgebildet worden. Im Pankreassekret fand man ein Ferment, welches F. spaltet, und man glaubte ein solches Ferment auch sonst in Tieren und Pflanzen annehmen zu müssen, da sich nachweisen ließ, daß beim Bebrüten der Eier und beim Keimen ölhaltiger Samen F. in fette Säuren und Glycerin gespalten werden. Mehrere Forscher nahmen beim Ranzigwerden der F. die Thätigkeit von Mikroorganismen an, während andre dies leugneten und den Spaltungsprozeß auf die Einwirkung von Wasser zurückführten, wobei aber die fetten Säuren, wie das Glycerin, teilweise durch den Sauerstoff der Luft oxydiert werden sollten. In der Technik finden diese beiden einander gegenüberstehenden Ansichten über die Ursache des Ranzigwerdens ihren Ausdruck in zwei Richtungen, die zur Konservierung der F. eingeschlagen wurden: man suchte F. einerseits durch Ausschluß des Sauerstoffs, anderseits durch antiseptische Mittel zu konservieren.

Unter Benutzung der neuesten Forschungsmittel hat nun Ritsert die Frage zu erledigen gesucht. Er arbeitete mit Schweinefett, Wurstfett, Kokosfett und Butter, welche F. bis auf das dritte lange Zeit der Luft ausgesetzt gewesen und sämtlich stark ranzig geworden waren. Es gelang, aus diesen Fetten eine Reihe von Mikroorganismen, sowohl aërobe als anaërobe, zu isolieren und auf Gelatine zu kultivieren. Hauptsächlich fanden sich Keime von Schimmelpilzen (Oidien) und Hefe, auch Kokken und Bacillen. Um nun zu ermitteln, ob diese Mikroorganismen die Ursache des Ranzigwerdens sind, wurde reines sterilisiertes Fett in halbflüssigem Zustand mit Reinkulturen derselben versetzt und im Dunkeln oder bei zerstreutem Tageslicht aufbewahrt. Es ergab sich, daß die auf ranzigen Fetten gefundenen Organismen in reinem Schweinefett nicht nur sich nicht vermehren können, sondern daß sie fast ohne Ausnahme darin absterben. Bei den anaeroben Keimen erfolgt das Absterben bedeutend langsamer als bei den aeroben. Geruch und Geschmack des Fettes änderten sich nicht, und eine Prüfung mit Normalnatronlauge ergab keine Zunahme der freien fetten Säuren. Die Mikroorganismen hatten offenbar die F. nicht ranzig gemacht. Versuche mit vielen andern Bakterien führten zu denselben Resultaten. Als die mit Bakterien gemischten sterilisierten F. dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt wurden, starben die Bakterien schneller ab, und das Fett wurde stets ranzig. Deuteten diese letzten Versuche auf die große Rolle hin, welche das Sonnenlicht beim Ranzigwerden der F. spielt, und war die Mitwirkung der Bakterien außer Frage gestellt, so galt es nun, die Einwirkung von Licht und Luft sowie die Bestandteile der letztern, Sauerstoff, Stickstoff, Kohlensäure, im trocknen und feuchten Zustand systematisch zu untersuchen. Es ergab sich, daß steriles Schweinefett bei Abschluß der Luft im feuchten wie im trocknen Zustand selbst bei Einwirkung des direkten Sonnenlichts und in der Wärme nicht ranzig wird. Als aber steriles Schweinefett unter Wattepfropfen, also bei Zutritt der Luft, aber bei Abschluß von Bakterien dem Sonnenlicht ausgesetzt wurde, erwies es sich nach kurzer Zeit ranzig, während unter denselben Umständen Fett im geschwärzten Gefäß in zwei Monaten nicht ranzig wurde. Es galt nun, die Bestandteile der Luft auf ihren Anteil am Ranzigwerden zu prüfen. Bei einem vorläufigen Versuch zeigte sich, daß Fett einen Teil der Luft, mit welcher es in Berührung ist, absorbiert, und die Versuche wurden deshalb so angestellt, daß man diesen Vorgang bei den einzelnen Gasen verfolgen konnte. Aus dieser Versuchsreihe ergab sich, daß reines Schweinefett, einerlei ob feucht oder wasserfrei, steril oder nicht steril, durch Luft und noch viel rascher durch reinen Sauerstoff unter gleichzeitigem Einfluß des Lichtes (aber nicht im Dunkeln) oxydiert wird und dadurch den charakteristischen ranzigen Geruch und Geschmack erhält. Fett, unter gleichen Verhältnissen unter reinem Stickstoff (oder Wasserstoff) aufbewahrt, wird nicht ranzig. Kohlensäure wird sowohl im Lichte als unter Lichtausschluß von Fett absorbiert, aber die Absorption ist eine eng begrenzte. Fett vermag nur ein gewisses, im Verhältnis zum Sauerstoff kleines Volumen Kohlensäure aufzunehmen und wird dabei nicht ranzig, sondern nur im Geschmack etwas fade und talgig. Da Sauerstoff das Fett im Dunkeln nicht beeinflußt, muß man annehmen, daß der Sauerstoff unter Einwirkung des Lichtes aktiv gemacht wird und die fetten Säuren direkt zu Oxyfettsäuren oxydiert, welche dem Fette den ranzigen Geruch und Geschmack erteilen.

Versuche mit Butter ergaben genau dieselben Resultate wie Schweineschmalz. Das Ranzigwerden schreitet vorwärts unter Einfluß der Luft proportion-^[folgende Seite]