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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Frankreich

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Frankreich (Handel).

Manufakturdistrikt von Roubaix-Tourcoing, späterhin unter den Grubenarbeitern von St.-Etienne und unter den Tüllarbeitern von Calais ausgebrochen. Über den Stand der Industrie liegen nur hinsichtlich einiger Gewerbszweige Nachrichten vor. Im J. 1889 wurden im Inland 7577,6 kg Gold- und 76,720 kg Silberwaren erzeugt, bez. der Kontrolle hinsichtlich des gesetzlichen Feingehalts unterzogen. Hiervon wurden unter Rückerstattung der Gebühren 261 kg Gold- und 1685,4 kg Silberwaren ausgeführt. Außerdem wurden an Gegenständen, welche für die Ausfuhr gestempelt waren oder der Stempelung nicht unterlagen, 1273,2 kg Gold- und 6995,3 kg Silberwaren exportiert, wogegen aus dem Ausland 807,6 kg Gold- und 7390,1 kg Silberwaren eingeführt wurden. Die Alkoholproduktion belief sich im J. 1889 auf 2,185,106 hl, welche hauptsächlich aus Rüben, Mais und Melasse gewonnen wurden. Eine Zunahme hat sich nur in der Gewinnung von Alkohol aus Zuckerrüben (gegen das Vorjahr um 169,400 hl mehr) und zwar auf Kosten der übrigen Zweige ergeben. Sehr günstig gestaltete sich die Zuckerproduktion; dieselbe betrug in der Campagne 1889/90 ca. 750,000 Ton. Rohzucker gegen 464,000 T. im Vorjahr.

[Handel.] Der französische Außenhandel ergab im J. 1889, verglichen mit 1888, folgende Wertsummen in Millionen Frank:

