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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Föhn

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Föhn (Entstehung).

ministeriums gründen. In einem derartigen Gutachten ist gesagt, solange eine befriedigende Lösung der ganzen Angelegenheit nicht gefunden sei, könne die Frage, ob ein Kanalwasser hinreichend gereinigt sei, um ohne Besorgnis den öffentlichen Wasserläufen einverleibt werden zu dürfen, nur von Fall zu Fall durch eine kombinierte chemische und mikroskopische Untersuchung unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Beschaffenheit der betreffenden öffentlichen Wasserläufe und der sonst in Betracht kommenden lokalen Verhältnisse mit einiger Sicherheit entschieden werden. Nach Entscheidungen des Reichsgerichts muß sich der unterhalb liegende Uferbesitzer eines Privatflusses diejenigen Zuleitungen in den Fluß gefallen lassen, welche das Maß des Regelmäßigen, Gemeinüblichen nicht überschreiten, selbst wenn dadurch die absolute Verwendbarkeit des ihm zufließenden Wassers zu jedem beliebigen Gebrauch irgendwie beeinträchtigt wird. Dem Rechte der Polizei, in vorbeugender und unterdrückender Weise gegen F. einzuschreiten, werden durch stark verklausulierte Entschädigungsansprüche, durch den mit Zeit und Ort wechselnden Begriff des Gemeinüblichen sowie auch durch die angegebene Auffassung der wissenschaftlichen Deputation Schranken gezogen, die wohl im stande sind, das durch die Polizei vertretene Gemeinwohl zu beeinträchtigen. Vgl. König, Die Verunreinigung der Gewässer (Berl. 1887); Gerson, Die Verunreinigung der Wasserläufe durch die Abflußwässer aus Städten und Fabriken (das. 1888); Fleck, Über Flußverunreinigungen, deren Ursachen, Nachweis, Beurteilung und Verhinderung (Dresd. 1884); »Bericht über die Reinigung und Entwässerung Berlins, Anhang III« (Berl. 1874); Jurisch, Die Verunreinigung der Gewässer (das. 1890).

Föhn. Ähnliche Winde wie der F. in den Alpen sind außer in den Pyrenäen und im Elbrusgebirge auch auf der Westküste Grönlands beobachtet worden. Die letztern besitzen ein ganz besonderes Interesse, weil sie zum Teil zu der richtigen Erklärung dieser Winde geführt haben, die sich durch hohe Temperatur wie durch große Trockenheit auszeichnen. Nach den schon von Rink gemachten Schilderungen kommt die warme Luftströmung in Grönland von O. oder SO., weht über das hohe und mit Eis bedeckte Innere des Landes und fällt dann direkt in die Fjorde ein. Indem ein besonders tiefer Barometerstand ihr Herannahen verkündet, zeigt sich der Himmel von bläulichen, langen ovalen Wolken überzogen, die außerordentlich hoch ziehen und die Berggipfel nie erreichen, wie das im Gefolge von andern Winden entstehende Gewölk. Während Meer und Luft noch ganz ruhig sind, wird die Atmosphäre durch plötzliche Temperaturerhöhung drückend und zeigt eine seltene Durchsichtigkeit. Dann tritt der Sturm auf einmal ein, aber erst auf den Höhen der Berge, auf denen man den Schnee über das Hochland hinwirbeln sieht. Der Wind weht sehr Unbeständig in Stößen, bringt, wenn er von kurzer Dauer ist, meist viel Regen und pflegt, wenn er mehrere Tage anhält, die Luft aufzuklären und ist dann außerordentlich trocken. Im Winter steigt die Temperatur während dieses Windes oft um 25° und übersteigt damit die entsprechende Mitteltemperatur durchschnittlich um 12,5-19°. In den mittlern Teilen Grönlands ist sein Auftreten seltener als in den südlichen und nördlichen. Diese warmen Winde geben dem Klima von Westgrönland die charakteristische Eigenschaft, daß die Temperatur in der kalten Jahreszeit ganz besonders unbeständig ist. Man beobachtet nicht nur eine große Verschiedenheit der mittlern Temperatur eines und desselben Monats in verschiedenen Jahren, sondern auch plötzliche Änderungen von strengem Froste zu Tauwetter und umgekehrt. Aus 20jährigen Beobachtungen zu Jakobshavn geht z. B. hervor, daß die Mitteltemperatur des Februars zwischen -8,7° (1872) und -31,6° (1863) geschwankt hat, und daß auch ganz ungewöhnlich große Temperaturänderungen von mehr als 25° von einem Tage zum andern häufiger vorgekommen sind.

