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Meyers Konversationslexikon

Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892

Schlagworte auf dieser Seite: Kometen

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Kometen (Ponsscher Komet, Septemberkomet von 1882).

waren von einer durch ihre Helligkeit von der übrigen Nebelmasse abstechenden Lichthülle umgeben. Diese drei Kerne wurden zuletzt 4. Juni von Charlois in Nizza gesehen. Das merkwürdigste aber war die vollständige Umwandlung, welche das Bild des K. in der Zeit vom 19. zum 21. Mai erfuhr. Am letztern Tage gewahrte man nämlich zwei, 19. Mai noch nicht vorhandene sehr helle Ausläufer, die beiderseits aus der erheblich heller gewordenen Kernmasse heraustraten und sich nach beiden Seiten des Kernes umbogen, den eigentlichen Schweif an Helligkeit weit übertreffend. Beide Ausläufer verlängerten sich nachher zu beiden Seiten des ursprünglichen Schweifes, und Anfang Juni bildete sich eine breite parabolische Koma aus; später verblaßte der Komet und verlor sein eigentümliches Aussehen. Ob jene Katastrophe, welche die Veränderungen am Kopfe des K. herbeiführte, 20. Mai schon vorüber war, ist nicht festzustellen, da die einzigen Beobachter an diesem Tage, Fényi in Kalocsa und Kortazzi in Nikolajew, sich hierüber widersprechen. Leider sind keine spektroskopischen Beobachtungen aus der Zeit der Katastrophe vorhanden; die vorher angestellten zeigten ein schwaches kontinuierliches Spektrum, in welchem die bei K. gewöhnlichen Kohlenwasserstoffbänder nur schwach erkennbar waren.

Ähnliche Erscheinungen sind auch bei dem Ponsschen K. 1884 I und bei dem großen Septemberkometen 1882 II beobachtet worden. An dem Ponsschen K. wurden nämlich bei seiner Annäherung an die Sonne, vor dem Durchgang durch die Sonnennähe (25. Jan. 1884), mehrere auffallende und rasche Lichtveränderungen bemerkt, welche wohl nur durch gewaltige Revolutionen im Kerne desselben zu erklären sind. Der erste dieser Ausbrüche erfolgte 22. Sept. 1883. Chandler in Cambridge (Massachusetts) sah den K. 21. Sept. als schwache verwaschene Nebelmasse von 1,5 Bogenminuten Durchmesser mit einer schwachen Verdichtung, nicht heller als ein Stern 11. oder 12. Größe. Statt dessen war 22. Sept. ein helles, sternartiges Objekt, ungefähr 8. Größe, mit kaum merklicher Spur eines Nebels vorhanden. Am folgenden Abend war der helle Kern in eine flache Scheibe von ½ Minute Durchmesser übergegangen, die umgeben war von einer Nebelhülle von 1,5 Minuten Durchmesser. Die Helligkeit des Kernes sank von da rasch wieder auf die 11. Größe. In Europa wurden die Beobachtungen durch die Ungunst des Wetters vielfach gestört; doch ist auch hier die vollständige Veränderung, die vom 21. zum 23. Sept. mit dem K. vor sich gegangen, mehrfach bemerkt worden; manche Beobachter glaubten 23. Sept. auf den ersten Blick ein ganz andres Objekt vor sich zu haben. Ein ähnlicher Lichtausbruch, nur in kleinerm Maßstab, hat nach Chandler 15. Okt. stattgefunden, und ebenso war Müller in Potsdam, der den K. seit November photometrisch verfolgte, 1. Jan. 1884 Zeuge eines solchen Vorganges. Während an diesem Tage um 5 Uhr 47 Min. ebenso wie an den vorhergehenden Tagen der Kern des K. sehr verwaschen war, zeigte sich um 7 Uhr 20 Min. ein fast punktartiger Stern, und eine Stunde später sah Vogel eine sehr helle Scheibe etwa von Uranusgröße. Der Durchmesser dieser Scheibe nahm dann mehr und mehr zu, während die Helligkeit abnahm. Die spektroskopischen Untersuchungen in Potsdam haben dargethan, daß mit der am 1. Jan. 1884 beobachteten Zusammenballung der Kometenmaterie eine sehr erhebliche Temperatursteigerung verbunden war, infolge deren das brechbarste (blaue) der drei Bänder im Spektrum des K. so an Intensität zunahm, daß es das im Gelb gelegene bedeutend an Lichtstärke übertraf und dem im Grün gelegenen an Helligkeit nahekam, während Ende September das grüne Band am hellsten war, dann das gelbe folgte, das blaue aber nur ganz schwach war. Als Ursache dieser Helligkeitsveränderungen haben wir wohl eine durch die Annäherung des K. an die Sonne hervorgerufene erhöhte Thätigkeit im Innern der Kometenmaterie zu betrachten. Anders liegen die Verhältnisse beim Sawerthalschen K. 1888 I, bei welchem die Katastrophe erst zwei Monate nach dem Durchgang durch das Perihel stattfand. Hier ist wahrscheinlich ein Zusammenprall der den Kern bildenden Lichtballen die Veranlassung zu den merkwürdigen Lichtausströmungen gewesen.