Einfuhr: 1889 1888 Ausfuhr: 1889 1888

Nahrungsmittel 1407,3 1488,8 Nahrungsmittel 816,8 709,4

Roh- u. Hilfsstoffe 2060,2 1959,5 Roh- u. Hilfsstoffe 784,9 699,6

Fabrikate 574,9 539,7 Fabrikate 1793,5 1637,9

Andre Waren 132,6 119,0 Andre Waren 213,4 199,8

Zusammen: 4175,0 4107,0 Zusammen: 3608,6 3246,7

Die Einfuhr des Jahres 1889 übersteigt die des Vorjahrs um 68 Mill. Fr., obgleich die gute Ernte 1889 in Cerealien und sonstigen Bodenfrüchten es möglich gemacht hat, die Einfuhr an Nahrungsmitteln um 81 Mill. Fr. zu reduzieren; die Mehreinfuhr fand insbesondere in Rohstoffen (um 100 Mill. Fr.), dann auch in Fabrikaten (um 35 Mill. Fr.) statt. Die Ausfuhr hat sich sogar um 362 Mill. Fr. oder 11 Proz. gesteigert, bei welcher Steigerung alle Warengruppen beteiligt sind. Im einzelnen ist betreffs der Einfuhr besonders der Wein hervorzuheben. Die Reblaus hatte die Weinproduktion dieses ersten Weinlandes der Welt so herunter gebracht, daß vor einigen Jahren F. für mehrere Hunderte von Millionen Frank mehr Wein vom Ausland kaufte, als es dorthin verkaufte. Seit 1886 ist nun die Weineinfuhr wieder von 517 auf 387 Mill. Fr. im J. 1889 gefallen, obwohl im letzten Jahre die Ernte quantitativ um etwa ein Viertel geringer, wenn auch qualitativ besser war als 1888. Dabei ist eine bedeutende Verschiebung in den Bezugsquellen eingetreten. 1886 bezog F. aus Italien noch ca. 1 Mill. hl Wein, 1889 nur noch ca. 100,000 hl, während der französische Weinimport aus Algerien in diesen vier Jahren von 487,000 auf 1,580,817 hl stieg. Spanien lieferte an F. im J. 1889 fast 7 Mill. hl Wein. Die französische Weinausfuhr ist um ein Geringes gestiegen: 251 gegen 242 Mill. Fr. im J. 1888. F. führte also immer noch für 136 Mill. Fr. mehr Wein ein als aus. Die Einfuhr von lebendem Schlachtvieh (75,5 Mill. Fr. im J. 1889) hat um 2½ Mill. Fr. ab-, dagegen die von Fleisch (45,9 Mill. Fr.) um 11½ Mill. Fr. zugenommen. Diese Veränderungen beruhen auf dem Verbot der Einfuhr lebender Schafe aus Deutschland und Österreich-Ungarn, welches trotz den Bemühungen der betroffenen Länder und den Schritten der interessierten Kreise in F. (Fleischer und Gerber) nicht aufgehoben worden ist, dafür aber den großartig gesteigerten Transport geschlachteter Schafe nach F. zur Folge gehabt hat. Die Einfuhr von Zucker (58,9 Mill. Fr.) hat sich um 20 Mill. Fr. vermindert. Fast alle Rohstoffe, mit Ausnahme von Kohle, Holz, Kupfer und einigen andern Artikeln, haben in der Einfuhr bedeutend zugenommen; erwähnt seien Schafwolle (378 gegen 341 Mill. Fr.), Seide (269,7 gegen 192 Mill.), Baumwolle (186,6 gegen 157,8 Mill.), rohe Felle (163,7 gegen 135,1 Mill. Fr.). Zu den durch Mehreinfuhr hervorragenden Fabrikaten gehören insbesondere: Seidenstoffe (61,1 gegen 50,5 Mill. Fr.), Maschinen (44,2 gegen 37,6 Mill.), Papier und Drucksachen (36,9 gegen 31,8 Mill.), Schmucksachen (15,5 gegen 9,5 Mill.), Kleider (11,1 gegen 7,2 Mill. Fr.). Dagegen haben Schaf- und Baumwollwaren, Möbel und chemische Produkte in der Einfuhr abgenommen. Die starke Vermehrung des französischen Exports um 362 Mill. Fr. verteilt sich mit 107,3 Mill. auf Nahrungsmittel, mit 84,3 Mill. auf Rohstoffe, mit 155,6 Mill. auf Fabrikate und mit 13,5 Mill. Fr. auf verschiedene Waren. Unter den Nahrungsmitteln, deren Ausfuhr im J. 1889 einen bedeutenden Aufschwung nahm, steht roher und raffinierter Zucker (47,2 und 58,6 gegen 16,2 und 48,5 Mill. Fr.) mit einem Mehr von 41 Mill. Fr. gegen das Vorjahr obenan. Zugenommen hat ferner insbesondere die Ausfuhr von Butter (101 gegen 84 Mill. Fr.), Schlachtvieh (42,3 gegen 35,4 Mill.), Eiern (26,7 gegen 23,7 Mill.), Fett (24,2 gegen 16,6 Mill.) und Fleisch (16,5 gegen 14 Mill. Fr.). Unter den Rohstoffen hat die Ausfuhr von Eisen und Stahl eine bedeutende Vermehrung (22,7 gegen 9,3 Mill. Fr.) erfahren. Kupfer hat seine Ausfuhr verdoppelt (28,5 gegen 14,3 Mill. Fr.). Ansehnliche Mehrausfuhr haben ferner zu verzeichnen: Schafwolle (154,3 gegen 131,5 Mill. Fr.), Seide (133,4 gegen 116,9 Mill Fr.) und Palmöl (32,4 gegen 24,7 Mill. Fr.). Eine Ausfuhrabnahme ist nur bei Schmuckfedern (28 gegen 39 Mill. Fr.) bemerkenswert. Fast alle Zweige der Textilindustrie zeigen bedeutende Zunahmen in der Ausfuhr ihrer Produkte, so die Schafwollweberei (335,7 gegen 323,4 Mill. Fr.), Seidenweberei (247,9 gegen 223,2 Mill.), Baumwollweberei (113,9 gegen 106,2 Mill.) und Schafwollspinnerei (50,9 gegen 37,2 Mill. Fr.). Außerdem nahmen wesentlich zu: die Ausfuhr von gegerbten Fellen (107,9 gegen 92,3 Mill. Fr.), Werkzeugen (92,3 gegen 71 Mill.), Modewaren und Kunstblumen (106,5 gegen 97,4 Mill.), Schmucksachen (60,2 gegen 54,9 Mill.), Maschinen (42,4 gegen 35,3 Mill.), Möbeln (35,5 gegen 29,4 Mill.) und Wäsche (42,7 gegen 35,4 Mill. Fr.). Nur Bücher zeigen eine Abnahme um 1½ Mill. Fr. und merkwürdigerweise Damenkleider (von 36,6 auf 29,1 Mill. Fr.). Die Resultate des Außenhandels des Jahres 1889 sind sonach sehr günstige; doch darf nicht übersehen werden, daß dieses Jahr mit der über alles Erwarten gelungenen und besuchten Pariser Weltausstellung, dem nach Paris gerichteten Fremdenstrom und dem hierdurch gehobenen Verkehr ein anormales war.

Die Handelspolitik bildete im J. 1890 einen wichtigen Gegenstand der öffentlichen Diskussion in F., wobei sich die schutzzöllnerischen Elemente am meisten geltend zu machen wußten. Außer den Vertretern der Landwirtschaft sprachen sich auch die meisten Handelskammern, mit Ausnahme jener in den größern Hafenstädten, wie insbesondere Marseille, für die Kündigung und Nichterneuerung der Handelsverträge aus, an deren Stelle sie einen höhern Generalzolltarif und einen niedriger gestellten Tarif für