Wenn auch die benachbarten Gegenden von Grönland große Verschiedenheit in ihrer Temperatur besitzen, indem z. B. die Mitteltemperatur des Januars in den nach W. und SW. gelegenen Hudsonbailändern und auf den arktischen Inseln nördlich von Amerika auf -20 bis -35° sinkt, während die Lufttemperatur auf dem nach O. und SO. gelegenen Atlantischen Ozean infolge der Einwirkung des Golfstroms im Winter gewöhnlich nicht unter dem Gefrierpunkt liegt und deshalb die Temperatur des Winters in Grönland durch die vorherrschende Windrichtung bedingt sein wird, so kann doch durch diese allein keine ausreichende Erklärung für die bedeutenden und plötzlichen Änderungen der Temperatur gegeben werden. Wenn im südlichen Grönland im Dezember während eines Südoststurmes eine Temperatur von +12° beobachtet worden ist, so ist das eine Temperatur, welche nicht allein ihren Grund darin haben kann, daß die wärmere Luft vom Atlantischen Ozean über das Innere von Grönland nach seinen Westküsten gelangt ist.

Die Trockenheit der warmen Südostwinde Grönlands ist so groß, daß, wenn sie wehen, der Schnee im Tiefland verschwindet, ohne daß sich fließende Ströme bilden. Zuerst treten sie auf den Spitzen der Berge auf und steigen dann allmählich nach den Küsten und den Fjorden herab. Diese Eigenschaften zeigen eine vollständige Übereinstimmung mit denen, die dem F. in den Alpen eigentümlich sind, und haben es schon vor längerer Zeit höchst wahrscheinlich erscheinen lassen, daß auch ähnliche Ursachen in Grönland wie in den Alpen für ihre Entstehung vorhanden sind, indem die hohe Temperatur durch die Kompression der Luft beim Herabsteigen aus den obern Schichten der Atmosphäre in die tiefer gelegenen Thäler hervorgebracht wird und die Trockenheit dadurch, daß sich die Luft beim Aufsteigen zu den Gipfeln der Berge stark abgekühlt und einen großen Teil ihres Wasserdampfes durch Kondensation zu atmosphärischen Niederschlägen verloren hat.

Ob während dieser warmen Winde in Grönland ein ausgeprägter Südostwind über weitere Gebiete vorhanden war, kann deshalb, weil sowohl das Innere des Landes als auch die Ostküste unbewohnt ist, durch direkte Beobachtungen nicht nachgewiesen werden, und es bleibt deshalb nur übrig, die Windrichtung indirekt abzuleiten, indem man aus den beobachteten Barometerständen in Island und in der Davisstraße mit Anwendung des Buys-Ballotschen Gesetzes die Richtung der durch den verschiedenen Luftdruck bedingten Winde bestimmt. Auf diese Weise hat Hoffmeyer nachgewiesen, daß, wenn an der Westküste Grönlands ein F. auftritt, wesentliche Unterschiede in den Barometerständen vorhanden waren, aus welchen sich als vorherrschende Windrichtung für die Westküste die aus SO. ergibt. Eine Vergleichung der Temperaturen, wie sie bei verschiedenen Föhnwinden auf der Westküste Grönlands und in benachbarten Gegenden vorhanden waren, zeigt, daß sie an der Westküste Grönlands bedeutend höher waren als im