Über den großen Septemberkometen von 1882 hat Kreutz eine eingehende Arbeit veröffentlicht (»Publikation der Sternwarte in Kiel«, 1888). Dieser Komet wurde Anfang September 1882 zuerst auf der südlichen Erdhalbkugel mit bloßem Auge wahrgenommen; seine Helligkeit nahm so bedeutend zu, daß er auch bei hellem Sonnenschein sichtbar war, und 17. Sept., dem Tage der größten Annäherung an die Sonne, gewahrten Finlay und Elkin am Kap und Gould in Córdoba, wie er in die Sonnenscheibe eintrat und dabei völlig verschwand, nachdem er noch wenige Sekunden früher fast so hell wie die Sonne geglänzt hatte. Der Rechnung nach hat dieser Vorübergang vor der Sonne 1 Stunde 16 Min. gedauert. Obgleich der Komet damals nur 0,00775 Erdbahnhalbmesser von dem Mittelpunkt der Sonne entfernt war, also durch die Atmosphäre der Sonne gehen mußte, so scheint er doch in der Sonnennähe keinerlei Störung erfahren zu haben. Auch auf der Sonne selbst ist nichts Außergewöhnliches bemerkt worden, die Protuberanzen waren (nach Riccò in Palermo) weder in Zahl noch an Aussehen von denen der benachbarten Tage verschieden, auch ergaben die magnetischen Beobachtungen zu Toronto 17. Sept. die Abwesenheit jeder magnetischen Störung. Gegen Ende September war derselbe dann als prachtvolle Erscheinung am Morgenhimmel sichtbar und konnte bis zum Februar mit bloßem Auge, mit dem Fernrohr aber bis in den Juni beobachtet werden. Bald nach dem Durchgang durch das Perihel fiel den Beobachtern eine auffallende Verlängerung des Kernes des K. auf. Am 8. Sept. war derselbe rund und hatte 10-15 Sekunden im Durchmesser; mit der Annäherung an die Sonne aber wurde derselbe mehr sternähnlich und hatte 17. Sept. ½ Stunde vor dem Durchgang durch die Sonne und ebenso auch am nächsten Tage nur 4 Sekunden Durchmesser. Am 21. Sept. wurde zuerst eine ovale Form erkannt, und 22. Sept. betrug nach Schäberle die Längsachse 11,9, die Breitenachse 4,8 Sekunden. Die Verlängerung schritt dann noch weiter vor, und Finlay entdeckte zwei Lichtballen im Kopfe des K., die ersten Anzeichen der nun vor sich gehenden Trennung des Kernes in einzelne Lichtknoten. Die weitere Entwickelung in den Monaten Oktober und November wird nun von verschiedenen Beobachtern je nach der optischen Kraft ihrer Fernrohre verschieden geschildert. Die Zahl der sichtbaren Lichtknoten betrug 5-6, sie entfernten sich voneinander, wechselten in der Helligkeit, doch zeichneten sich zwei durch ihren Glanz von den andern aus. Diese Kerne blieben bis in den Februar 1883 sichtbar. Fast gleichzeitig mit der Teilung des Kernes in den ersten Tagen des Oktobers wurde in der Nähe des Kopfes eine eigentümliche Erscheinung beobachtet, welche als ein Nebelrohr, von andern als ein